CO2-Ejektortechnik

Energetische Bewertung und Einsatz im Supermarkt

Durch die novellierte F-Gase-Verordnung müssen für zahlreiche Kälte- und Klimaanwendungen neue Wege bei der Kältemittelauswahl beschritten werden. Dies betrifft auch die Supermarktkälte, wo verstärkt CO2-Systeme zum Einsatz kommen. Ein mögliches Optimierungspotenzial für Supermärkte in wärmeren Klimazonen bietet die sogenannte Ejektortechnik, die nachfolgend detailliert beschrieben und bewertet wird.

Problemstellung

Der Reduzierung von Stoffen mit einem Ozonabbaupotential (ODP) und hohem Treibhauseffekt (GWP) nimmt weltweit einen immer höheren Stellenwert ein. Seitdem im Mai 2014 die neue F-Gas-Verordnung EU 517/2014 beschlossen wurde, welche eine drastische und stufenweise Reduzierung der neu in Verkehr gebrachten fluorierten Kältemittel vorsieht, hat in Europa ein Umdenken begonnen. Umgerechnet in Tonnen CO2-Äquivalenz, soll der Verkauf von synthetischen Kältemitteln mit einem hohen GWP bis zum Jahr 2030 schrittweise um 79 % reduziert werden (Vgl. Europäische Union (2014), S.31). Die Limitierung wird erfahrungsgemäß bei gleichbleibender Nachfrage des Marktes einen erheblichen Preisanstieg dieser Kältemittel nach sich ziehen, so dass die Verwendung von synthetischen Kältemitteln mit mittlerem und hohem GWP unwirtschaftlich wird. Es müssen neue Alternativen gefunden werden.

Grundsätzlich bestehen drei mögliche Alternativen für die zukünftige Kältemittelwahl:

1.) Unbrennbare & ungiftige natürliche Kältemittel (CO2)

2.) Brennbare natürliche Kältemittel (z.B. Propan, Butan, Ammoniak, etc.)

3.) Synthetische mittel- & schwer entzündbare Kältemittel mit geringem GWP (HFO, HFC inklusive Blends)

Es gibt gute Gründe für die Option 2, dennoch ist dies im gewerblichen Bereich (z.B. Supermarkt) bei den verwendeten Füllmengen kritisch. Bei Option 3 bleibt abzuwarten, wie die Preisentwicklung in der Zukunft ist. Lange erprobt und auch schon in über 8000 Systemen weltweit eingesetzt ist Option 1 (CO2). Jedoch ist bei Außentemperaturen über +28 °C kein energetischer Vorteil gegenüber einer R404A-Anlage mehr vorhanden. Mit dem CO2-Parallelverdichtungssystem konnte die Effizienzgrenze bis +38 °C erweitert werden. In unseren Breitengraden ist dies auch schon möglich, nicht nur durch hohe Außentemperaturen, sondern auch beim Betrieb der Wärmerückgewinnung. Dabei hat der Gaskühler ähnlich hohe Drücke. Ein mögliches Optimierungspotenzial für höhere Temperaturen bietet die sogenannte Ejektortechnik.

Ejektor

Funktion

Die Grundfunktion eines Ejektors basiert vereinfacht ausgedrückt auf der Umwandlung von Druckenergie in kinetische Energie und umgekehrt. In einer transkritischen CO2-Anlage dient der Kältemittelmassenstrom des Gaskühlers als Treibmedienstrom (m.   Ej.in). Dieser tritt dabei unter dem hohem Druck (pEj. in) in die Düse des Ejektors ein. In der Düse verringert sich dabei zunehmend die angeströmte Querschnittsfläche bis zum Düsenhals, wodurch sich die Strömung zu einem Strahl formt. Dabei wird nach dem Impulserhaltungssatz die Druckenergie in kinetische Energie umgewandelt und der Strahl erreicht bis zum Düsenausgang Überschallgeschwindigkeit. Hier ist der Druck aufgrund der hohen Strömungsgeschwindigkeit auf den Druckwert pEj.min abgesunken. Der Druck pEj.min ist so niedrig, dass dieser unterhalb des Druckes des Ansaugstroms pAns.in liegt. Durch dieses Druckgefälle kann Volumenänderungsarbeit verrichtet werden. Dadurch kann Kältemittelgasstrom ­
m.   Ans.in von den Kühlstellen angesaugt werden. Dieses mischt sich mit dem Strömungsstrahl des Gaskühlers. Der Strömungsstrahl tritt zusätzlich nach der Düse auf eine größere Querschnittsfläche, wodurch die Geschwindigkeit des Strahls auf Unterschallniveau verringert wird, („die Strömung schlägt um“) was einen plötzlichen Druckanstieg zu Folge hat. Durch diesen Vorgang wird das Kältemittel verdichtet (Abbildung 2, hDis nach hCis). Das verdichtete Gemisch strömt nach dem Ejektor zum Sammler mit dem Druck pEj.out. Ein hoher Druck pEj.in des Gaskühlermassenstroms ist für den Ejektorbetrieb ideal, weil sich nur durch eine ausreichend große Druckdifferenz über dem Ejektor (pEj.in – pEj.out) die für den effizienten Ejektorbetrieb erforderlich hohen Strömungsgeschwindigkeiten und damit der erforderliche Druckhub (pEj.out – pAns.in) einstellen kann.

