Daimlers Sonderweg
Ende September 2012 wurde bekannt, dass Daimler auf den Einsatz des Kältemittels R1234yf in den Klimaanlagen seiner Fahrzeuge verzichten will. Stattdessen soll vorerst weiterhin R134a zum Einsatz kommen – obwohl sich die Mitglieder im Verband der Automobilindustrie auf den Einsatz von R1234yf geeinigt hatten. Daimler hat nach Tests ein Sicherheitsrisiko festgestellt und sich daraufhin entschlossen, das Kältemittel zu verbannen. Ein Risiko ist nicht von der Hand zu weisen: Fakt ist nämlich, dass R1234yf entflammbar ist – zwar nur schwer entflammbar, aber bei hohen Temperaturen kann es sich eben doch entzünden. Und im Falle eines Brandes sind die Verbrennungsprodukte (Flusssäure) äußerst aggressiv. Trotzdem wundert einen die jetzige Aufregung, denn diese Risiken sind schon seit Jahren bekannt. Haben also andere Hersteller die Sicherheit ihrer Kunden nicht im Blick? Man kann wohl ausschließen, dass z.B. amerikanische Hersteller im Land der Millionen-Dollar-Klagen Sicherheitsrisiken für Kunden wissentlich in Kauf nehmen würden.
Die derzeitige Situation ist äußerst schwer einzuschätzen. 2013 darf R134a in Autoklimaanlagen nicht mehr verwendet werden, hinter R1234yf stehen aber noch Fragezeichen. Die Sicherheitsaspekte wurden erwähnt, aber es gibt auch Fragen bzgl. der Lieferbarkeit und des Lieferpreises. Zeit, um schnell Alternativen zur Marktreife zu bringen, gibt es aber auch nicht mehr – der Zug bzw. das Auto ist schon vor zwei Jahren abgefahren, als sich die Autoindustrie von CO2 als Kältemittel verabschiedet hat. So mancher munkelt, dass die Automobilhersteller nur versuchen, R134a weiter verwenden zu dürfen. Daimler könnte nur der Vorreiter sein. Ein Alleingang ist nämlich nur schwer zu glauben – und mit Mazda (und wohl auch mit VW) gibt es schon die ersten Verbündeten. Die Verantwortlichen bei Daimler werden schließlich kaum erwarten, dass eine Werkstatt für einen Daimler-Kunden mit defekter Autoklimaanlage extra eine R134a-Flasche bereithalten wird, wenn sich R1234yf bei allen anderen Herstellern durchgesetzt haben sollte.
In diesem Zusammenhang ein kleines Gedankenspiel: Genaue Zahlen ließen sich zwar nicht ermitteln, aber es wird erwartet, dass die Kosten für R1234yf ca. zehn Mal so hoch sein werden wie die von R134a. Daimler verkaufte 2011 rund 1,3 Mio. Fahrzeuge … multipliziert mit der Differenz … da kommen hohe Millionenbeträge zusammen. Dem stehen zwar (noch) 665 € Strafe pro Fahrzeug gegenüber, das mit R134a ausgeliefert wird. Aber bei der kraftvollen Lobbyarbeit der Autohersteller setze ich mal ein Fragezeichen dahinter, ob es dazu kommen wird. Eine Sonderregelung, die das Verbot für „R134a“ in Autoklimaanlagen umgeht oder aufweicht, würde sich also in barer Münze auszahlen. Ob da ausschließlich die Sicherheit der Kunden ausschlaggebend war, sich von R1234yf loszusagen? Gedanken an den Umweltschutz waren es sicher nicht!
Ihr Christoph Brauneis