Potentiale der Wärmerückgewinnung nutzen
Richtige Einbindung reduziert Energiekosten und CO2-Emissionen
Die Auswirkungen der F-Gase Verordnung ziehen gerade wie ein Wirbelsturm durch die Branche. Obwohl der Anteil der klimawirksamen Emissionen aus Kälte- und Klimaanlagen recht klein ist, muss die Branche ihre Emissionen stark reduzieren. Leider bleibt das Potenzial, dass die Wärmerückgewinnung (WRG) aus gewerblichen Kälteanlagen bietet, ziemlich unbeachtet.
Die Gründe der Nichtbeachtung sind vielfältig. Jedes Gebäude oder Betrieb braucht eine Heizung. Werden beispielsweise Lebensmittel verarbeitet oder gelagert, kann man auch nicht auf eine Kälteanlage verzichten. Leider, das muss man fast so sagen, funktioniert jede Kälteanlage und Heizung auch ohne eine WRG.
Das Gewerk WRG ist genau zwischen der Heizungs- und der Kälteanlage angesiedelt. Keiner fühlt sich richtig zuständig und es ist schwierig Spezialisten für die WRG zu finden.
Wird die WRG dann tatsächlich ausgeführt, wird meistens nur ein kleiner Bruchteil der zur Verfügung stehenden Wärme wirklich genutzt. Jedem Kältetechniker ist bewusst, dass Kältemittel an der kältesten Stelle kondensiert. Gewerbekälteanlagen werden meistens mit einem Außenverflüssiger gekühlt. In den allermeisten Betriebszuständen wird auch draußen die kälteste Stelle der Hochdruckseite sein. Auch wenn die Ventilatoren ausgeschaltet sind, hat der Verflüssiger bei der in Deutschland durchschnittlichen Außentemperatur von 9 °C zwei Drittel seiner Nennleistung. Die Drehzahl der Ventilatoren wird üblicherweise über den Verflüssigungsdruck geregelt. Und damit stellt sich die Frage, welcher Verflüssigungsdruck (Temperatur) eingestellt werden soll. Ein niedriger Druck, z.B. 30 °C, lässt auch keine höheren Wassertemperaturen als 30 °C zu. Bei fehlender Wärmeabnahme wird das Heißgas für höhere Temperaturen sorgen und erweckt den falschen Eindruck einer gut funktionierenden WRG. Man muss zwischen erzielter Temperatur und zurückgewonnener Energie unterscheiden. Wählt man eine hohe Temperatur, z.B. 55 °C, wird die Anlage immer bei 55 °C verflüssigen, auch wenn der Pufferspeicher keine Wärme mehr aufnehmen kann, und den Verbrauch von elektrischer Energie unnötig erhöhen.
Bei einer konsequenten WRG muss der Außenverflüssiger mit einem 3-Wege-Ventil weggeschaltet werden und das 3-Wege-Ventil muss von der Wassertemperatur gesteuert werden. Das 3-Wege-Ventil kann nicht vom Verflüssigungsdruck gesteuert werden.
Der Verflüssiger der WRG wird häufig im Pufferspeicher integriert. Dadurch wird die Verrohrung einfacher und die Ladepumpe entfällt. Leider ist es mit diesem System nicht möglich, nachströmendes kaltes Wasser mit niedrigen Verflüssigungstemperaturen zu erwärmen, es fehlt schlicht Wärmetauscherfläche. Besser ist es, den Verflüssiger für die WRG extern zu platzieren, damit stehen immer 100 % der installierten Wärmetauscherfläche zur Verfügung.
Bei Kälteanlagen mit variabler Kälteleistung (Verbundanlagen oder Frequenzumrichter) ist die erzielte Wassertemperatur auch variabel. Um das erwärmte Wasser an der richtigen Stelle im Speicher einzulagern, reicht ein einfacher Schichtenspeicher nicht aus. Der Schichtspeicher z. B „Oskar“ (Ratiotherm) muss das erwärmte Wasser immer an der richtigen Stelle (siehe Bild) einspeichern.
Bei Normalkühlung (t0 = -10 °C) entstehen keine besonders hohen Heißgastemperaturen und eine separate Heißgasenthitzung lohnt nicht. Ist aber durch technische Maßnahmen der Kälteprozess so angelegt, dass hohe HG-Temperaturen entstehen, ist eine separate Enthitzung durchaus sinnvoll. Die HG-Enthitzung kann auch bei niedrigen Verflüssigungstemperaturen erfolgen. Messergebnisse einer Anlage mit konsequenter WRG zeigen, dass im oberen Teil des Speichers (blaue Linie) durchweg Temperaturen über 65 °C zur Verfügung stehen.
