NK-Anlagen mit R-454C

Praxiserfahrungen eines Fachbetriebs mit A2L-Kältemitteln

Baxter ist ein weltweit operierendes Unternehmen in den Bereichen Pharma­industrie und Medizintechnik. Die Anforderungen an Logistik und Lagerung der hochwertigen Produkte sind entsprechend hoch. Bereits im Jahr 2021 wurden die bestehenden Tiefkühlsysteme altersbedingt ausgetauscht. Die alten Anlagen, welche bis dahin noch mit dem Kältemittel R-404A betrieben wurden, sollten durch eine effiziente und umweltfreundliche Alternative ersetzt werden. Die Entscheidung fiel auf drei Anlagen (eine davon redundant) mit dem Kältemittel R-454C inkl. Wärmerückgewinnung. Durch die vorhandene Redundanzanlage und der Notstromversorgung ist ein Betrieb auch im Fehlerfall gewährleistet. Das Fazit nach ca. zwei Jahren hätte nicht positiver ausfallen können. Die Anlagen laufen störungsfrei und zuverlässig (https://t1p.de/KKA5-23Baxter21). Dieses Anlagenkonzept sollte jetzt auch in den bestehenden NK-Lagern umgesetzt werden.

Auch hier fiel die Wahl nach gründlicher Abwägung auf das A2L-Kältemittel R-454C, im Wesentlichen aus folgenden Gründen: Zum einen konnten beim Austausch der TK-Anlagen positive Erfahrungen mit dem A2L-Kältemittel gesammelt werden. Auch die Überlegung, sämtliche Anlagen mit dem gleichen Kältemittel betreiben zu können, macht die langfristige Betreuung leichter. Außerdem liegt der GWP mit 148 knapp unter der zu erwartenden Grenze von 150.

Diese Überlegungen wurden schon lange vor der aktuellen Anpassung der F-Gase-Verordnung ausgiebig besprochen. So hat man sich schließlich für diese langfristige Lösung entschieden. Kurzfristige Alternativen wären auf den ersten Blick vielleicht günstiger gewesen, aber eben nur auf den ersten Blick. Seltsamerweise war die Kältemittelthematik in den letzten beiden Jahren bei vielen Kollegen aus dem Bewusstsein verschwunden. Aber die Taktik des Verdrängens bringt unsere Branche nicht weiter. Wir müssen jetzt handeln und niedrig GWP-Kältemittel einsetzten, wo möglich und sinnvoll auch über die Abwärmenutzung nachdenken und diese mit in die Anlagenkonzepte integrieren. Über Wege und Möglichkeiten kann man sicher unterschiedlicher Meinung sein, nur gar nichts verändern, wird uns bei der Bekämpfung der Klimakatastrophe nicht helfen. Jede Einsparung von Treibhausgasen hilft. Effiziente System helfen nicht nur Betreibern dabei, Emissionen und Kosten einzusparen, sie ermöglichen es auch, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Örtliche Gegebenheiten

Die Logistik vor Ort konnte durch eine vorausschauende Planung die betroffenen Lagerflächen rechtzeitig freiräumen. Dadurch war es möglich, die Montagearbeiten bei normalen Raumtemperaturen auszuführen. Eine der wenigen Herausforderungen war allerdings die Deckenhöhe von fast 8 Meter.

An den Verdampfern wurden Textilschläuche angebracht, um eine möglichst gleichmäßige Luft- und Temperaturverteilung zu ermöglichen. Auch die betroffenen Angestellten im Lager profitieren von den geringen Luftgeschwindigkeiten.

Um künftige Servicearbeiten zu erleichtern, wurden die elektronischen Expansionsventile und zusätzliche Schauglässer auf den Decken der Kühlzellen montiert. Der Zugang ist im laufenden Betrieb dadurch wesentlich einfacher möglich.

Die Verflüssiger wurden an der Außenwand direkt neben dem Maschinenraum der Verdichter angebracht. Positiv kommt hinzu, dass sich diese Wand auf der nördlichen Seite des Gebäudes befindet, wodurch auch bei hohen Außentemperaturen die Verflüssigungstemperatur in vernünftigen Bereichen gehalten werden kann.

Alle Verdichter, Sammler und Schaltschränke wurden im Maschinenraum untergebracht, um die Servicearbeiten zu erleichtern, da alle wichtigen Komponenten in Sichtweite und bequem erreichbar sind. Zuvor waren Aggregate teilweise im Freien aufgestellt. Das ist zwar bei der Montage zunächst der einfachere Weg, aber, um vom Schaltkasten zum Verdichter zu gelangen, musste damals erst eine Strecke von mehreren hundert ­Metern mit zwei Treppen zurückgelegt werden. Da wird die Störungssuche schnell mal zur sportlichen Herausforderung.

Danfoss Regler, Systemmanager, Einbindung IQ-Modul und Eingangsmodule

Als Kühlstellen- und Überhitzungsregler ­haben sich bei den TK-Anlagen die AK-CC55 Regler in der Praxis bewährt, weshalb es keine Frage war, diese auch für die neuen NK-Anlagen zu verwenden. Die Bedienung über das zusätzliche bluetooth-Display ist wirklich komfortabel und intuitiv. Zeitaufwändiges Einlesen in Parameterlisten und Anleitungen entfällt, was den Mehrpreis zumindest teilweise ausgleicht.

