Verwendung von
Expansionsventilen mit
alternativen A1-Kältemitteln

Wie kann man Expansionsventile für klassische Kältemittel im Service für neue A1-Kältemittel einsetzen?

In der letzten Zeit gab es erdrutschartige Änderungen in der Welt der Kältemittel. Den Grund dafür kennen wir alle – das Treibhauspotential (GWP – global warming potential) der verwendeten Kältemittel soll reduziert werden. Zu diesem Thema gab und gibt es viel Informationsmaterial. Dabei handelt es sich allerdings sehr häufig um Betrachtungen aus der Helikopterperspektive und es werden zu wenig die tagtäglichen Herausforderungen eines Kälteanlagenbauers behandelt. Aus diesem Grund beleuchtet der folgende Beitrag ganz konkret die Frage, inwieweit die klassische Expansionsventilbestückung eines normalen Servicefahrzeugs im Kältehandwerk auch für neue Kältemittel verwendet werden kann. Diese Frage hat durch die neuerlichen Lieferschwierigkeiten von ganzen Industrien, die leider nicht vor der Kältetechnik Halt gemacht haben, eine besondere Aktualität. So stellt sich heutzutage ein Monteur im Serviceeinsatz nicht selten die Frage, ob er z.B. mit seinen R404A Expansionsventilen auch eine R449A Anlage reparieren kann.

In der Gewerbekälte sind die in der jüngeren Vergangenheit meist verwendeten Kältemittel in der stationären Kälte R404A (R507) und R134a. Damit ist davon auszugehen, dass sich Expansionsventile für diese Kältemittel im Servicefahrzeug befinden. In der Regel handelt es sich dabei Expansionsventile mit austauschbarer Düse, um die Kälteleistung anzupassen, und Ventile, bei denen die Überhitzung eingestellt werden kann. Diese beiden Eigenschaften sind besonders wichtig, will man diese Expansionsventile für andere Kältemittel verwenden als die, die auf dem Thermokopf aufgeführt sind.

Seriengerätehersteller setzen in ihren Geräten gerne Expansionsventile ein, bei denen die Düse nicht ausgetauscht werden kann. In einigen Fällen ist bei diesen Geräten sogar die Überhitzung fest eingestellt und nicht änderbar. Durch die Möglichkeit der Überhitzungsanpassung ist es möglich, durch eine Nachjustierung in Fällen, in denen die Druck-Temperatureigenschaften des Kältemittels in der Anlage denen der klassischen Kältemittel ähneln, ein Expansionsventil aus dem Servicefahrzeug zu verwenden. Zusätzlich darf nicht vergessen werden, dass sich die Leistung des Expansionsventils mit dem neuen Kältemittel ändern könnte und damit z. B. eine größere oder kleinere Düse verwendet werden muss.

Ein einfaches Beispiel ist R513A. R513A ist in die Kategorie A1 eingestuft. Das ist die gleiche Einstufung wie R134a (und R404A / R507) und bedeutet, dass das Kältemittel nicht brennbar ist. Reine Kohlenwasserstoffe, wie z.B. Propan (R290) sind brennbar und damit in A3 eingruppiert. Reine HFO Kältemittel, die erst in letzter Zeit im Kälteanlagenbau eingesetzt werden (Beispiel R1234yf), sind in der Regel A2L, da sie auch eine gewisse Brennbarkeit aufweisen. Bei der Betrachtung zur alternativen Nutzung der Serviceventile, konzentrieren wir uns ausschließlich auf neue A1 Kältemittel.

Um zu prüfen, ob R513A mit einem R134a E-Ventil nutzbar ist, schaut man sich den Nassdampfdruck bei der Normalkühlverdampfungstemperatur -10 °C an. Dies geht sehr einfach mit der kostenlosen Ref.Tool-App von Danfoss, in die ein elektronischer Kältemittelschieber integriert ist. Wählt man nun R134a aus und stellt -10 °C ein, so bekommt man den Wert „0,99 bar“ (Überdruck) ausgegeben. Geht man nun zu R513A und lässt den Verdampfungsdruck gleich, so erhält man „-12,73 °C“. Das ist sehr nah an „-10 °C“. Damit ist bereits klar, dass man ein R134a Expansionsventil für R513A einsetzen kann.

