Ausgezeichnete
klimafreundliche Systeme

4. Deutscher Kältepreis und Fachkongress

Mittlerweile kann man schon von einer Tradition sprechen, wenn in Berlin der Deutsche Kältepreis verliehen wird. Die Preisverleihung und der am gleichen Tag stattfindende Kältekongress haben sich zu einem festen Branchenevent entwickelt, das von Jahr zu Jahr mehr Interessierte anlockt. Am 20. März 2012 waren rund 125 Teilnehmer ins Palisa-Tagungszentrum nach Berlin gekommen, um sich über die Zukunft der Kältetechnik und herausragende Beispiele umweltschonender Kälteanwendungen zu informieren.

Die Gewinner des 4. Deutschen Kältepreises zeigen: Klimaschutz ist eine Sache der Tat und erfordert erfinderisches unternehmerisches Handeln. Die Kälte- und Klimatechnik verbraucht 15 % der gesamten Elektroenergie in Deutschland und belastet damit das Klima erheblich. Das muss nicht sein: Mit innovativen, zukunftsweisenden Konzepten steigerten die teilnehmenden Unternehmen ihre Energieeffizienz und leisten so einen wichtigen Beitrag für die Klimaschutzziele der Bundesregierung. Teilweise konnten sie durch neue wegweisende Konzepte die gesamten Treibhausgasemissionen der Kälteanlagen um 97 % mindern.

Bei geringen Investitionskosten sind Energieeinsparungen von 20 % und bei kältetechnisch ausgefeilten Lösungen von über 90 % möglich. Jürgen Becker, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, überreichte den Preisträgern am 20. März 2012 den 4. Deutschen Kältepreis im Rahmen eines Fachkongresses. In drei Kategorien wurden mit jeweils 10 000, 5000 und 2500 Euro Unternehmen und Organisationen prämiert, die mit ihren Entwicklungen neue Maßstäbe in punkto Energieeffizienz gesetzt haben. Der Staatssekretär lobte in seiner Ansprache die Preisträger, die mit ihren innovativen Projekten gute Beispiele gäben für das Gelingen der Energiewende, deren Umsetzung er als Pionierwerk und hartes Stück Arbeit bezeichnete. „Unser Ziel muss es sein, eine sichere, umweltschonende und bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten, die uns unabhängig von fossilen Energieträgern macht.“

Den Wettbewerb zum 4. Deutschen Kältepreis und den 4. Fachkongress „Kältetechnologien – Quo vadis?“ richtet das Bundesumweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative aus. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Kälte konzipiert und organisiert die gemeinnützige co2online GmbH (www.co2online.de) die Veranstaltung.

 

Große Einsparpotentiale

In der Kategorie „Kälte- oder klimatechnische Innovation“ erhält den ersten Preis die SFA-Drucklufttechnik GmbH in Walsrode. Sie nutzt die Abwärme von Druckluftkompressoren zum Antrieb einer Absorptionskältemaschine, die zur Klimatisierung oder Prozesskühlung eingesetzt wird. Auf diese Weise kann auf eine in der Vergangenheit notwendige herkömmliche Klimaanlage oder Kältemaschine verzichtet werden, die zusätzliche Elektroenergie benötigt hätte. Der zweite Preis geht an das Ingenieurbüro Dr. H. Förster aus Magdeburg, das eine neue Generation von Absorptionskälteanlagen entwickelt hat, die die gleichzeitige Nutzung der Rauchgas- und Kühlwasserabwärme von Blockheizkraftwerken ermöglichen und so zu einer deutlichen Erhöhung der Energieeffizienz führen: 97 % der gesamten Treibhausgasemissionen herkömmlicher Kälteanlagen können vermieden werden. Der dritte Preis geht an die TiLa Erich Lachenmeier GmbH & Co. KG aus Plüderhausen, die ihre Kälteanlage in eine Smart-Grid-Infrastruktur integriert. Dadurch kann zur Erschließung von Energieeffizienzpotentialen beigetragen werden, indem Kühlräume als temporäre Energiespeicher für überschüssige erneuerbare Energien genutzt werden.

