Was Ventilatoren alles aushalten

Im neuen Erprobungszentrum stellen die Entwickler von ebm-papst ihre Ventilatoren auf eine harte Probe

Ventilatoren unterliegen während der gesamten Betriebszeit einer Vielzahl an Umwelteinflüssen, die Lebensdauer, Leistungsfähigkeit und das Langzeitverhalten beeinflussen. ebm-papst führt im neuen, betriebseigenen Erprobungszentrum am Standort Mulfingen-Hollenbach umfassende Tests durch, um mögliche Schwachstellen entlang des gesamten Produktentstehungsprozesses auszuschließen und Kunden ein Produkt zu bieten, das allen Ansprüchen an Qualität sowie Effizienz entspricht und auch den härtesten Einsatzbedingungen im Feld gerecht wird.

Seit jeher prüft der Motoren- und Ventila­torenspezialist ebm-papst mit Standarddauer- und End-of-life-Tests Ventilatoren und deren Komponenten, wie Motor oder Laufrad. Mit der Zeit haben sich die Anforderungen an die Qualifizierung verändert: Durch die Entwicklung der DC- und EC-Technik kam die Elektronikqualifizierung dazu, anschließend Temperaturwechsel- und Klimatests für Outdoor-Applikationen. „Unser Ziel ist es, die Effekte von Umwelteinflüssen auf die Ventilatoren zu erkennen und festzustellen, ob und wie sie sich auf die Lebensdauer auswirken. So erkennen wir neuralgische Stellen deutlich schneller als im Feld. Deswegen arbeiten wir nicht mit sterilen Labortests, sondern ‚realen‘ Umwelteinflüssen“, erklärt Erich Kemmer, Gruppenleiter Umweltsimulation & Erprobung bei ebm-papst.

Unter Umwelteinflüssen versteht man alle Formen der physikalischen, chemischen oder sonstigen Einwirkung. Das sind unter anderem Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Salznebel, Vibration – sowohl natürlichen als auch zivilisatorischen Ursprungs. Wasser wirkt auf natürlichem Weg beispielsweise durch Niederschlag auf einen Ventilator ein, zivilisatorisch durch den Einsatz des Ventilators in einer Wasch­anlage. Mit Methoden der Umweltsimulation untersucht ebm-papst die Wechselwirkungen zwischen Ventilatoren und deren Komponenten und ihrer Umwelt. Ziel ist es, zu erfassen, wie sie sich auf Leistungsfähigkeit und Funktionsverhalten sowie Langzeitverhalten bzw. Lebensdauer auswirken.

„Dafür gibt es eine Vielzahl an standardisierten Prüfabläufen und Testeinrichtungen. Zusätzlich haben wir auch eigene Verfahren wie kombinierte Belastungstests entwickelt“, so Kemmer. Die Prüfkammern befinden sich seit 2022 zentralisiert im neuen Erprobungszentrum im Werk in Mulfingen-Hollenbach. Alle Neuentwicklungen sowie neue Baugrößen bereits bestehender Ventilatoren oder Motoren durchlaufen während der Produktentwicklung diese Kammern. Zu Beginn finden allgemeine Eingangsprüfungen statt, es folgen Komponentenprüfungen, Prüfungen der Bedingungen bei Lager und Transport, Zusatz- und Lebensdauer- und zum Schluss Ausgangsprüfungen. Diese sind unterteilt in die Prüffelder Schock und Vibration, Klima, Radfestigkeit, Schleuder- und Zyklustest, IP-Schutzart (Wasser), Salznebel und drei beschleunigte Lebensdauertests. Es dauert mindestens ein halbes Jahr, bis die Ventilatoren all diese Stationen absolviert haben – und dabei kontrolliert an und über die Belastungsgrenzen gebracht wurden.