Praktische Einstellung des Ventils

Theoretisch kann man nun nachschauen, wieviel Umdrehungen der Überhitzungseinstellschraube (und in welche Richtung) diese Differenz (2,73 K) bei der Ventilbaureihe, die im Servicefahrzeug vorhanden ist, bedeutet. Es ist zu erwarten, dass die Überhitzungsspindel gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden muss, da der Druck von unten gegen die Membran des Expansionsventils bei R513A bei gleicher Verdampfungstemperatur größer ist als bei R134a, was den Ventilöffnungsgrad verkleinert. Um dies zu kompensieren, wird die Federkraft, die auch von unten gegen die Membrane wirkt, verringert.

In der Praxis kann man es sich leichter machen. In der Ref-Tool App ist auch das „Tool für Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotential“ integriert. Dort lässt sich das Kältemittel, welches auf dem Ventil steht, das neue Kältemittel und die Ventilbaureihe eingeben. Für die Danfoss „TE5“ Baureihe ergibt das: „2 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn“. Es ist äußerst wichtig, die Baureihe des Expansionsventils korrekt einzugeben, da sich die Überhitzungsänderung besonders bei 2 teiligen Ventilen (z. B. T2) im Vergleich zu 3 teiligen Ventilen (z. . TE5) bei gleicher Umdrehungsanzahl stark unterscheidet. Bei dreiteiligen Ventilen ist die Änderung deutlich geringer.

Als Konsequenz aus unserer Betrachtung ist es heute so, dass bei R134a Expansionsventilen zusätzlich noch „R513A“ aufgedruckt ist. Damit ist die „Druck-Temperatureignung“ gegeben, den zweiten wichtigen Punkt – die Kälteleistung – darf man aber keinesfalls vergessen. Auch dafür gibt die Ref-Tool App (Teil: „Tool für Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotential“) konkrete Empfehlungen. So wird zusätzlich zur Überhitzungsänderung auch ein Hinweis zur Kälteleistungsänderung (Ventilleistungsänderung) gegeben. Mit dieser Information lässt sich bestimmen, ob eine größere, oder eine kleinere Düse mit dem Serviceventil eingesetzt werden muss.

Weitere Kältemittel, …

die aktuell gerne Verwendung finden, sind R448A und R449A. Prüfen wir, ob ein R404A Expansionsventil „den Job“ machen kann. R448A und R449A sind auch A1, also aus Brennbarkeits-(Sicherheits-) Sicht problemlos mit einem R404A E-Ventil zu servicieren. Bei Normalkühlung -10 °C (falls es sich um Tiefkühlung handelt, besser den Referenzpunkt -35 °C wählen) ist der Nassdampfdruck 3,29 bar (Überdruck).

Hier taucht bereits eine Wahlmöglichkeit auf, wenn man den Wert in die App eingibt. Man kann wählen zwischen „Dew“ und „Bubble“. Dies ist wichtig, wenn man ein Kältemittelgemisch mit einem deutlichen Gleit (zeotrope Kältemittel) hat. Kältemittelgemische sind die Kältemittel der Reihen „4XX“ und „5XX“. R134a ist ein Einstoffkältemittel und hat somit keinen Gleit. Das bereits behandelte R513A ist ein Kältemittelgemisch, aber ein azeotropes. Das bedeutet, die Siedepunkte der Bestandteile sind so ähnlich, dass sich kein Gleit ergibt und die Verdampfungstemperatur bis zum Überhitzungspunkt im Verdampfer gleich bleibt.

