R290-Kälteanlage mit optimierter Füllmenge
TK-Kühlzelle mit redundanter Propananlage
Das richtige Kältemittel für die jeweilige Anwendung zu finden, wird dem Anlagenbauer – bedingt durch die Vielzahl der möglichen Fluide – nicht unbedingt erleichtert. Dennoch sollte, bei der derzeitigen Lage der Gesetze und Vorschriften, vorab immer geprüft werden, ob nicht ein natürliches Kältemittel die beste Option bietet; und zwar sowohl in Hinsicht auf die Investitionssicherheit als auch aus ökologischen Gesichtspunkten. Dies gilt es dann nur noch dem Betreiber zu vermitteln, denn die anfänglichen Mehrkosten können oft in sehr kurzen Zeiträumen wieder eingespielt werden.
Im vorliegenden Fall wurde bei einem großen Unternehmen im Norden Münchens eine TK-Zelle (Raumtemperatur -22 °C, mit einer Gesamtkälteleistung von 4,2 kW) aufgestellt. Das Unternehmen hat bereits eine Vielzahl von optimierten Kälte- und Klimaanlagen mit sehr hohem COP in Betrieb, bei denen die Verflüssiger mit Brunnenwasser gekühlt und ganzjährig mit Verflüssigungstemperaturen von 20 °C gefahren werden. Es befand sich jedoch bis dato keine Anlage mit einem Kohlenwasserstoff-Kältemittel auf dem Gelände.
Dem Innovationsbewusstsein der technischen Fachabteilung Kältetechnik kam die Anregung des Anlagenbauers, der Firma F+S aus Gernlinden, zupass, die anstehende TK-Kühlzelle mit R290 als Kältemittel zu betreiben. Ohne zu zögern konnte das Projekt mit Hilfe der Firma AWE aus Eggenfelden angegangen, bzw. konzipiert werden. AWE lieferte die Verflüssigungssätze, bestückt mit Goeldner-Verdichtern der R290-Halbhermetik-Baureihe, vom Typ „HS 22 3/5P“. Die Installation wurde von der Firma F+S Kälte-Klimatechnik GmbH durchgeführt.
Langfristige Lösung
Dem Betreiber war es wichtig, eine umweltfreundliche Lösung mit einem natürlichen Kältemittel, bei hoher Energieeffizienz und dabei geringst möglichen Betriebskosten zu finden. Trotzdem wurde großes Augenmerk auf die Gesamt- bzw. Lebenszykluskosten gelegt. In Anbetracht der F-Gase-Verordnung und der sich künftig noch weiter verschärfenden Vorschriften wurde eine langfristige Lösung mit hoher Investitionssicherheit angestrebt und auch erreicht.
Erfahrungsgemäß kann davon ausgegangen werden, dass ein Betreiber, der einmal eine Kälteanlage mit einem Kohlenwasserstoff-Kältemittel bei sich installiert und erfolgreich in Betrieb hat, bei Bedarf auch noch weitere Kühlanlagen mit diesem Kältemittel in Auftrag geben wird.
Als Anlagenbauer sollte man also nicht warten, bis es in Zukunft die A2L-Gruppe gibt, sondern sich umgehend mit den A3-Kältemitteln befassen. Hat man die Richtlinien und Vorschriften einmal durchexerziert, lassen sich die Erkenntnisse auf die weiteren Anlagen mit A3- aber auch mit A2L-Kältemitteln problemlos übertragen. Die dafür angelegte Zeit ist eine gute Investition, da die Praxis zeigt, dass auch die für „normale“ Kälteanlagen zutreffenden Richtlinien (Maschinen-, Druckgeräte-, Niederspannungsrichtlinie etc.) nur ansatzweise umgesetzt bzw. beachtet werden. Die zusätzlichen Maßnahmen, bedingt durch die Atex-Richtlinie, sind weniger aufwendig, als die meisten von uns denken. Eine Investition in eine korrekte Dokumentation und Ausführung wird sich immer auszahlen, selbst wenn dazu Hilfe von außen in Anspruch genommen werden muss.
Technische Daten und Eckdaten der Installation
Die Kälteanlage der TK-Zelle wurde aus Gründen der Redundanz zweikreisig ausgeführt, also mit zwei Aggregaten (Bild 1) und zwei Verdampfern (Bild 2a und 2b) ausgestattet. Um die Füllmenge möglichst gering zu halten, wurden Verflüssiger in Microchannel-Ausführung und keine Sammler verbaut. Um die Effizienz noch weiter zu optimieren, wurden die Verflüssiger zusätzlich mit EC-Ventilatoren ausgestattet.
Die Gesamtkälteleistung beträgt 4,4 kW, bei einer Verdampfungstemperatur von -30 °C. Die erforderliche Raumtemperatur wird mit -22 °C angegeben. Das Raumvolumen der Kühlzelle beträgt 37 m³. Die Verflüssigungssätze befinden sich auf der Zelle direkt über den Verdampfern im Freien.
Füllmengen-Minimierung und -Berechnung
Das oberste Gebot für das Konzept war die Minimierung der Kältemittelfüllmenge. Erreicht wird dies durch den Einsatz von R290 (Propan) mit seiner hohen volumetrischen Kälteleistung in Verbindung mit möglichst kurzen Rohrwegen, direkter Verdampfung, Microchannel-Verflüssigern und den Verzicht auf einen Sammler.
