Zwei Hummeln im Krankenhaus

Absorptionskältemaschine für Klinikum in Spandau

Seit Mai 2014 wird das Vivantes Klinikum Spandau mit Kälte aus zwei Absorptionskälteanlagen (AKA) versorgt. Im Vergleich zu den bisher genutzten Kompressionskälteanlagen sollen die Energiekosten für die Kälteerzeugung langfristig sinken. Ausgangspunkt ist ein bundesweiter Feldtest an 15 Standorten zur Erprobung und Demonstration der AKA des Typs „Hummel“ und „Biene“.

In Kooperation mit der TU Berlin hat die BS Nova Apparatebau GmbH zwei thermische Kälteanlagen mit einer Nominalleistung von 50 und 160 kW entwickelt (siehe Abbildung 1). Die BS Nova Apparatebau GmbH ist Mitglied im vom BMWi geförderten Innovationsnetzwerk Kälteanlagen & Speichertechnik – INKaS. Im Berliner Krankenhaus wurden zwei Anlagen des Typs Hummel eingebaut.

Nutzung flexibler Volumenströme und Temperaturen

An Stelle eines elektrischen Verdichters ist bei AKA ein thermischer Verdichter bestehend aus Absorber und Austreiber (Generator) eingebaut. Die Antriebswärme kann beispielsweise aus einem Fernwärmenetz oder aus dem Kühlwasser-Kreislauf eines BHKWs stammen. Um eine optimale Anpassung der AKA „Hummel“ und „Biene“ an die jeweilige Wärmequelle zu garantieren, ist ein Anlagenbetrieb in einem Temperaturbereich von 55 bis 110 °C bei variierenden Volumenströmen möglich. Dadurch ist eine flexible Anpassung der Kälteanlage an das verfügbare Temperaturniveau und den Volumenstrom der Wärmequelle möglich. So führt eine Reduzierung des Nenn-Volumenstroms um ca. 35 % lediglich zu einer Minderung der Nenn-Kälteleistung von 10 %. Gleichzeitig erhöht sich die Temperaturspreizung zwischen dem Vor- und Rücklauf des Heißwasserkreislaufs. In Folge ist ein Teillastbetrieb der Kälteanlage neben der Absenkung der Vorlauftemperatur über die Absenkung der Rücklauftemperatur möglich. Diese anlagenspezifische Eigenschaft schafft ideale Voraussetzungen zur Kopplung mit modulierenden BHKW.

Einsatz trockener Rückkühlwerke & platzsparendes Design

Ein wesentlicher Schwerpunkt bei der konstruktiven Auslegung lag bei der gezielten Vermeidung von Wärmebrücken auf der Prozessseite. In Kombination mit dem neuartigen Wärmeübertrager-Layout kann der unerwünschte Wärmetransport zwischen den Funktionsgruppen wie z. B. Absorber und Verdampfer verhindert werden. Das ermöglicht die Nutzung von trockenen Rückkühlwerken mit Rückkühltemperaturen oberhalb von 45 °C. Sehr gute marktverfügbare Systeme konnten bisher bis ungefähr 40 °C zwar betrieben werden, hatten aber ab ca. 35 °C bereits mit sehr großen Einbußen beim COP zu kämpfen. Durch die Verschiebung dieses Grenzwerts kann die Absorptionskälteanlage in Mittel- und Nordeuropa mit trockenen Rückkühlwerken kombiniert werden.

Auf Grund des großen Platzbedarfes eignen sich die bisher am Markt verfügbaren Anlagen selten für einen nachträglichen Einbau in bestehenden Technikräumen. Die Kälteanlagen „Biene“ und „Hummel“ sind zweiteilig aufgebaut und ermöglichen die geteilte Einbringung. Die volumetrische Leistungsdichte liegt bei 35 kW/m³ und das spezifische Gewicht bei ca. 11 kg/kW.

Diese Kennwerte unterstreichen das platzsparende Anlagendesign.

