2 MW-CO2-Anlage mit neuartigen Ejektor-Blocks
20.000 m² großes Transgourmet-Verteilzentrum in Hamburg sicher gekühlt
Ein 2 MW starkes CO2-System wurde in Hamburg in einem 120.000 m3 großen Verteilzentrum von Transgourmet in Betrieb genommen. Das Logistiklager bietet umgerechnet Platz für ungefähr 5000 Schiffscontainer und könnte mit seiner Energiebilanz über 400 Familienhaushalte mit Strom versorgen.
Das neue Verteilzentrum ist aber nicht nur groß, sondern vor allem auch energieeinsparend. „Wir haben von unseren Aktionären die Vorgabe erhalten, bis 2023 über die gesamte Transgourmet-Gruppe CO2-neutral zu werden“, sagt Hans-Dieter Bruss, Vizepräsident der Region CEE (Central and Eastern Europe), zu welcher Großmärkte in Deutschland, Polen, Rumänien und Russland gehören. Beim europäischen Cash & Carry-Riesen Transgourmet tragen natürliche Kältemittel einen wesentlichen Teil dazu bei, das Unternehmensziel erreichen zu können.
Transgourmet CEE ist Teil der Transgourmet Holding AG, welche auch Geschäftsdivisionen in Frankreich, Österreich und in der Schweiz unterhält. Insgesamt ist die Transgourmet Holding AG der zweitgrößte Cash & Carry-Anbieter und Gastronomiezulieferer in Europa.
Die Gruppe setzt als Kältemittel CO2 in sämtlichen Kühl-, Klima- und Heizbereichen ein, nicht nur in neuen und umgebauten Cash & Carry-Märkten, sondern auch in Verteilzentren. Zu diesen gehört die beeindruckende Distributionszentrale in Hamburg – welche im Mai 2018 ihren kompletten Betrieb aufnahm – sowie lokale Verteilzentren in Warschau, Polen und Bistrita, Rumänien.
„CO2 ist eine hervorragende Alternative zu Ammoniak, vor allem in kleineren und mittleren Distributionszentren“, argumentiert Bruss. Er ist überzeugt davon, dass die Bevorzugung von CO2 gegenüber Ammoniak in Lagergebäuden Energieeinsparungen von mindesten 20 % einbringen wird.
Was die Anlage kann
Das Distributionszentrum in Hamburg markiert einen weiteren Schritt auf dem Weg zum (Energieeinsparungs-)Ziel. „Transgourmets Kälteanlage in Hamburg ist eine der größten, wenn nicht die größte, transkritische CO2-Anlage, welche zum jetzigen Zeitpunkt (Sommer 2018) zur Kühlung im Logistiksektor in Deutschland eingesetzt wird”, sagt Kristian Nakladal, Projektleiter beim Schweizer Ingenieurbüro für Kältetechnik, Frigo-Consulting. Frigo-Consulting begleitet die Transgourmet-Gruppe beim Umstieg von synthetischen zu natürlichen Kältemitteln bereits seit vier Jahren.
Das 20.000m2 große Logistikzentrum und Administrationsgebäude, welches direkt in Hamburgs Hafennähe gebaut wurde, verfügt über 5265 m2 Pluskühl- und über 5527 m2 Tiefkühlfläche. Das angeschlossene Trockenlager von rund 9000 m2 benötigt keine Kühlung.
Internationale Drehscheibe
Neben Transgourmet ist auch deren Tochterfirma Sump & Stammer Mieter im neuen Logistikgebäude. Sump & Stammer ist ein internationales Handelsunternehmen, spezialisiert auf die Lebensmittelzulieferung an Kreuzfahrtschiffe sowie Hotels. Im Logistikzentrum in Hamburg hat die Firma unter anderem ein zollfreies Tiefkühl-Warenlager in Betrieb genommen, von wo aus Lebensmittel in die ganze Welt transportiert werden.
Für Transgourmets Cash & Carry-Märkte in Norddeutschland fungiert das Gebäude als Dreh- und Angelpunkt und nimmt Waren aus ganz Deutschland sowie dem restlichen Europa entgegen. Viele dieser Märkte werden ebenfalls mit transkritischen CO2-Anlagen gekühlt.
„Was auch immer ein neues Projekt oder ein Bauvorhaben umfasst, wir prüfen jeweils zuerst die Machbarkeit mit CO2 als Kältemittel. Wir versuchen in jedem Markt und Land CO2-Kälteanlagen zu implementieren, aber natürlich müssen jeweils die Komponentenverfügbarkeiten sowie die lokalen Gegebenheiten, wie zum Beispiel Ersatzteile, Infrastruktur oder bestehendes CO2-Know-how berücksichtigt werden“, erklärt Bruss von Transgourmet.
Obwohl Bruss den Ausstieg aus den synthetischen Kältemitteln bestätigt hat, besteht noch kein konkreter Zeitplan dafür. Er betont, es sei das Ziel der Transgourmet-Gruppe, „in naher Zukunft“ HFC-frei zu sein. „Wir versuchen pro Jahr vier bis sechs Kälteanlagen durch CO2-Anlagen zu ersetzen“, sagt er. Mit diesem Tempo kann die Gruppe ihr Ziel, bis 2023 CO2-neutral zu werden, erreichen. Zurzeit hat Transgourmet 30 Stores, welche mit transkritischen CO2-Anlagen betrieben werden.