Prüffeld Schock, Vibration, Klima

Die Lagerung und der Transport von ­Ventilatoren können die Lebensdauer bereits vor der Inbetriebnahme beim Kunden beeinflussen. Im Prüffeld Schock und Vibration simuliert ebm-papst die Belastungen durch einen Transport per Bahn, Lkw, Schiff oder Flugzeug. Dafür werden die Ventilatoren auf einen Prüftisch montiert, der unterschiedlich starke, anhaltende Schwingungen und zudem einzelne Schockimpulse abgibt, die im echten Einsatz beim Verladen oder Herunterfallen von einem Stapler entstehen könnten. Die Anlage regelt die Amplitude und Frequenz der Vibration sowie die Stärke, Länge und Anzahl der Stöße standardisiert nach einem exakt definierten Ablaufplan.

Neben Schock und Vibration spielen beim Transport zudem Temperaturschwankungen eine wichtige Rolle. Dazu verfügt das Erprobungszentrum über mehrere, unterschiedliche Klimaschränke, in denen die Temperatur zwischen -70 bis + 180 Grad Celsius und die Luftfeuchtigkeit zwischen 10 und 98 Prozent variiert.

Mit einem Temperaturschockschrank können extrem schnelle Temperaturwechsel simuliert werden. Diese Prüfung ist speziell bei Komponenten aus Materialverbindungen wie Metall und Kunststoff wichtig, weil er die unterschiedliche Ausdehnung der verschiedenen Werkstoffe prüft und aufzeigt, ob bei Temperaturwechseln Schwachstellen oder Brüche entstehen können.

Prüffeld Radfestigkeit, Schleuder- und Zyklustest

Diese drei Komponententeststationen testen die maximale Betriebs- und Zerstörungsdrehzahl von Kunststoff- und Metall­laufrädern. Bei Kunststofflaufrädern werden in den Prüffeldern Radfestigkeit und Schleudertest das „Wachstum“ des Materials untersucht. Kunststoff ist ein fließendes Material. Durch den sich drehenden Ventilator entsteht eine Zentrifugalbelastung auf die Flügel des Laufrads und der Kunststoff beginnt, sich auszudehnen. Dieses Wachstum darf einen gewissen Wert nicht überschreiten, damit der Luftspalt zwischen Laufrad und Gehäuse in einem möglichst idealen Bereich bleibt und der Kunde auch nach langer Betriebsdauer einen effizienten und leisen Ventilator hat.

Bei Metalllaufrädern wird der Schleuder- und Zyklustest angewandt. Hier liegt der Fokus auf der Simulation von Start- und Stopp-Zyklen, da bei Metallrädern durch häufiges Hoch- und Herunterfahren eine zunehmend starke Belastung auf die Verbindungen entsteht. Ebenso wichtig ist die maximale Betriebsdrehzahl, die bei beiden Arten von Laufrädern über längere Zeit gefahren wird. Damit wird in kurzer Zeit eine lange Betriebsdauer abgebildet und qualifiziert. Dabei hat ebm-papst strenge ­Richtlinien, was die Laufräder aushalten müssen.

Prüffeld Schutzart IP-Code (Wasser)

Der Schutzart-Test IP-Code ist standardisiert und qualifiziert den Schutz von Gehäusen, bspw. der Elektronik, unter anderem gegen das Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit. ebm-papst führt Tests nach IP-Standard IP X3 (Sprühwasser), X4 (Spritzwasser), X5 (Wasserstrahl), X6 (Druckwasserstrahl) und X9K (Flachstrahldüse) durch. „Viele unserer Kunden legen sehr viel Wert auf den IP-Standard“, sagt Erich Kemmer. „Aber die bilden aus unserer Sicht ‚nur‘ die Belastung mit Wasser über einen bestimmten Zeitraum ab. Wir testen unsere Produkte daher zusätzlich mit den Langzeitklimatests: Wir fügen zusätzliche Belastungen wie gefrierende Feuchtigkeit hinzu. So testen wir die Produkte wirklich auf Herz und Nieren.“

Prüffeld Salznebel

In der Prüfkammer werden die Ventilatoren über einen längeren Zeitraum künstlichem Salznebel ausgesetzt. Hier geht es aber nicht darum, eine reale Belastung mit salzhaltiger Luft nachzubilden. Damit wird die Qualität der Beschichtungen untersucht und ausgeschlossen, dass die chemischen Einflüsse zu Korrosion und damit einem Fehlverhalten des Ventilators führen, indem beispielsweise Dichtungen unterwandert werden und dadurch Feuchtigkeit in den Ventilator eindringt.