Vorab wurde die maximal zulässige Füllmenge für die Kälteanlage nach EN378-1 Anhang C.2 ermittelt.
Hierbei wurde wie folgt vorgegangen:
1. Kältemittel Sicherheitsgruppe: A3
(Kategorie siehe EN 378-1 Anhang E)
2. Aufstellungsbereich: Klasse A
(Aufstellungsort, an dem Personen schlafen dürfen oder an dem sich eine unkontrollierte Anzahl von Personen aufhält oder zu denen jede Person Zutritt hat, ohne persönlich mit den Sicherheitsvorkehrungen vertraut zu sein. (s. EN 378-1 Kap.4.2 Tab.1))
3. Kategorie der Anlage: direktes System
(EN 378-1 Klassifikation 4.1.2)
4. Aufstellung der Anlage: b
(Verdichter und Verflüssiger im Freien (s. EN 378-1 Bild C.2))
Damit erhält man, dieser Norm zur Folge, eine maximal zulässige Füllmenge von 1,5 kg.
Die Berechnung der tatsächlich maximal zulässigen Füllmenge ergibt, abhängig von dem oben genannten Raumvolumen und dem zulässigen Grenzwert von Propan (nach EN 378-1, Tabelle E, mit 0,008 kg/m³) eine Menge von 296 g (37m³ x 8 g/m³ = 296 g) pro Kreis. Hier sollte bemerkt werden, dass selbst wenn die gesamten 296 g Propan austreten, kein zündfähiges Gemisch entstehen kann. Dies liegt an den bereits bei dem Grenzwert von 8 g/m3 eingerechneten Sicherheiten. Tatsächlich wurde eine Füllmenge von nur 200 g pro Aggregat, also 5,4 g/m3, erreicht.
Theoretisch zeigt sich, dass es auch möglich gewesen wäre, die geforderte Kälteleistung von 4,4 kW mit nur einem Aggregat – dies wäre noch etwas kostengünstiger – zu erreichen und immer noch unter dem Grenzwert von 296 g zu bleiben.
Aus der Druckgeräterichtlinie lässt sich ermitteln, welche Abnahmen oder Nachweise für den jeweiligen Fall zu erbringen sind. Da bei der vorliegenden Anlage das Produkt aus p x V des größten, verbauten Druckbehälters unter 50 liegt, ist laut Druckgeräterichtline keine Abnahme durch eine “Benannte Stelle” erforderlich. Dies trägt erheblich dazu bei, die Kosten im Rahmen zu halten.
Als zusätzliche Sicherheit wurde im Kühlraum ein Propan-Gassensor angebracht, der über die Gaswarnanlage, bei Gasaustritt in den Raum, die gesamte Kühlzelle stromlos setzt und damit potentielle Zündquellen abschaltet. Eine Gaswarnanlage empfiehlt sich bei der Verwendung von Kohlenwasserstoffkältemitteln, ist jedoch nicht in jedem Fall notwendig.
Vergleich R290 mit R507
Berechnungen mit verschiedenen Verdichterauslegungsprogrammen zeigen mit R290 bei gleichen Bedingungen einen um ca. 15 % höheren COP, d.h. zugleich 15 % geringere Betriebskosten. Gesehen auf eine Mehrinvestition von ca. 1000 €, bei einer Antriebsleistung von 2,0 kW (Verdichter plus Verflüssigerlüfter), einer Jahresbetriebszeit von 6000 Stunden und einem mittleren Strompreis von 0,15 €, errechnet sich bereits eine Ersparnis von ca. 270 € pro Jahr. Selbst eine so kleine Anlage macht sich also nach weniger als vier Jahren bezahlt. Bei der Annahme, dass die Strompreise steigen und nicht fallen werden, fällt diese Bilanz sogar noch günstiger aus.
Aufgrund des geringen GWP von 3 im Vergleich zu 3900 bei R507, greift weder die F-GaseVO noch sonst eine aktuelle Vorschrift, die den Betrieb dieser Anlage in Zukunft einschränken könnte (Stichwort Investitionssicherheit).
Vergleicht man die Verdampfungs- und Verflüssigungsdrücke, R507 mit 2,15/19,6 bar und R290 1,68/14,3 bar, so kommt man mit R507 auf ein Druckverhältnis von 9,1 und bei R290 auf 8,5. So hat man auch von dieser Seite gesehen den Vorteil, dass sich der Stress des Verdichters mit Propan als Kältemittel verringert und sich die Lebensdauer der Maschine verlängert.
Fazit
Da alle Komponenten (Bilder 3a und 3b) auf dem Markt verfügbar sind, zeigt die von der Fa. F+S Kälte - Klimatechnik GmbH realisierte Anlage, dass es ohne Schwierigkeiten möglich ist, eine vorschriftsgemäße TK-Kälteanlage mit dem natürlichen Kältemittel Propan zu erstellen.
Zugleich werden mit diesem Anlagenkonzept Betriebskosten eingespart und eine hohe Investitionssicherheit erzielt. Die Mehrkosten, im Vergleich zu einer Anlage mit dem bald nicht mehr einsetzbaren Hoch-GWP-Kältemittel R507, werden sich in einem Zeitraum von unter vier Jahren amortisieren.
Literatur, Normen, Richtlinien
Druckgeräterichtlinie
Maschinenrichtlinie
Niederspannungsrichtlinie
Explosionsschutzrichtlinie
EN 378