Ejektoren – Zugpferde der Energieeffizienz
Beim Bau des neuen Logistikzentrums hatte der Großverteiler keine Berührungsängste mit neuen Technologien, wie den Ejektoren. „Die Herausforderung dieses Projektes lag in der Neuartigkeit in Bezug auf die Ejektor-Technologie. Diese ist eine der ersten ihrer Art und arbeitet unter anderem mit einem neuen Kompressor-Typ (Pluskühlung, sechs Zylinder)“, sagt Nakladal von Frigo-Consulting.
Ejektoren sind dafür bekannt, den Effizienzspielraum überdurchschnittlich auszunutzen – von kleineren Convenience-Stores bis hin zu großen Hypermärkten – weil sie bisher ungenutzte Energieeffekte im Kältekreislauf nutzbar machen. Die Ejektoren können die Effizienz von Kälteanlagen um bis zu 40 % steigern (vgl. KKA-Artikel in Heft 4/2017).
Ein Flüssig- sowie zwei Gasejektor-Blocks wurden in jedem der vier CO2-Booster-Rack-Systeme installiert. Die Ejektor-Technologie ist in Europa sehr erfolgreich, da sie hohes Energieeinsparungspotential verspricht. Eine Studie, welche vom Schweizer Bundesamt für Energie (BFE) veröffentlicht wurde, berichtet, dass Schätzungen zufolge mehrere Hundert (CO2) Ejektor-Systeme zurzeit in Betrieb sind, die Mehrheit davon in Europa (vgl. KKA-Artikel in Heft 1/2018).
Die Studie erwähnt auch, dass Coop, der Schweizer Einzelhandelsriese und Mutterkonzern der Transgourmet-Gruppe, sich vor mehreren Jahren auch für die Ejektor-Technologie entschieden hat. „Kühlbedürfnisse in Lebensmittelgeschäften machen ungefähr die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs aus. Deswegen sind die Ejektoren auch so ein wichtiger Pfeiler im Energieeinsparungsplan“, sagt Thomas Häring, ehemals Leiter Energie und Technologie bei Coop.
Transgourmet hat ebenfalls Erfahrung im Umgang mit Ejektoren. „Wir haben bereits einige transkritische CO2-Systeme mit Ejektoren in Betrieb”, sagt Michael Zammert, welcher bei der Firma für den technischen Einkauf (wie z.B. LED-Beleuchtung, Kälteanlagen, Warenregale etc.) zuständig ist. Die geschätzte Amortisationszeit für einen Ejektor liegt gemäß BFE-Studie bei einem bis sechs Jahren, je nach Größe des Kältesystems.
Verzicht auf zusätzliches Heizsystem
Die Anlage verfügt über vier transkritische CO2-Racks, welche 2 MW Kälteleistung zu erbringen vermögen, aufgeteilt in Plus-, Minus- und Klimakühlung. Der geschätzte jährliche Gesamtenergieverbrauch der Anlage beträgt 600.000 kWh.
Die Wärmerückgewinnung der Kälteanlage wird zur Beheizung des Brauchwarmwassers (120 kW für 65-55 °C), zur Gebäudeheizung (320 kW für 38-25 °C) sowie für das Abtauen der Tiefkühlverdampfer verwendet. Der Neubau verzichtet somit auf ein konventionelles und zusätzliches Heizsystem – ein Statement für die Verlässlichkeit dieser Technologie. Zur Abdeckung von Spitzenlasten im Heizungsbereich wurde in das CO2-Kältesystem eine Wärmepumpenfunktion mit Luft-Außenverdampfern in den Gaskühlern integriert.
Transgourmet ist mit dem Betrieb der Anlage bis jetzt sehr zufrieden. „Wir können sagen, dass das neue integrale Kältesystem funktioniert, der Betrieb läuft störungsfrei“, bestätigt Zammert.
Nach der Startphase und dem Einzug in das Gebäude wird Transgourmet die Schulung der Mitarbeitenden angehen. „Das verantwortliche Personal wird eine ausführliche Schulung des Herstellers erhalten und so an die neuen Anlagenkomponenten herangeführt“, erklärt Zammert. „Dies wird zum Anlass genommen, zusätzliches Informationsmaterial, welches die CO2-Kältetechnik in der Tiefe behandelt, zu erstellen. Diese neuen Dokumentationen werden Teil der regulären Arbeitsschutz-Schulungen bilden.“
Mit dem Einsatz von CO2-Kältemitteln in Verteilzentren erreicht Transgourmet eine wichtige Etappe in der gesteckten Geschäftsstrategie. Dieses Projekt wird nicht das letzte seiner Art sein. „Wir befinden uns mit Frigo-Consulting inmitten der Planung für ein weiteres, noch größeres Projekt in Deutschland, welches eine noch höhere Kälteleistung erbringen und einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zum Gesamtziel markieren wird”, sagt Zammert.
(Originaltext von Charlotte McLaughlin für shecco Accelerate Europe)