Kühlwasser-Desinfektion ohne Einsatz von Gefahrstoffen

Wasserhygiene in Produktionsprozessen

Die Unternehmensgruppe Fischer hat ihre Kühlwasser-Desinfektion in Kühltürmen und im Maschinenkreislauf auf ein umweltfreundliches Verfahren umgestellt. Bei der Sicherstellung von keimfreiem Prozesswasser setzt das Unternehmen für Befestigungstechnik auf ein Elektrolyse-Verfahren, das zur Desinfektion lediglich Salz, Wasser und Strom benötigt. Das Desinfektionsmittel auf Basis einer Natriumchlorid-haltigen Sole ersetzt den bisherigen Einsatz und die Lagerung von Gefahrenstoffen im Betrieb.

Am Standort Tumlingen produziert der Hersteller neben den bekannten Fischer-Dübeln eine Vielzahl weiterer Befestigungsprodukte. Dutzende Spritzgussmaschinen stehen hierfür in den Produktionsstraßen der Werkshallen in Waldachtal. Um das benötigte Produkt herzustellen, fließt im Falle von Dübeln flüssiger Kunststoff in die jeweils individuelle Form. Ist diese gefüllt, wird der Kunststoff durch Abkühlen der Form ­gehärtet.

Ein Teil der Abwärme der Maschinen wird bei Fischer seit vielen Jahren mittels Wärmepumpen für das Heizen der Betriebsgebäude und die Warmwasserbereitung genutzt. Dazu wurde eigens ein unterirdisches Wasserreservoir mit zwei Kammern als Warm- und Kaltwasserspeicher mit jeweils 500 m³ Fassungsvermögen angelegt. Trotz dieser Maßnahmen kann nicht die gesamte Abwärme aus den unterschiedlichen Produktionsprozessen genutzt werden. Ein Teil des Kühlwassers muss über Verdunstungskühltürme gekühlt werden.

Biofilm-Ablagerungen drosseln Leistung

Die hygienetechnische Herausforderung besteht darin, Maßnahmen zu treffen, um eine so große Menge Wasser zu speichern und frei von gesundheitsbeeinträchtigenden Verunreinigungen zu halten. „Sobald Wasser stagniert und sich erwärmt, steigt das Risiko der Keimvermehrung und der mikrobiologischen Kontamination“, erklärt dazu Volker Fischer, Geschäftsführer der Innowatech GmbH aus Empfingen in Baden-Württemberg.

„In allen wasserführenden Leitungen und Geräten, wie etwa Wärmeübertragern, kann sich zudem verstärkt Biofilm ablagern. In vielen Wassersystemen, werden dafür Desinfektionsmittel wie Peressigsäure, Wasserstoffperoxid, Chlorbleichlauge oder Chlordioxid hoch dosiert eingesetzt, um die Keimvermehrung zu verhindern. Der Aufbau von Biofilm lasse sich mit diesen Mitteln nur eingeschränkt oder meist gar nicht reduzieren“, so Fischer weiter.

Dies kann auch Frank Illhardt bestätigen. Er ist Leiter der Gebäudetechnik der Unternehmensgruppe und seit 23 Jahren bei dem Dübel-Produzenten beschäftigt. „Der Biofilm ist eine starke Beeinträchtigung. Die Ablagerungen drosseln die Leistung der Wärmeübertrager und erhöhen so die Stromkosten. Das kostet den Betrieb Jahr für Jahr bares Geld,“ erklärt Illhardt. Auf der Suche nach einer Lösung, erfuhr Illhardt über die Fachpresse, von einem Unternehmen, das sich auf nachhaltig-sanfte Wasserdesinfektion spezialisiert hat.

Hypochlorige Säure verhindert Keimvermehrung

Die Innowatech GmbH (Innowatech steht für Innovative Wassertechnologien) arbeitet bei ihren Desinfektionsverfahren mit Mem­branzellen-Elektrolyse. Dabei wird aus Wasser, Kochsalz und Strom vor Ort vollautomatisch mittels einer sogenannten Aquadron-Anlage eine leichte Kochsalzlösung produziert, welche dann durch Elektrolysezellen geleitet und neu strukturiert wird. Das Wasser (H2O) und das Kochsalz (NaCl) werden zu hypochloriger Säure (HOCl) und Natriumhypochlorit (NaOCl). Diese Bestandteile ergeben das Produkt „Anolyte“.

Die hypochlorige Säure (HOCl) verhindert die Vermehrung von Bakterien, Viren und Pilzen. Zusätzlich reduziert sie die Bildung von Biofilm bereits in sehr geringer Konzentration. Dadurch verlieren Legionellen, Pseudomonaden, Coliforme, E.Coli, Salmonellen, Listerien usw. ihren schützenden Lebensraum und ihre Nahrungsquelle. Das angewendete Verfahren desinfiziert das Wasser im Wasserreservoir und den verbundenen kilometerlangen Rohrleitungen und verhindert dort die Keimvermehrung sowie den Aufbau von Biofilm im gesamten Wassersystem.