 

Der Mittelstand profitiert

Den ersten Preis in der Kategorie „Installation von Kältemaschinen bzw. Klimaanlagen durch kleine Unternehmen“ gewinnt die SK-Kältetechnik GmbH aus Leverkusen. Sie setzt bei der Kühlung von Serverschränken auf Geothermie. Im Gegensatz zu herkömmlichen Klimaanlagen verzichtet die geothermische Lösung der SK-Kältetechnik GmbH komplett auf eine maschinelle Kälteerzeugung. Die Kühlung erfolgt stattdessen mit Hilfe von Kaltwasser, das über ein geschlossenes Rohrleitungssystem bis in eine Bodentiefe von knapp 100 Metern geführt wird. Die WBT GmbH aus Bruck erhält den zweiten Preis. Sie plante und installierte im Autohaus Gramsamer in Neufinsing ein BHKW und eine Adsorptionskältemaschine zur Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung. Der dritte Preis geht an die Metzgerei Ammon aus Fürth. Sie zeigt, dass sich der Einsatz hocheffizienter Kälteanlagen auch für den Mittelstand lohnt und senkt ihren Energieverbrauch für die Kälteerzeugung um mehr als die Hälfte.

 

Kälte- oder klimatechnische Sonderanwendungen

In der Kategorie „Kälte- oder klimatechnische Sonderanwendungen“ ging der erste Preis an die Güntner AG & Co. KG. Sie entwickelt ein neues Verfahren für einen energetisch optimierten Ventilatorbetrieb von Verflüssigern und zeigt, wie man mit kleinen Mitteln Großes erreichen kann. Das ausgezeichnete Verfahren ist breit anwendbar und erfordert geringe Investitionskosten. Die dm-drogerie markt GmbH + Co. KG aus Karlsruhe überzeugt die Jury mit ihrem kombinierten Wärmepumpen/Klimasystem, das bereits in 80 dm-Märkten eingesetzt wird, und gewinnt damit den zweiten Preis. Im Sommer werden im Klimaanlagenmodus Verkaufsräume gekühlt und die Luft wird entfeuchtet. Im Winter wird Heizwärme dadurch gewonnen, dass die Umgebungsluft außerhalb des Gebäudes abgekühlt wird. Mit demselben System kann Wärme auch zwischen verschiedenen Räumen verschoben werden. Den dritten Preis gewinnt die Firma Energie.Controlling.Loose aus Weilheim. Sie entwickelte ein Klimakompaktgerät mit integrierter Kältetechnik und doppelter Freier Kühlung, das in Rechenzentren Energieeinsparungen von bis zu 95 % ermöglicht.

 

Mehr Sorgfalt bei Bewerbern

So mancher, der ein Projekt eingereicht hat, sich aber nicht unter den Preisträgern befindet, wird sich fragen, warum er leer ausgegangen ist. Nicht immer hat es mit der Qualität der Kältetechnik zu tun, die in einem Projekt zum Einsatz gekommen ist. Jörn Schwarz, der mit der Arbeitsgemeinschaft Kälte die Vorauswahl der eingereichten Bewerber für die Jury vorgenommen hat, bemängelte bei mehreren Bewerbungen, dass sie aus formalen Gründen unzureichend gewesen sein. Wichtige Fragen seien nicht beantwortet worden, statt kompakter Beschreibungen habe es Bewerbungen mit zig Seiten PDF-Anhang gegeben oder aber nur wenige stichpunktartige Infos. Wer also beim 5. Deutschen Kältepreis im kommenden Jahr zu den Gewinnern zählen möchte, sollte etwas mehr Sorgfalt bei der Zusammenstellung der Unterlagen walten lassen.

 

Kältetechnologien – Quo vadis?

Der Kältepreis war zwar das Highlight der Veranstaltung – der Besuch der Tagung mit Vorträgen über die Zukunft der Kältetechnik war indes mindestens genauso lohnend. Wolfgang Müller, BMU, stellte in seinem Einführungsvortrag die Vielzahl an Gesetzesinitiativen vor, die die Kälte- und Klimatechnik betreffen. Beispielhaft sind hier das Energiedienstleistungsgesetz, die Überarbeitung des Programms für gewerbliche Kälteanlagen und die Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes zu nennen. Vor allem letztere sollten sich Kälteanlagenbauer genau ansehen, denn hiermit werden Sorptionsanlagen förderwürdig. Wolfgang Müller zeigte sich überzeugt, dass die Kältetechnik einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten kann und muss.  

