Zukunftsthemen an historischer Stätte

BIV-Mitgliederversammlung in Rostock

Einen ganz außergewöhnlichen Tagungsort hatte der BIV (Bundesinnungsverband des Deutschen Kälteanlagenbauerhandwerks) für seine jährliche Mitgliederversammlung am 23. März 2017 gewählt. Die Tagung fand im Schiffbaumuseum Rostock statt, und zwar an Bord des Museumsschiffs „Dresden“. Dort sind auch u.a. auch historische, maritime Kälteanlagen zu sehen. Die Themen der Versammlung richteten sich aber in die Zukunft.

Umzug nach Bonn endgültig beschlossen

Die Zusammenarbeit des BIV (www.biv-kaelte.de) mit dem VDKF (Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe, www.vdkf.de) war ein beherrschendes Thema der Mitgliederversammlung in Rostock. Konkreter Anlass hierfür ist der anstehende Umzug des BIV von Siegburg in die Geschäftsräume des VDKF (das Josef-Biber-Haus) nach Bonn. Bereits auf der BIV-Obermeistertagung im Oktober 2016 hatte man sich für den Umzug ausgesprochen, der offizielle Beschluss der Delegierten fehlte aber noch und musste in Rostock nachgeholt werden. Der Umzug wurde dann auch mit nur einer Gegenstimme abgesegnet. In den Pausengesprächen war allerdings auch von einigen Delegierten ein gewisser Unmut zu hören, dass der BIV-Vorstand bereits ohne offiziellen Beschluss Nägel mit Köpfen gemacht und den Mietvertrag in Siegburg gekündigt hatte. Die, die sich nun auf den Schlips getreten fühlen, weil nicht der offizielle Dienstweg eingehalten wurde und sie nicht persönlich gefragt wurden, sollten noch einmal den Nachbericht zur BIV-Mitgliederversammlung in KKA 03/2016 lesen (siehe Archiv auf www.kka-online.info). Die Fronten schienen damals so verhärtet zu sein, dass man sich ein Jahr später verwundert die Augen reibt, wie harmonisch der Umgang miteinander geworden ist. Persönliche Befindlichkeiten und das aus der Vergangenheit oft zu hörende, von Kettenrasseln begleitete „Wir-und-die-da“-Gehabe muss einfach aufhören, wenn man eine schlagkräftige Lobbyarbeit für die Kältebranche haben möchte. Erste gemeinsame Projekte (siehe auch Bericht zur VDKF-Mitgliederversammlung in dieser Ausgabe) wurden schon angestoßen und Bundesinnungsmeister Heribert Baumeister versprach in Rostock, dass er bei der nächsten Versammlung weitere Erfolge vermelden werde.

Was die Räumlichkeiten selbst betrifft, ist der Umzug schon jetzt als Erfolg zu bezeichnen. Das in die Jahre gekommene Bürogebäude in Siegburg war nämlich wirklich kein Aushängeschild für den BIV. In Bonn zieht man nun in frisch renovierte Büros in bester Stadtlage ein. Finanziell reißt der Umzug auch kein großes Loch in die Tasche; die Kosten pro Quadratmeter sind zwar teurer als in Siegburg, aber durch die geringere Bürofläche wird der Mietpreis insgesamt günstiger werden. Manche Flächen, z.B. für Besprechungsräume, die mit VDKF und ÜWG gemeinsam genutzt werden können, kommen sogar noch hinzu. Im Übrigen wird der BIV dem Vermieter, der IKK GmbH, die gleiche Miete zahlen wie der VDKF selbst. Einziger Wermutstropfen ist die bis September 2017 zu zahlende Doppelmiete.

Worauf muss sich das Handwerk einstellen?

Dirk G. Müller, der mit seinem Beratungsunternehmen DMConsulting als Partner des BIV den Betriebsvergleich durchgeführt hatte, hielt in Rostock einen Vortrag über „Strategische Entwicklungen und Tendenzen in der Kälte-/Klima-Branche“. Seine Erkenntnisse, dass es zunehmende Anforderungen an die Dokumentation gebe, dass nationale und internationale Regularien das Geschäft schwieriger machten, dass die Digitalisierung auch im Handwerk verstärkt Einzug halte und dass es schwieriger werde, qualifiziertes Personal oder einen Betriebsnachfolger zu finden, waren zwar alle richtig, boten aber keine wirklich neuen Erkenntnisse. Das weiß jeder, der einen Handwerksbetrieb führt, aus eigener Erfahrung. Spannender war dann die nachfolgende Diskussion der BIV-Mitglieder, die die recht oberflächlich gehaltenen Thesen von Herrn Müller mit Leben und konkreten Beispielen füllten. So berichtete z.B. ein Delegierter zum Thema Fachkräftemangel, dass er zu manchen Kunden, vor allem aus der Industrie, nur Monteure schicken würde, die älter seien als 50 Jahre. „Ansonsten werden die mir gleich abgeworben.“ Wettbewerb verspüre man aber nicht nur, was die Fachkräfte betrifft; andere Player aus dem SHK- bzw. Facility Management-Bereich würden vermehrt versuchen, im lukrativen Kälte- und Klimamarkt Aufträge zu generieren. Andere berichteten von ihren oft negativen Erfahrungen im Lehrlingsmarkt. Hier sei zunehmend Kreativität gefragt und man müsse neue Wege beschreiten, um junge Leute für unsere Branche zu begeistern, bzw. sie ihnen überhaupt erst bekannt zu machen. Heribert Baumeister schlug u.a. vor, dass man sich stärker an Hochschulen engagieren sollte, um Abbrecher bzw. Unzufriedene in technischen Studiengängen „in die Kälte zu locken“. Weitere Ideen würden sicher auch auf dem N.I.K.K.I-Workshop des ZVKKW im September erarbeitet, kündigte ZVKKW-Geschäftsführer Dr. Matthias Schmitt an. Dabei handelt es sich um die Nachwuchsinitiative Kälte-Klima-Branche, die vom Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen (www.zvkkw.de) initiiert wurde.

