Die neue BTGA-Regel 3.003
Kalt- und Kühlwasserkreisläufe sicher betreiben
Die gestiegenen Anforderungen an Kälteanlagen haben zu kompakt konstruierten, komplexen wasserberührten Anlagenkomponenten und einer Vielzahl unterschiedlicher Werkstoffe in den Anlagen geführt. Durch ungeeignete Mischinstallationen und Verunreinigungen kann es zu Betriebsstörungen, Effizienzverlusten und Instandsetzungsarbeiten an Kalt- und Kühlwasserkreisläufen kommen. Die Ursachen für Korrosion und Ablagerungen liegen häufig in einer unzureichenden Aufbereitung und Behandlung des Füll- bzw. Ergänzungs- und Umlaufwassers sowie in mangelnder Druckhaltung und Entgasung.
Anwendungsbereich der neuen BTGA-Regel
Die BTGA-Regel 3.003 „Wassergeführte Kalt- bzw. Kühlwasserkreisläufe – zuverlässiger Betrieb unter wassertechnischen Aspekten“ ist ein neues Regelwerk zum sicheren Betrieb von Kalt- und Kühlwasserkreisläufen. Der Anwendungsbereich umfasst geschlossene Kalt- und Kühlwasserkreisläufe ohne direkten Kontakt zur Atmosphäre und mit einer Umlaufwassertemperatur von <40 °C. Nicht berücksichtigt wurden Anlagen mit weniger als 1 m³ Füllvolumen und Anlagen, in denen Wasser zum Kühlen verdunstet. Somit bezieht sich die Regel ausdrücklich auf große, anspruchsvolle Kühlsysteme ohne Verdunstungskühlung. Auch wenn Kleinanlagen bewusst ausgelassen wurden: Die als Leitfaden für die Praxis erstellte Regel liefert auch für diese Anlagen wertvolle Hinweise zum Betrieb.
Maßgaben sollen Störungen vermeiden
Warmwasserkreisläufe sind durch die Richtlinienreihe VDI 2035 abgedeckt. Für Kalt- und Kühlwasserkreisläufe bestanden bisher keine vergleichbaren Regeln für den sicheren Betrieb unter wassertechnischen Aspekten. In der Praxis konnte daher häufig beobachtet werden, dass – in Ermangelung einer geeigneten Regel – die VDI 2035 auch für Kältesysteme angewendet wird. Das führt unter anderem dazu, dass Anlagen mit enthärtetem Wasser befüllt werden. Für Kalt- und Kühlwasserkreisläufe ist dies nicht erforderlich – hier wirkt es sogar potenziell korrosionsfördernd. Fehlende Regelwerke und ein geringes Temperaturniveau führen in Kältesystemen zu Funktionsstörungen durch Korrosion und zu mikrobiologischen Aktivitäten – deutlich häufiger als in Heizsystemen. Die Maßgaben der BTGA-Regel 3.003 für den Betrieb von Kalt- und Kühlwasserkreisläufen sollen zukünftig dazu beitragen, dies zu vermeiden.
Hinweise für alle Lebenszyklusphasen
Planung, Inbetriebnahme und Betrieb sind die drei wichtigsten Lebenszyklusphasen eines gebäudetechnischen Systems. Entsprechend ist die BTGA-Regel aufgebaut und enthält Hinweise für alle drei Bereiche.
Für die Planungsphase erfolgen Empfehlungen zu den verwendeten Materialien: Werden Kupfer und Stahl kombiniert, sollte das Füllwasser der Anlagen besonders salzarm sein. Diese Empfehlung ist bereits aus anderen Regelwerken bekannt und wurde übernommen. Auf den Einsatz von Zink und Aluminium sollte verzichtet werden. Sauerstoff-diffusionsoffene Systeme sind hydraulisch vom Restsystem zu trennen und sollten konsequent in korrosionsfesten Materialien ausgeführt oder mit geeignetem Korrosionsschutz betrieben werden.
Für die Phase der Inbetriebnahme wird zur vorherigen Druckprüfung, zum Spülen und zum Befüllen der Anlage auf die BTGA-Regel 3.002 verwiesen. Eine Besonderheit stellt die umfangreiche Prüfung von Füll- und Umlaufwasser während der Inbetriebnahme dar. Das Füllwasser muss vor dem Einbringen in die Anlage wasserchemisch analysiert werden; die Ergebnisse sind zu dokumentieren. Unklarheiten und Missverständnisse können dadurch ausgeschlossen werden und es wird garantiert, dass die Anlage nur mit geeignetem Wasser befüllt wird. Zusätzlichen Schutz bietet die finale Kontrolle der resultierenden Umlaufwasserqualität nach dem Befüllen und vor der Abnahme der Anlage. Zum Abnahmetermin muss das Analyseergebnis vorliegen, so dass garantiert ist, dass die Anlage korrekt befüllt ist. In diesem Zusammenhang wird auf eine detaillierte Tabelle mit den geforderten wasserchemischen Parametern verwiesen, in der zwischen Füll- und Umlaufwasser unterschieden wird. Nicht zuletzt wird auch klargestellt, wie aus rechtlicher Sicht mit Mängelansprüchen im Zusammenhang mit der Abnahme und der Wartung umzugehen ist.