Der Danfoss-Multi-Ejektor (Abbildung 3) vereint die Vorteile des variablen Ejektors (Leistungsanpassung) und des statischen Ejektors (hohe Effizienz). Er setzt sich aus mehreren parallelgeschalteten, statischen Ejektoren mit unterschiedlichen Leistungen zusammen. Durch diese Art der Konstruktion ist gewährleistet, dass immer die Ejektordüse mit der optimalen Leistung und der dazu gehörigen hohen Effizienz verwendet wird. Die Düsen sind austauschbar, um eine optimale Anpassung zu erreichen. Zu- und Wegschaltung erfolgt mittels pilotgesteuerten Magnetventilen oberhalb des Ventilblocks. Zusätzliche Rückschlagventile in der jeweiligen Düse verhindern ein Rückströmen des Kältemittels zurück zur Saugleitung bei niedrigen Differenzdrücken.

Ejektor-System

Ein Ejektor-CO2-System (Abbildung 4) unterscheidet sich von einem herkömmlichen CO2-System nur unwesentlich. Der Unterschied zur herkömmlichen CO2-Anlage besteht in dem verwendeten Ventil nach dem Gaskühler. Hier ist anstelle des Hochdruckregelventils der Ejektor verbaut. Dieser besitzt aufgrund der physikalischen Prozesse, die innerhalb ablaufen, die Möglichkeit Gasmassenstrom der MT-Verdichterstufe (MT = Medium Temperature = Normalkühlung) anzusaugen und diese zu einem gewissen Teil zu verdichten. Dadurch wird Antriebsleistung auf der MT-Verdichterstufe eingespart. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn das System mit höheren Gaskühlerdrücken arbeitet, z.B. bei Außentemperaturen >+25 °C oder bei aktivierter Wärmerückgewinnung.

Massenstromverhalten

Die Massenströme verhalten sich bei ausgeschaltetem Ejektor wie bei einem herkömmlichen CO2-System mit Hochdruckexpansionsventil. Wobei bei ausgeschaltetem Ejektor nur die Ansaugstromleitung für den Massenstrom der MT-Verdichterstufe unterbrochen ist. In diesem Fall arbeitet der Ejektor als konventionelles Hochdruckregelorgan.

Die Abbildung 5 zeigt einen exemplarischen Betriebsfall bei ca. +33 °C Außentemperatur mit der Aufteilung der Massenströme. Der Gesamtmassenstrom der MT-Stufe beträgt 100 %. Dieser teilt sich im Sammler in 30 % Flashgasstrom und 70 % Flüssigkeitsstrom auf. Über das Gasbypassventil strömt der Flashgasstrom zur Saugleitung der MT-Stufe. Es strömt kein Massenstrom über die Ansaugleitung des Ejektors (Ejektor „aus“) und über den Parallelverdichter (PC-Stufe). Der Flüssigkeitsstrom strömt dabei zu den Kühlstellen, verdampft dort und gelangt dann wieder zur Saugleitung der MT-Stufe. Danach mischen sich am Kreuzungspunkt der Saugleitung der Anteil vom Gasbypassventil (30 %) und der Massenstromanteil der Kühlstellen (70 %). Steigt jetzt die Außentemperatur und/oder die Anlagenlast an, dann nimmt das Flashgas des Sammlers einen größeren Anteil am Gesamtmassenstrom des Systems ein. In diesem Fall wird der Parallelverdichter zugeschaltet und das Gasbypassventil geschlossen.

Zusätzlich öffnet bei ausreichend hoher Druckdifferenz die Ansaugleitung des Ejektors (Ejektor „an“). Die PC-Verdichterstufe bewältigt jetzt einen Massenstromanteil von 80 % des Gesamtmassenstroms (Abbildung 6). Der Ejektor saugt 40 % des Gesamtmassenstroms an und verdichtet diesen. Dadurch sinkt der MT-Verdichtermassenstrom auf 20 % ab. Der Kühlstellenmassenstrom bleibt mit 60 % unverändert. Dadurch, dass die PC-Stufe auf einem höheren Druckniveau als die MT-Stufe arbeitet und der Ejektor einen Teil des Gesamtmassenstroms der MT-Verdichter mit verdichtet, kommt es zu einer energetischen Einsparung gegenüber dem herkömmlichen Parallelverdichtungssystem. Die MT-Verdichterstufe wird entlastet (Abbildung 7).