Es ist bekannt, dass pro K Unterkühlung des Kältemittels der COP um ca. 1 % verbessert wird. Ist ein Verflüssiger mit 13 K (tamb. 32 °C; tc = 45 °C) ausgelegt, kann der Unterkühler 10 K Unterkühlung erzielen. Ist im Winter die minimale Verflüssigungstemperatur auf 28 °C begrenzt, kann bei tiefen Außentemperaturen entsprechend mehr Unterkühlung erzielt werden. Rechnet man die Amortisationszeit eines Unterkühlers von luftgekühlten Anlagen, wird man häufig auf Zeiten von unter einem Jahr kommen.
Anders sieht es bei der WRG aus. Der Unterkühler verbessert nicht nur den COP, sondern die aus dem Kälteprozess genommene Wärme wird genutzt. Der Effekt des Unterkühlers verdoppelt sich praktisch. Wirtschaftlich gesehen muss eine konsequente WRG mit einem Unterkühler ausgestattet werden.
Im Heizungsbau ist es selbstverständlich und durch Regelungen vorgeschrieben, dass warme Bauteile isoliert werden müssen. Das muss auch der Kälteanlagenbauer berücksichtigen, wenn die Wärme genutzt wird. Heißgasleitung, Ölabscheider, Sammler etc. müssen isoliert werden.
Eine besonders interessante und wichtige Frage ist, welche Temperatur denn überhaupt wirtschaftlich sinnvoll mit der WRG maximal erzielt werden kann. Mit steigender Wassertemperatur steigt auch die Verflüssigungstemperatur und der COP wird schlechter. Ab einer bestimmten Temperatur ist der COP so schlecht, dass es sinnvoller ist den Kälteprozess mit Außenluft zu kühlen und den Wärmebedarf mit einer externen Wärmequelle (Gasheizung z. B.) zu decken. Die Kenntnis über diese Temperatur entscheidet über die Wirtschaftlichkeit der WRG. Fordert die Heizung im Winter eine Vorlauftemperatur von 60 °C und der Kälteanlagenbauer begrenzt die maximale Verflüssigungstemperatur auf 55 °C, kann nur die Heißgasenthitzung genutzt werden und die meiste Wärme geht ungenutzt über den Außenverflüssiger verloren.
Der Autor hat eine Berechnungsmethode entwickelt, bei der nur die Energiepreise für Wärme und Strom eingegeben werden müssen und mit Hilfe eines Verdichterauslegungsprogramms kann die max. Verflüssigungstemperatur bzw. die Wasseraustrittstemperatur ermittelt werden. Bei einem Strompreis von 0,2 €/kWh und einem Wärmepreis von 0,07 €/kWh bei Normalkühlung (t0 = -10 °C; R134a) ergeben sich erstaunlich hohe Temperaturen von über 70 °C.
Natürlich muss der Betriebspunkt innerhalb des Anwendungsdiagramms des Verdichters liegen und andere Parameter wie Heißgastemparatur, max. Stromaufnahme dürfen auch nicht die zulässigen Grenzen überschreiten.
Die Abnahme der Kälteleistung bei der hohen Verflüssigungstemperatur muss ebenfalls berücksichtigt werden. Wird die hohe Temperatur im Winter gebraucht, kompensiert sich die verminderte Kälteleistung eventuell mit weniger Kältebedarf.
Von der Fa. Schiessl geplante Anlagen, in denen die genannten Punkte berücksichtigt werden, sind keine Theorie, sondern haben sich bereits in der Praxis bewährt. Die Pilotanlage (Metzgerei Krammer) spart dem Betreiber jährlich € 10.000,- Heizkosten und € 12.000,- für Elektroenergie. Im Sommer wird die Metzgerei alleine durch die WRG mit Wärme versorgt. An arbeitsintensiven Tagen können die benötigten 12.000 l Wasser bei Temperaturen über 70 °C (siehe Bild) zur Verfügung gestellt werden.
Die Anlage wurde mit dem Deutschen Kältepreis 2016 ausgezeichnet.
Konsequente WRG kann einen großen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten und in Objekten, wo Kälte- und Wärmeenergie benötigt wird, die Betriebskosten stark senken. Damit sich die gewünschten Ergebnisse einstellen, sind genaue Fachkenntnisse über WRG nötig und bedürfen einer konsequenten Umsetzung der genannten Punkte.