Sein Namensvetter Prof. Dr.-Ing. Dirk Müller, RWTH Aachen, wagte in seinem Vortrag einen Blick in die Zukunft der Kälte-, Klima- und Heizungstechnik. Aus Gründen der Energieeinsparung und des Umweltschutzes müsste man eigentlich auf die Klimatisierung von Gebäuden komplett verzichten, stellte er gleich zu Anfang seiner Ausführungen provokant fest; um diese Aussage aber gleich wieder zu relativieren. In Zeiten stetig steigender Temperaturen komme man – und dies werde in den nächsten Jahrzehnten noch zunehmen – nicht um die Klimatisierung von Büros etc. herum, wenn man Arbeitsbedingungen schaffen wolle, in denen Menschen sich wohlfühlen und vor allem auch effektiv arbeiten könnten. Der Leistungsabfall bei zu hohen Umgebungstemperaturen sei enorm, dies hätten zahlreiche Studien ergeben. Aus Arbeitgebersicht seien die Kosten für den Betrieb einer Klimaanlage deutlicher niedriger als die, die sich durch den Leistungsabfall von Mitarbeitern ergäben.

Wesentliche Aufgaben, um die gesteckten Effizienzziele zu erreichen, sei es zum einen die Sanierungsquote bei Bestandbauten zu erhöhen – Neubauten seien in der Regel top, die Krux stecke im Bestand. Zum anderen müsse man größten Wert auf die Entwicklung und den Ausbau von Speichertechniken setzen. Die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie kranke daran, dass es je nach Wetterlage extrem schwankende Erträge gebe. Batterietechnik sei (noch) viel zu teuer, Pumpspeicher seien bedingt durch lokale Gegebenheiten nur begrenzt ausbaubar. Prof. Müllers Vorhersage/Anregung lautete daher: Vorhandene Gebäudemassen und thermische Speicher können in Verbindung mit der Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmepumpen die Wind- und Solarstromnutzung verbessern und Netzausbaukosten senken. Um dies zu erreichen, müssten sich jedoch noch einige politische Rahmenbedingungen ändern. Auch das datenschutzrechtliche Problem, dass Energieversorger Zugriff auf Gebäude erhalten, die als dezentraler Speicher dienen, müsse noch diskutiert werden.

In weiteren Vorträgen informierte Marco Henning, Johnson Controls Systems & Service GmbH, über die ökologischen und ökonomischen Aspekte der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (Lesen Sie hierzu auch den Fachartikel „Wirtschaftlichkeit und CO2-Äquivalent“ von Marco Henning im KKA-Archiv „Großkälte 2009“),  Dr. Walter Sorg, DuPont, gab einen Überblick über die Kältemittel der sogenannten 4. Generation; Jens Lücke, perpendo GmbH, stellte Methoden zur Messung von Kälteleistung und -energie vor; und Roland Caps, va-Q-tec AG, informierte über Vakuumisolationspaneele in der Kältetechnik. Eine Podiumsdiskussion mit Vertretern von Organisationen der Kälte- und Klimabranche rundete die gelungene Tagung ab.


Über die gemeinnützige co2online GmbH


Die gemeinnützige co2online GmbH (www.co2online.de), die gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Kälte und dem BMU den Wettbewerb um den Deutschen Kältepreis organisiert, setzt sich für die Senkung des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes ein. Mit interaktiven Energiespar-Ratgebern, einem Energiesparkonto, Heizspiegeln und Heizgutachten motiviert sie den Einzelnen, mit aktivem Klimaschutz auch Geld zu sparen. Ein starkes Netzwerk mit Partnern aus Medien, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik unterstützt verschiedene Informationskampagnen. Die Handlungsimpulse, die die Kampagnen von co2online auslösen, tragen nachweislich zur CO2-Minderung bei.

co2online bringt Akteure im Modernisierungsmarkt zusammen, initiiert unter anderem die vom Bundesumweltministerium geförderte Verbraucherkampagne „Klima sucht Schutz“ (www.klima-sucht-schutz.de) und betreut das deutsche Team im von der Europäischen Kommission geförderten „Energiesparcup“ (www.energiesparcup.de). Mehr zum Fachkongress und zu den Preisträgern finden Sie unter www.co2online.de/kaelte.

Über diesen Link gelangen Sie zu den Fachvorträgen der Veranstaltung.
Über diesen Link gelangen Sie zum Booklet mit Infos über die Preisträger.

Über diesen Link gelangen Sie zu den Videos über die Erstplatzierten.

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