Feldtest–Projekte

Im Jahr 2015 wurde der erste Prototyp des Danfoss-Multi-Ejektors in einer CO2-Booster-Supermarktanlage in Italien eingesetzt. Seitdem wurden immer mehr Supermarktkälteanlagen mit der Technologie installiert. Mittlerweile befinden sich insgesamt in Europa und Afrika 35 Ejektor-Systeme (Stand: 09-2016) im Einsatz.

Die ersten sieben Systeme konnten aufgrund einer ausreichend großen Datenmenge energetisch untersucht werden. Der Leistungsbereich der Systeme liegt bei 50 bis 225 kW Kälteleistung der MT-Stufe. Diese Systeme wurden von unterschiedlichsten Anlagenbauern und Verbundherstellern konstruiert und ausgelegt. Somit variieren die Anzahl der eingesetzten Verdichter und auch die Leistungsgröße zum Bedarf. Zusätzlich sind die Systeme noch bei unterschiedlichen Betreibern in Betrieb. Dies bedeutet unterschiedliche Betriebsbedingungen für den Ejektor zwischen den Systemen auch bei gleichartiger Systemausführung. Alle Anlagen befinden sich geografisch auf unterschiedlichen Breitengraden. Durch die unterschiedlichen Gegebenheiten konnte somit eine gute Schnittmenge bei den Ergebnissen erzielt werden, welche positive und negative Abweichungen weitestgehend ausgleicht.

Ergebnisse & Analyse

In der Auswertung wurde der reine Gasejektorbetrieb betrachtet. Die Auswertung der Ergebnisse bestätigt die im Vorfeld erwarteten Werte (Abbildung 8 und 9). Einen signifikanten Einfluss auf die Leistung des Ejektor-Systems hat die Anlagenlast und der Systemaufbau, aber auch die Ejektor-Effizienz. In Betrieb konnten reine Ejektor-Effizienzen zwischen 25-35 % in 80 % der Ejektorbetriebszeit festgestellt werden.

Bei den Ejektor-Systemen ohne Klimalastanteil konnten Einsparungen mit dem reinen Ejektorbetrieb zwischen 4-6 % zusätzlich zum Parallelverdichterbetrieb in einem Temperaturbereich von +28 bis +38 °C festgestellt werden. Es muss dazu erwähnt werden, dass die Systeme hinsichtlich ihrer Betriebsparameter noch nicht optimiert waren. Besonders hervorzuheben ist das Ergebnis einer Anlage mit einem sehr großen Plattenwärmetauscher für die Klimaanlage am Sammler. Durch die sehr große Klimalast (≈ MT-Last) und durch die sehr große Pa­rallelverdichterstufe ließen sich somit noch zusätzliche Einsparungen gegenüber den anderen Systemen generieren.

Dies war durch den zusätzlichen Massenstrom der Klimaplatte möglich. Dieser bewirkte, dass die Parallelverdichter am Sammler sehr hoch ausgelastet wurden und dadurch die MT-Stufe zeitweise während dieser Betriebsphasen komplett stillstand. Der Ejektor „pumpte“ während dieses Betriebs den anfallenden Kühlstellenmassenstrom vollständig zum Sammler weiter.

Die Energiemessungen zeigten bei dieser Anlage Einsparungen von 10-18 % zusätzlich zum Parallelverdichterbetrieb. Dies ist ein extremer Einzelfall und tritt in einer herkömmlichen Supermarktkälteanlage im normalen Fall so nicht auf. Dennoch zeigt es, welche Potentiale durch den Anlagenaufbau in dieser Technik stecken.

Legt man die gewonnen Ergebnisse auf die verschiedenen Klimazonen um (Abbildung 10), so lassen schon im Vorfeld der Installation die möglichen wirtschaftlichen Einsparungspotenziale mit der Technik erkenntlich machen. Hervorzuheben ist, dass die Ejektortechnik in den verglichenen Klimazonen gegenüber den herkömmlichen CO2-Konzepten und auch R404A-Systemen dominiert.

Fazit

Die Ejektortechnik zeigte durch die Resultate sehr gute Einsparpotenziale und einen wirtschaftlicheren Betrieb der CO2-Systeme auch in wärmeren Klimazonen (+38 °C). Zusätzlich kann damit geschlussfolgert werden, dass sich somit auch für die milderen Klimazonen diese Einsparpotentiale erschließen lassen, da häufig ein Betrieb der Wärmerückgewinnung in den Wintermonaten vorliegt. Durch die gewonnenen Resultate ergeben sich für den Betrieb in wärmeren Klimazonen oder bei der häufigen Verwendung von Wärmerückgewinnung hinsichtlich der Kältemittelwahl und der Energieeffizienz keine Einschränkungen mehr für den Betreiber.

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