R404A hat als Gemisch nur einen geringen Gleit, die App fragt es dennoch ab. In Expansionsventilfragen ist immer „Dew“ anzuwählen, da damit der Taupunkt gemeint ist, bei dem die Überhitzung des Kältemittel anfängt. Der „bubble“ (Siedepunkt) kommt in der Realität im Verdampfer gar nicht vor. Nun kommen wir mit R449A zu einem Kältemittel mit deutlichem Gleit. „Dew“ ausgewählt und es ergibt sich bei 3,29 bar -5,16 °C. So weit weg von -10 °C ist das nicht. Außerdem ist es immer besser, wenn man die Überhitzung mittel Federkraft anheben muss, als umgekehrt.

Der Ref-Tool App-Teil „Tool für Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotential“ gibt uns auch in diesem Fall eine klare Ansage: „kann verwendet werden“ – „2 Umdrehungen im Uhrzeigersinn“ (Beispiel T2 Ventile). Auch in diesem Fall ist die Leistungsänderung nicht unerheblich.

Es gibt noch weitere Kältemittel, die in dieser Weise abgedeckt werden können. Die Optionen steigen deutlich, wenn als Grundstock noch weitere traditionelle Expansionsventile, wie z.B. für R407C und R22 für den Service mitgeführt werden. Dabei braucht man um die ehemals R22 Ventile keinen Bogen machen, da die Fühlerfüllungen keine Parallelfüllungen sind und kein R22 enthalten. Ein ehemals für R22 gedachtes Ventil lässt sich z.B. sehr gut R448A einsetzen.

In der Praxis kann man den Schritt über den elektronischen Kältemittelschieber auch überspringen und direkt die Eingabe in den App-Teil machen, bei dem die Überhitzungsanpassung empfohlen und der Leistungsunterschied angezeigt wird. Selbstverständlich gibt es aktuell auch schon dedizierte Ventile für R448A und R449A. Für diese beiden Kältemittel werden die gleichen Ventile verwendet, da Druck-Temperatur sehr nahe beieinander liegen. Auch für R452A sind spezielle Ventile verfügbar.

Feintuning

Ist nun die Reparatur so weit beendet, dass das Expansionsventil in der Anlage läuft, kann man der Kühlstelle noch wie folgt „den letzten Schliff“ geben. Ein weiterer Teil der kostenlosen Ref-Tool App ist der „TEV Überhitzungsoptimierer“. Mit nur wenigen Eingaben, die den Istzustand (u.a. die tatsächlich gemessene Überhitzung) beschreiben, gibt man der App die benötigten Infos, um die optimale Überhitzungseinstellung für die aktuelle Kühlstelle zu finden. Die App gibt dann konkrete Empfehlungen für die Änderung der Expansionsventileinstellung. Damit justiert man das Ventil nach und wartet den Timercountdown der App ab, bis sich das System eingependelt hat. Danach hat man den optimalen Wert erreicht. Sollte dieser – wider Erwarten – noch nicht dem angegebenen Zielwert entsprechen, macht man einfach noch einen Durchlauf. Diese Maßnahme am Ende einer Reparatur ist keine Zeitverschwendung, da die optimale Überhitzung eine Schlüsselrolle für die Energieeffizienz eines Systems spielt. Zu hohe Überhitzung bedeutet längere Verdichterlaufzeiten und zu geringe Überhitzung die Gefahr eines Verdichterschadens.

Fazit

Moderne Apps geben dem Kälteservicemonteur vor Ort alles an die Hand, damit er besonders in der aktuellen Situation des Ersatzteilmangels, aber auch generell mit seinem mitgeführten Reparaturportfolio alternative Expansionsventillösungen für neue Kältemittel schnell und zuverlässig identifizieren und einsetzen kann. Dabei muss das Kältemittel in der Anlage nicht unbedingt mit dem auf dem Expansionsventilkopf übereinstimmen. Besonders im Servicefall kann dies Ausfallzeit, Kosten und Nervenbeanspruchung auf Betreiberseite erheblich reduzieren. Als i-Tüpfelchen kann der Servicemonteur zusätzlich den genau richtigen Überhitzungswert am Verdampfer vor Ort bestimmen und die reparierte Anlage damit sogar noch energetisch optimieren.

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