Wenn Familienmitglieder im Betrieb mitarbeiten
Sozialversicherung und Steuern beachten
Wie man Familienangehörige sozialversichert und steueroptimal behandelt, die im eigenen Betrieb mitarbeiten, ist nicht jedem Selbstständigen klar und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Beschäftigungsform ist bei Ehepartnern, Kindern, Neffen und anderen Verwandten im Unternehmen entscheidend für die Beurteilung, ob es sich um Unternehmer oder Arbeitnehmer handelt.
Sozialversicherungspflicht?
In vielen Betrieben und bei Selbstständigen sind Verwandte sozialversicherungspflichtig beschäftigt und es werden Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet. Sie müssen nicht selten – oft nach Jahren – erleben, dass sie bei näherer Prüfung als Arbeitnehmer und nicht als Unternehmer eingestuft werden, mit der Folge, dass im Notfall – Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Insolvenz o. Ä. – der Antrag auf Leistung abgelehnt wird. Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags und die Zahlung von Lohnnebenkosten reichen allein nicht aus, um klar als Arbeitnehmer zu gelten.
Folgen des falschen Status
Die Einstufung als Unternehmer hat fatale Folgen für das mitarbeitende Familienmitglied. So gibt es im Falle einer Arbeitslosigkeit kein Geld von der Arbeitsagentur, bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit oder -minderung gewährt der Rentenversicherungsträger keine Rente, es besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld und bei Arbeits- und Wegeunfällen entfallen jegliche Leistungsansprüche.
Schließlich können sich auch steuerliche Nachteile dadurch ergeben, dass die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Kranken- und Sozialversicherung gegebenenfalls nachversteuert werden müssen.
Können Sie als Arbeitgeber in einem solchen Falle Versicherungsbeiträge, die Sie überflüssigerweise gezahlt haben, zurückverlangen? Grundsätzlich ja. Allerdings gelten Verjährungsfristen: Für die Beiträge zur Rentenversicherung 30 Jahre, für Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung lediglich vier Jahre.
Checkliste zur
Sozialversicherungspflicht
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Mitunternehmer diejenigen, die „Mitunternehmerrisiko tragen und -initiative entfalten können.“ Der mitarbeitende Familienangehörige muss einen gewissen Einfluss auf das Unternehmen haben und am Erfolg wie Misserfolg beteiligt sein. Das trifft immer dann zu, wenn er Gesellschafter der GmbH, KG, OHG oder GbR ist.
Überwiegend sind mitarbeitende Familienangehörige aber nicht Gesellschafter. Für ihre Einordnung als Mitunternehmer hilft folgende Checkliste weiter:
Bürgschaft des Ehepartners für Kreditvertrag,
Familienangehöriger erhält ein höheres Gehalt als eine Fremdarbeitskraft,
Familienangehöriger gewährt dem Unternehmer/Unternehmen ein Darlehen
Familienangehöriger besitzt Prokura
Familienangehöriger besitzt Gesellschaftsanteile
Familienangehöriger kann Entscheidungen des Unternehmers (wesentlich) beeinflussen
Ehepartner lebt mit Unternehmer in Gütergemeinschaft
ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen
er/sie arbeitet wesentlich länger als vergleichbare Angestellte, ohne dafür Lohnausgleich zu erhalten
Familienangehöriger hat Einblick in die Preiskalkulation des Unternehmers und bestimmt diese mit
das Arbeitsentgelt liegt weit unter/über der üblichen Höhe
der Angehörige ist am Gewinn/Umsatz beteiligt.
Fazit: Die rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen des Unternehmers und Mitunternehmers müssen sich auf einer partnerschaftlichen Ebene befinden.
Für den Arbeitnehmerstatus des mitarbeitenden Familienangehörigen spricht, wenn seine persönliche Arbeitsleistung deutlich im Vordergrund steht. Weitere Kriterien:
Das Beschäftigungsverhältnis ist ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und tatsächlich vollzogen.
Der Familienangehörige ist wie ein fremder Arbeitnehmer im Betrieb eingegliedert.
Das Arbeitsentgelt wird als Betriebsausgabe verbucht und es wird dafür Lohnsteuer abgeführt.
Der Familienangehörige wird anstelle einer fremden Hilfskraft beschäftigt.
Ein schriftlich abgeschlossener Arbeitsvertrag regelt Uraub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitszeit etc.
Generell gilt: Aufgrund der familiären Bindung der Beteiligten legen die Sozialversicherungsträger und -gerichte bei der Statusprüfung strenge Maßstäbe an. Stets müssen die Gesamtumstände gewürdigt werden. Einzelne Kriterien sind nicht ausschlaggebend.
Klärung durch Statusprüfung
Um klar abzugrenzen, welches Arbeitsverhältnis vorliegt, sollte in jedem Fall eine Statusprüfung erfolgen. Sie bringt rechtliche Sicherheit und erspart hohe Kosten im Zusammenhang mit „falschen“ Zahlungen.
Bei mitarbeitenden Ehegatten und Lebenspartnern, die nach dem 31. 12. 2004 im Betrieb tätig sind, wird das Statusfeststellungsverfahren automatisch durchgeführt. Mitarbeitende Kinder, Enkel, Verwandte und Verschwägerte des Arbeitgebers werden nicht automatisch auf ihren Status überprüft. Für sie besteht weiterhin Rechtsunsicherheit. Das gilt auch für die „Altfälle“ der Ehe- und Lebenspartner, so dass Betroffene selbst die Initiative ergreifen und ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen müssen. Wer mit der Entscheidung des Sozialversicherungsträgers nicht einverstanden ist, kann schriftlich Widerspruch einlegen.
Dringende Empfehlung: Schon bei der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses sollte der Status geklärt werden.
Statusunterschiede bei sozial- und steuerrechtlicher Klärung
Der mitarbeitende Familienangehörige kann aus steuerrechtlicher Sicht einen anderen Status haben als aus sozialrechtlicher Sicht. Er kann nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte als Arbeitnehmer gelten, nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte jedoch als Mitunternehmer. Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht sind voneinander unabhängig.
Steuerrechtliche Sicht
Die Mitarbeit eines Familienangehörigen wird steuerlich anerkannt, wenn
es sich nicht nur um eine normale Mithilfe handelt;
der Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen ist und hinsichtlich Höhe des Arbeitslohns, aller notwendigen übrigen Bestandteile und seiner Einhaltung einem Drittvergleich genügt;
die Arbeitszeit nachgewiesen wird und
das Arbeitsentgeld pünktlich und unbar bezahlt wird.
Zwischen Ehegatten und -partnern muss das Arbeitsverhältnis ernsthaft vereinbart und durchgeführt werden. Bei Mitarbeit von Kindern wird auf angemessene Bezüge geachtet. Sind Kinder Arbeitgeber der Eltern, darf es sich nicht um verdeckte Unterhaltsleistungen handeln.