Zwei Hummeln im Krankenhaus

Im Vivantes Klinikum Spandau werden die beiden „Hummeln“, abgesehen von Wartungen, im Verbund betrieben, da sie in dasselbe Kältenetz einspeisen und eine gemeinsame Kaltwasser-Umwälzpumpe nutzen (siehe Abbildung 2). Die Abdeckung der Kältespitzenlast erfolgt über einen Eisspeicher, welcher von einer Kompressionskälteanlage mit 400 kW Nennleistung versorgt wird. Die Abwärme der „Hummeln“ wird über trockene Rückkühler auf dem Dach durch Konvektion an die Umgebung abgegeben. Für die benötigte Wärme zur Verdampfung des Wassers in der Lithiumbromid-Mischung sind die neuen AKAs mit den drei bestehenden Blockheizkraftwerken mit jeweils 500 kW Abwärmeleistung in der Technikzentrale gekoppelt (siehe Abbildung 3). Die Schnittstelle sind drei Heißwasserspeicher mit jeweils 10 m³ Volumen. Gesteuert wird die gesamte Wärme- und Kälteversorgung durch die zentrale Gebäudeleittechnik, die ebenfalls an die neuen Bedingungen angepasst werden musste. Ziel war, neben einem weiteren Test der Absorptionskälteanlage, die BHKW-Auslastung zu steigern und zu glätten. Da die Rückkühlwerke vor der Installation der AKAs für die Kühlung der BHKWs eingesetzt wurden, ist ein betriebssicherer Wärmeübergang vom Kühlkreislauf des BHKWs auf den Heißwasserkreislauf der AKAs notwendig. In Folge durften die Rücklauftemperaturen des von den Kälteanlagen kommenden Heißwassers nicht den Grenzwert von 70 °C überschreiten. Ansonsten besteht die Gefahr einer Notabschaltung für die BHKWs.

Letztendlich fungiert der AKA-Verbund als Bindeglied zwischen den zuvor unabhängigen Heiß- und Kaltwassernetzen. Dieser Sachverhalt wurde in der zentralen Gebäudeleittechnik über die Integration einer neuen Schnittstelle zur Regelung der Kälteanlagen berücksichtigt.

Ergebnisse des Demonstrationsbetriebs

Die Umfunktionierung der Bestandsnotrückkühlwerke und deren Hydraulik zur Kühlung der Kondensatoren und der Austreiber von den einzelnen AKAs verlief erfolgreich. Zudem konnte in über 12.000 Betriebsstunden die Vorgabe bzgl. der Eintrittstemperatur von 70 °C für die BHKWs nahezu durchgehend eingehalten werden. Das Verhältnis von abgegebener Kälteleistung zu aufgenommener Heizleistung (COP) betrug in dieser Demonstrationsphase ab einer Kälteleistung von 60 kW pro Anlage über 0,7 und konnte fast 0,8 erreichen.

Gemäß den kontinuierlich gemessenen Betriebszuständen konnte das Ziel der Steigerung der Betriebsstundenanzahl der BHKWs und des KWK-Stromanteils erfolgreich umgesetzt werden.

Während des Betriebs ist der Grenzwert für die heißwasserseitige Austrittstemperatur aus den AKAs in über 95 % der Betriebszeit um weniger als 1 K überschritten worden.

Das INKaS-Netzwerk

BS Nova, der Hersteller der Absorptionskältemaschine, gehört zum Innovationsnetzwerk Kälteanlagen und Speichertechnik, kurz „INKaS“. 14 mittelständische Unternehmen, der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. (AGFW) und die Forschungseinrichtung ttz Bremerhaven e.V. haben sich zu diesem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Netzwerk zusammengeschlossen. Sie möchten Anwender und Kommunen bei der Planung und Umsetzung neuer Anlagentechnologien unterstützen. Dazu bietet INKaS unter anderem ein kostenfreies Energieaudit zur Identifizierung der Energieeinsparpotenziale in Betrieben, ein gefördertes Technologiekonzept unter Berücksichtigung neuester Technologien und unterstützt Unternehmen bei der technischen Umsetzung und Recherche geeigneter Investitionskostenzuschüsse.


Spezialisiert hat sich das Netzwerk auf Kältetechnik und Energieerzeuger, Lastmanagement, Energiespeicher und Versorgungstechnik. In diesen Bereichen finden aktuell mehrere Entwicklungsprojekte statt. So zum Beispiel ein Batteriepoolkonzept zur Vermarktung von Primärregelenergie, ein Hocheffizienz-Lüftungsgerät mit gesteigertem Wärmerückgewinnungsgrad und ein nachrüstbares Wärmerückgewinnungssystem für Holzkessel.

 
Weitere Informationen finden Sie unter: www.inkas-netzwerk.de
Kontakt:

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