Prüffeld Beschleunigte Lebens­dauertests

Ventilatoren sollen viele Jahre zuverlässig arbeiten. Um ein ganzes Produktleben sozusagen in Zeitraffer simulieren zu können, kombinieren die beschleunigten Lebensdauertests mehrere Belastungsarten. So läuft ein Ventilator im Feld beispielsweise bei 20 bis 40 Grad Umgebungstemperatur und zwischen 20 und 70 Prozent seiner Leistung. Beim ersten der beschleunigten Lebensdauertests wird er mit maximaler Leistung und maximal zulässiger Umgebungstemperatur betrieben. So bildet ebm-papst ein Standardbelastungsprofil von mehreren Jahren in kürzerer Zeit ab und qualifiziert die Mindestproduktlebensdauer.

Anschließend folgen die beiden Temperatur-Wechsel-Regen-Tests (TWR) H1 und H2, die von ebm-papst über Jahrzehnte selbst entwickelt wurden. „Aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung wussten wir, wo mögliche Schwachstellen liegen könnten und wollten genau diese mit den Prüffeldern austesten“, so Kemmer. H1 und H2 sind Langzeittests, die die Beständigkeit gegenüber klimatischen Belastungen im Betrieb prüfen. Dabei durchlaufen Komplettgeräte im Serienzustand über einen Zeitraum von 6 Monaten pro Tag fünf Temperaturzyklen. Beim TWR H1 kommt eine Kondensation ohne direkte Beregnung hinzu, beim H2 werden die Ventilatoren zusätzlich direkt beregnet.

Digitale Lösungen helfen bei der Analyse

Mit den IntelliGate Gateways von ebm-papst neo loggen die Entwicklungsingenieure Parameter (wie z.B. Drehzahl, Leistung, Temperaturen usw.) der Prüflinge als auch der Prüfanlagen in Echtzeit mit. Diese Daten werden in einer Cloud gesichert und können jederzeit abgerufen werden. Es besteht ferner die Möglichkeit, diese Werte automatisiert auf Abweichungen von den Vorgaben zu prüfen, um entsprechende Alarmmeldungen zu generieren. In einem nächsten Integrationsschritt werden diese Daten am Testende automatisch dokumentiert und abgelegt.

Auf Herz und Nieren geprüft

Mehrere hundert Ventilatoren und ­Komponenten durchlaufen das Erprobungszentrum im Jahr. Und dabei bestehen nicht alle die extremen Prüfungen: „Unser Know-how hilft uns dabei, die neuralgischen ­Stellen zu erkennen und genau diese bis zur Belastung zu prüfen – die Ergebnisse können daher gar nicht immer positiv sein“, betont Erich ­Kemmer. „Was unseren strengen Anforderungen nicht entspricht, kommt nicht auf den Markt. Schließlich verlassen sich die Kunden zurecht auf unsere Qualitäts­sicherung.“

Das Erprobungszentrum von ebm-papst in Mulfingen in Zahlen und Fakten

· Fokus: Zentralisierung aller Erprobungs­kapazitäten

· Validierung entlang des gesamten Entwicklungs- und Produktlebenszyklus

· intelligente Prüflingsüberwachung und Anlagensteuerung

· mehrere hundert Prüflinge im Jahr
· Fläche: ca. 2.500 m2
· Investition: ca. 8 Mio. €
· Bauzeit: 15 Monate

Bewegte Eindrücke des neuen Erprobungszentrums von ebm-papst finden Sie unter: www.mag.ebmpapst.com/erprobung

Video zum Erprobungszentrum

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