Ein unbekannter Held der Kältetechnik
Was man bei Recherchen so alles findet. Allseits bekannt ist inzwischen der Welttag der Kältetechnik, der „World Refrigeration Day“ (WRD) am 26. Juni. Seit 2019 begeht die Branche den Geburtstag des britischen Physikers William Thomson bzw. 1. Baron Kelvin oder kurz Lord Kelvin, um die Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik in der breiten Öffentlichkeit stärker ins Bewusstsein zu rücken. Übrigens dürfte es in zwei Jahren zum 200. Geburtstag von Lord Kelvin einen besonderen WRD geben.
In diesem Jahr feiert jedoch der „Kältekönig“, wie er vom Deutschlandfunk schon betitelt wurde, Carl von Linde seinen 180. Geburtstag, und zwar schon am 11. Juni. Klar, den Briten, die im Übrigen lieber Geburtstage als Todestage feiern, ist freilich ihr Baron näher, aber den deutschen Vater der Kältetechnik können wir bei dieser Gelegenheit auch hochleben lassen.
Bei den Recherchen zu diesen Feiertagen bin ich allerdings noch auf einen Namensvetter von Herrn Thomson gestoßen, der doch eher unbekannt ist: Oder wissen Sie, wer Wilhelm Carl Raydt ist? Sein Geburtsdatum wird von manchen Quellen ebenfalls im Jahr 1842 gesehen, was aber wohl doch nicht stimmt. Man geht eher davon aus, dass er am 1.2.1843 im damaligen Königreich Hannover in Lingen geboren wurde, also doch erst im nächsten Jahr seinen 180. feiert. Das Schöne daran ist, dass es also in jedem Jahr einen runden Geburtstag in der Branche zu feiern gibt.
Aber was hat Herr Raydt mit unserer Branche zu tun? Zunächst einmal sei auf einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 1880 verwiesen: Der „[...] Erfinder Dr. Rhaidt beabsichtige, [... flüssige Kohlensäure] in Flaschen zu füllen und zum Bierausschank zu verwenden“, war dort zu lesen – eine inzwischen durchaus geläufige Anwendung im Brauereihandwerk, dem sich die Kältebranche seit jeher eng verbunden fühlt.
1884 erhielt Raydt jedoch das britische Patent Nummer 15475 für ein „compression ice-making system using carbon dioxide“! Ein Jahr später entstand nach seinen Angaben in den Werken des Essener Unternehmers Friedrich Krupp die erste mit CO2 betriebene Eis- und Kältemaschine. Zwar brachte die Firma Rommenhöller & Co. mit Sitz in Rotterdam im Jahr 1886 die Patente Raydts zu Fall, sodass nun auch weitere CO2-Unternehmen entstehen konnten, dennoch kann man ihn als Vater der CO2-Kältemaschine bezeichnen. Damit rückt sein Ehrentag vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Branche wieder mehr in den Vordergrund. Man wird sich fürderhin vielleicht etwas öfter an ihn erinnern.
Ihr KKA-Chefredakteur
Matthias Schmitt