BAFA-Förderung in der Kritik

Ein weiteres heißes Thema der Mitgliederversammlung war die BAFA-Förderung von Kälteanlagen. Die Förderrichtlinien haben sich Anfang 2017 verändert, ohne dass im Vorfeld Branchenverbände wie BIV oder VDKF gehört oder um Rat gefragt worden seien. Im Nachhinein tauchen nun zahlreiche Fragen auf und es werden Ungereimtheiten – manche würden es auch als Ungerechtigkeiten bezeichnen – festgestellt. BIV und VDKF seien mit der BAFA in Kontakt und würden versuchen, die Fragen zu klären. Die Zusammenarbeit gestalte sich aber schwierig. Einer der Knackpunkte ist z.B., dass es keinen prozentualen Zuschuss mehr zur Bausumme gebe, sondern dass die Kälteleistung als Berechnungsgrundlage herangezogen werde. Seien früher je nach Projekt bis zu 20 % der Investitionssumme als Förderung gewährt worden, käme man heute für das gleiche Projekt nur noch auf magere 7 % BAFA-Förderung. Die 20 % Förderung seien in vielen Fällen aber das Zünglein an der Waage gewesen, um einen Betreiber von einer kostenintensiveren, aber energetisch besseren und damit umweltschonenderen Anlagentechnik zu überzeugen. Dieses Argument falle nun weg. Warum Ammoniakanlagen doppelt so hohe Förderungen erhielten wie CO2-Anlagen, oder warum ein- und dieselbe Anlage bei einem Supermarkt viermal so viel Förderung erhalte wie bei einem Metzger, erschließe sich dem Fachmann ebenfalls nicht. Zumal der Supermarktbereich eigentlich gar nicht mehr gefördert werden müsse, weil die Betreiber eh schon auf natürliche Kältemittel und auf größtmögliche Energieeffizienz setzen würden. „Die BAFA-Förderung ist ein Thema, bei dem BIV und VDKF unter Beweis stellen können, dass sie gemeinsam etwas bewegen können“, konstatierte Heribert Baumeister. Man darf gespannt sein, ob er sich damit nicht auf ein zu schwieriges Parkett gewagt hat, um die Schlagkraft der „Bonner Stimme“ unter Beweis zu stellen.

Straße der Kälte – maritim

Der Verein Historische Kälte- und Klimatechnik e.V. (HKK, www.vhhk.org) hat es sich zur Aufgabe gemacht, historisch interessante Zeugnisse der Kälte- und Klimatechnik aufzuspüren, diese in der „Straße der Kälte“ zu dokumentieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit dem Objekt „Straße der Kälte – maritim“ sollen auch maritime Kälteanwendungen in den Fokus gerückt werden. Ein Highlight in diesem Zusammenhang ist die Dauerausstellung kältetechnischer maritimer Anwendungen im Schiffbaumuseum in Rostock. Zu den Ausstellungsgegenständen auf dem Schiff gehören u.a. eine Krabben-Kühlanlage von 1938 der Firma Glinde aus Neufeld, ein Sabroe-Verdichter „COM“ von 1942 von der Firma ProRef Ldt., Kellinghusen, und ein Schrauben-Verdichter „Typ Y“ (von ca. 1959 von der GEA Refrigeration Germany GmbH, ehemals KAB Berlin). Neben den Ausstellungsgegenständen gibt es diverse Schau- und Informationstafeln. Größte Aufmerksamkeit hat ein liegender Haubold-Verdichter von 1942 aus dem Fleischkontor in Flensburg, der auf dem Kai vor dem Traditionsschiff aufgebaut ist. Die Teilnehmer der BIV-Mitgliederversammlung hatten bei einer Museumsführung die Gelegenheit, auch die kältetechnischen Exponate zu begutachten. Die Innungsmitglieder aus Schleswig-Holstein, Klaus Oelrichs und Jürgen Christiansen, sind beide Förderer des HKK und haben maßgeblich dafür gesorgt, dass die historischen Kälteanlagen vor dem Verschrotten gerettet und für das Museum aufbereitet wurden. Als Dank für ihr Engagement wurde ihnen auf der Versammlung die bronzene Ehrennadel des BIV verliehen. Der Dank galt auch Dr. Wolfgang Lange, der sich intensiv für das maritime Kälteprojekt eingesetzt und die Versammlung in Rostock maßgeblich organisiert hat.

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