Seit 2022 arbeitet die Unternehmensgruppe Fischer mit dem auf Wasserdesinfektion spezialisierten Unternehmen zusammen. „Seit vielen Jahren setzen wir auf nachhaltiges Wirtschaften. Die Kühlwasserdesinfektion mit herkömmlichen Desinfektionsmitteln war aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß“, so Illhardt und deutet auf die Schaugläser direkt an den Spritzgussanlagen in der Produktionshalle hin. Dort ist das Kühlwasser im Maschinenkreislauf, das früher trübe war, inzwischen klar und sauber. Algenwachstum, das teilweise wegen des Lichteinfalls durch den Glaskörper auftrat, ist jetzt nicht mehr zu beobachten.

In den Maschinenkreis wird Anolyte aktuell noch volumenproportional zur Frischwassernachspeisung dosiert. Zukünftig soll die Dosierung, wie beim Kühlwasser des Verdunstungskühlturms, jedoch über ein Multi-Mess-Center gesteuert werden. Das Multi-Mess-Center hat die Aufgabe, den Wirkstoffgehalt im Kühlwasser 24 Std./Tag zu messen, zu überwachen und zu dokumentieren. Dafür wurde der Gehalt im Kühlwasser auf eine permanente Wirkstoffkonzentration von 0,15-0,2 mg/l eingestellt.

So können bei der Absalzung des Kühlwasserkreislaufs keine erhöhten adsorbierbaren organisch gebundene Halogene (AOX) und keine hohen chemischen Sauerstoffbedarf-Werte (CSB) im Abwasser mehr auftreten. Regelmäßige Stoßdesinfektionen mit hohen Wirkstoffkonzentrationen sind bei diesem Verfahren nicht erforderlich. Die eingestellten Konzentrationsobergrenzen liegen zudem innerhalb der Grenzwerte die in Trinkwasser erlaubt sind. Überhaupt ist das angewandte Verfahren für die Behandlung von Trinkwasser gemäß § 20 der Trinkwasserverordnung 2023 zugelassen. Durch den Einsatz des Verfahrens konnte inzwischen ein erhöhter Legionellen-Befund in einem wenig genutzten Warmwassersystem auf dem Betriebsgelände beseitigt werden.

Nachhaltiges Wirtschaften als ­Zielkriterium

Für Anwender in Industrie, Gewerbe, Kliniken und Wasserwerken ist das Verfahren interessant, weil es ohne Salzsäure und Lauge auskommt und dadurch die Lagerung von Chemiefässern entfällt. Zu den weiteren Vorteilen dieses Desinfektionsverfahrens gehören die Einsparpotenziale bei Lagerhaltung und Betriebskosten. Das Biozid Anolyte wird dort hergestellt, wo es verwendet wird. Dadurch fallen keine Transportkosten für Gefahrstoffe an. Zum Einsatz kommt Natriumchlorid, also Kochsalz in Form von handelsüblichen Salztabletten.

Durch den geringen Salzanteil (0,4-0,5 %) und durch Anlegen einer geringen Spannung an Anode und Kathode, sind die Betriebskosten zur Herstellung der hypochlorigen Säure sehr gering. „Neben den Umweltaspekten war für uns auch das Einsparpotential ein entscheidender Faktor. Denn im Vergleich zur alten Anlage, sparen wir übers Jahr rund 18.000 Euro allein an der Chemie“, so Illhardt, „Unser Ziel ist es, nachhaltig zu wirtschaften, also achten wir darauf, weniger Chemie einzusetzen. Wenn wir von einer neuen Anlage überzeugt sind, dann sehen wir im Sinne nachhaltigen Wirtschaftens zuerst den Effekt.“

„Die Entscheidung auf das neue Verfahren umzustellen ist uns aus mehreren Gründen leichtgefallen“, so Illhardt, „auch unser Kühlwasser im Kühlturm haben wir bis vor der Umstellung konventionell, mit organischen Bioziden, behandelt. Da diese Korrosion verursachen können, mussten wir regelmäßig eine große Menge an Korrosionsschutzmittel zugeben.“ Der Transport, die Lagerung und das Handling dieser Gefahrstoffe sei schwierig gewesen. Die betreuenden Mitarbeiter mussten Schutzkleidung tragen und regelmäßige Sicherheitsschulungen waren unabdingbar.

Fazit

Das weltweit agierende Unternehmen für Befestigungstechnik nutzt zur Sicherstellung von keimfreiem Prozesswasser in seinen Produktionsanlagen ein Elektrolyse-Verfahren, das zur Desinfektion lediglich Salz, Wasser und Strom benötigt. Das Desinfektionsmittel auf Basis einer Natriumchlorid-haltigen Sole wurde zunächst zur Behandlung von Kühlwasser im Kühlturm eingesetzt. Seit kurzem kommt es auch im Maschinenkreislauf zum Einsatz. Darüber hinaus dient es dazu, Legionellen aus den Trinkwassersystemen fernzuhalten. Da alle Gefahrstoffe, deren Transport, Lagerung und Handling zuvor für den Erhalt der Wasserqualität notwendig waren, durch Kochsalztabletten ersetzt wurden, konnten zusätzlich die Arbeitssicherheit erhöht und die Betriebskosten gesenkt werden.

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