Ein weiteres Auswahlkriterium war der gewünschte Fernzugriff. Bei medizinischen Produkten spielt die Reaktionsschnelligkeit im Störungsfall eine wichtige Rolle, weshalb ein Blick vom Servicebüro auf die Anlagen eine Voraussetzung für kundenorientiertes Arbeiten ist. Über den Systemmanager von Danfoss konnten (nach einigen Gesprächsrunden) auch Bauteile anderer Hersteller in das Modbus-Netzwerk mit eingebunden werden. Knut Schlicht von Danfoss war bei der ersten Einrichtung sehr hilfsbereit. So kann der Betriebszustand des Verdichters über das Bitzer IQ-Modul abgefragt werden. Auch Eingangsmodule, z.B. für externe Meldungen, sind eingebunden. In unserem Fall sendet der Systemmanager eine E-Mail, z.B. das Ansprechen des installierten Gaswarngerätes, an hinterlegte Empfänger. Solche übergreifenden Verknüpfungen helfen uns nicht nur bei der schnellen Störungsbehebung, sondern sind langfristig vielleicht ein wichtiger Baustein in Zeiten des ­Fach­kräftemangels.

A2L-Kältemittel

Natürlich sind bei der Auswahl des Kältemittels auch die möglichen Gefahren durchdacht worden. Es ist allgemein bekannt, dass A2L-Kältemittel unter Umständen brennbar sein können. Aber gerade bei R-454C sind die Gefahrenpotenziale durchaus überschaubar:

langsame Flammenausbreitung
(FA = 1,6 cm/s)

hohe benötigte Zündenergie
(300-1000 mJ)

kleiner Entzündbarkeitsbereich von 7,3 % (Entzündbarkeitsbereich OEG
15 – UEG 7,7 [Vol.-% in Luft])

(Quelle: Chemours Vortrag 2023)

Entspannter wird die Lage, wenn die betreffenden Räume groß genug sind. Im Speditionslager bei Baxter sind die Gegebenheiten entsprechend großzügig. Einzig im Maschinenraum könnten die Grenzwerte überschritten werden. Deshalb wurde dort ein Gassensor eingebaut, der im Leckagefall einen Alarm meldet und die vorhandene Abluftanlage in Ex-geschützter Ausführung automatisch startet.

Der handwerkliche Umgang mit R-454C unterscheidet sich kaum von den (bisherigen) so genannten Sicherheitskältemitteln. Im Klimabereich ist der Umgang mit A2L-Kältemitteln nahezu alltäglich geworden, die Sicherheitsmaßnahmen sind den Angestellten bekannt und in der Umsetzung vertraut. Somit unterscheiden sich die Arbeiten kaum von der klassischen Kältetechnik. Materialien, Drucklagen und Werkzeuge ändern sich nicht. In Bezug auf das Kältemittel war Dominic Düing von Chemours ein hilfreicher und aufgeschlossener Ansprechpartner.

Verständlicherweise löst der Begriff der Brennbarkeit bei vielen Menschen Ängste aus, die sich durch gute Beratung sicherlich reduzieren lassen. Eine Gefährdungsbeurteilung sollte in jedem Fall erstellt werden, auch um mögliche Gefahren, z.B. durch Routine nicht zu vernachlässigen.

Herausforderungen

Bei den Planungsgesprächen stellte Jochen Tohol, als technischer Leiter vor Ort, noch die berechtigte Anforderung, Anlaufstromspitzen möglichst zu vermeiden. Diese belasten einerseits das vorhandene Notstromaggregat, andererseits machen sich solche Anlaufspitzen vor allem auf der Abrechnung mit dem Energieversorger besonders bemerkbar, da solche Peaks oft teuer bezahlt werden müssen. Also wurden nicht nur für die neuen Verdichter Frequenz­umrichter eingeplant, sondern auch bei den bestehenden TK-Anlagen nachgerüstet. Das beseitigt nicht nur die hohen Anlaufströme, sondern hilft zusätzlich, die Anlagen effizienter betreiben zu können.

Als größte Herausforderung stellte sich, im Nachhinein betrachtet, die Planung des Schaltschranks heraus, da es viele Eventualitäten mit einzubeziehen galt. Alle Räume mit Redundanz, Notstrombetrieb, FU, örtlichen Sicherheitsmaßnahmen und Meldungen, automatischer Umschaltung im Störungsfall usw. in einem Schaltschrank unterzubekommen, war auch aus Platzgründen nicht ganz einfach. Auch hier gilt, sich genug Zeit für die Planung der Anlagen und Gegebenheiten zu nehmen. Die kältetechnische Planung hat Lutz Riedel von Frigotechnik Nürnberg von Anfang an begleitet und auch alle Anpassungen geduldig mit umgesetzt.

Die Inbetriebnahme selbst war dann wieder die vertraute, klassische Kältetechnik mit Dichtigkeitsprobe, Funktionstest und Datenaufnahme. Der neugierige Blick auf aktuelle Betriebsdaten kann jetzt auf die Schnelle vom Servicebüro getätigt werden, ohne ins Auto steigen zu müssen. Das ist, ehrlich gesagt, ein schönes Gefühl und macht Lust auf mehr.

Technische Daten

Kältemittel R 454C
Kälteleistung je Verdampfer 14 KW
Verdampfungstemperatur -4°C
Raum-Solltemperatur +4°C


2 Einzelanlagen, jeweils mit
- 1 Kompressor, leistungsgeregelt
- 1 Verdampfer mit EEV


1 Redundanzanlage, mit
- 1 Kompressor, leistungsgeregelt
- 3 Verdampfern mit EEV

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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