Meisterpflicht auf der Kippe
Mit Argusaugen hatten die nationalen Handwerksverbände auf eine EU-Ratsentscheidung zum „Dienstleistungspaket“ geblickt. Im ungünstigsten Fall hätte unsere bewährte Meisterpflicht auf der Kippe stehen können. Doch dazu wird es nun aller Wahrscheinlichkeit nach nicht kommen. Die von der EU-Kommission im Januar 2017 vorgestellte Initiative konnte man noch als deutlichen Angriff auf die Meisterpflicht werten; sah sie doch vor, neue und veränderte Berufsreglementierungen künftig anhand eines umfassenden Kriterienkatalogs zu überprüfen. Der Vorschlag der EU-Kommission hatte für große Unruhe gesorgt und im Wirtschaftsministerium hatte man schon das juristische Kettenrasseln begonnen. Nach Informationen des „Handelsblatt“ war das Ministerium nämlich in einem Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass die EU bei manchen Maßnahmen des Dienstleistungspakets ihre Kompetenzen überschreite. Die Anwälte im Wirtschaftsministerium können ihr Gutachten aber erst einmal wieder in der Schreibtischschublade verschwinden lassen.
Ende Mai 2017 hat nämlich der Rat der Europäischen Union das Papier verabschiedet und im Gegensatz zum Kommissionsentwurf stärkt es die Mitgliedstaaten, indem es ihnen weiterhin erlaubt, selbst über Berufsreglementierungen zu entscheiden. Das bedeutet, dass Deutschland in Sachen Meisterpflicht voraussichtlich weiter so verfahren kann wie bislang.
In den deutschen Handwerkskammern ist also Aufatmen angesagt. So äußerte sich z.B. der baden-württembergische Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold: „Wir müssen unsere Regelungen also nicht auf das niedrigste europäische Niveau herunterfahren, sondern können unseren national konsentierten Qualitätsstandard aufrechterhalten.“ Auf Druck der Bundesregierung wurde ausdrücklich aufgenommen, dass die Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer als zweckmäßig erachtet werden kann. Außerdem sollen technische Anpassungen an Ausbildungsinhalte keiner Verhältnismäßigkeitsprüfung bedürfen. „Gut so, denn dies hätte die Einführung neuer Inhalte in die Meisterprüfungsverordnungen, z.B. im Zuge der Digitalisierung, sehr viel schwerer gemacht“, bringt Reichhold seine Erleichterung zum Ausdruck.
Mit dem verabschiedeten Papier geht der Rat nun in die Verhandlungen mit dem Europaparlament. Bleibt zu hoffen, dass das EU-Parlament ähnlich weise entscheidet wie der EU-Rat in diesem Fall …
… meint Ihr Christoph Brauneis