In den Maßgaben für die Betriebsphase wird in einem Abschnitt zunächst auf den Betreiber eingegangen. Betreiber ist, wer Eigentümer oder Besitzer einer Anlage ist und sie nutzt oder wer die tatsächliche oder rechtliche Möglichkeit hat, die notwendigen Entscheidungen im Hinblick auf die Sicherheit der Anlage zu treffen. Die Verantwortlichkeiten, die sich beim Betrieb von gebäudetechnischen Anlagen ergeben, umfassen insbesondere:
das Sicherstellen des bestimmungsgemäßen Betriebes,
die Instandhaltung, um die Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten und
das Wahrnehmen der Verkehrssicherungspflichten.
Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen muss im Rahmen der Betreiberverantwortung besonders die Instandhaltung beachtet werden. Nur wenn Anlagen regelmäßiges instandgehalten werden, können ihre Schutzfunktionen dauerhaft wirken. Daher wird in einem weiteren Kapitel besonders die Instandhaltung unter wassertechnischen Aspekten thematisiert, in der auf den Umfang und die Art der wassertechnischen Inspektion, der Eignung des Personals und beispielhaft auf verschiedene Instandhaltungsstrategien eingegangen wird.
Umfangreiche Anforderungen an das Füll- und Umlaufwasser
Die Anforderungen an die wasserchemischen Parameter sind in der neuen BTGA-Regel umfangreicher als in allen anderen tangierenden Normen. Zum Teil sind hier aktuelle Erkenntnisse aus einem noch laufenden Forschungsprojekt eingeflossen [1], beispielsweise die Empfehlung eines Chlorid-Gehaltes von unter 15 mg/l. Dieser Wert basiert auf einem signifikanten Zusammenhang zwischen dem Gehalt an Korrosionsprodukten und dem Chlorid-Gehalt des Umlaufwassers. Dieser konnte im Rahmen einer großangelegten Feldstudie in Wasserproben von über 60 untersuchten Systemen nachgewiesen werden.
Gleichzeitig wurde Wert daraufgelegt, die Verwendung verschiedener Wässer nicht mehr einzuschränken als notwendig. Das geschieht beispielsweise, indem der Gehalt an Sulfat und Nitrat als Summenwert zusammengefasst wird. Außerdem ist die empfohlene salzarme Fahrweise weniger strikt ausgelegt und eher praxisnah definiert als in anderen vergleichbaren Regelwerken. Somit ist es möglich, manche Standortwässer ohne weitere Behandlung als Füllwasser zu verwenden oder zu verschneiden bzw. zu teilentsalzen. Damit werden vor allem die Nachteile enthärteten Wassers vermieden, die Kosten so gering wie möglich gehalten und gleichzeitig wird die Korrosivität stark vermindert. Weiterhin wird zwischen Umlaufwasser und Füllwasser unterschieden. Damit wird berücksichtigt, dass es aufgrund von Restmengen im System und bei der Nachspeisung letztendlich zu einem Verschneiden der Wässer im System kommt.
Hilfestellung bei Störungen
Ein großes Leidensthema sind Störungen in hydraulischen Systemen, die aus mineralischen, biologischen oder korrosiven Ablagerungen erfolgen. Hier ist der Betreiber häufig auf sich allein gestellt oder auf Experten aus dem Bereich der Wasserbehandlung angewiesen. Nicht selten sind im betroffenen Umlaufwasser die Hinterlassenschaften mehrerer Versuche der Schadensbeseitigung in Form von verschiedenen Dichtmitteln oder Inhibitoren zu finden. Sind diese zu niedrig dosiert, können sie mikrobiologische Vorgänge und Korrosion noch verstärken. In der neuen BTGA-Regel wird ausführlich auf die Erscheinungsbilder, die möglichen Ursachen und auf Abhilfemaßnahmen jeweils für mineralische, biologische und korrosive Ablagerungen eingegangen.
Fazit
Für das Befüllen und den Betrieb von Kalt- und Kühlwasserkreisläufen bestanden lange Zeit keine Regeln. Das hat bis heute zur Folge, dass Kühlsysteme überdurchschnittlich häufig von korrosions- und mikrobiologisch bedingten Störungen betroffen sind. Die BTGA-Regel 3.003 schließt diese Lücke und leistet damit einen wertvollen Beitrag für den Erhalt moderner, gebäudetechnischer Anlagen. Sie gibt dem Anwender insbesondere Hilfestellung für:
das Prüfen der wichtigsten Parameter und die Risikobewertung des Füll- bzw. Ergänzungs- sowie des Umlaufwassers in Neu- und Bestandsanlagen,
das Festlegen von Wasserparametern in Abstimmung mit den verwendeten wasserberührten Werkstoffen der Komponenten,
das Einschätzen und Ableiten von Maßnahmen zur Beseitigung von Korrosionsursachen,
die Planung und Ausführung von Reinigungsmaßnahmen und für
die Instandhaltungsplanung.