Energetisch aufgewertet

Add-on-Wärmepumpe senkt Energieverbrauch bei Unilever

Mehr Produktvolumen bei geringeren Treibhausgasemissionen hat sich Unilever auf die Fahnen geschrieben und will bis 2020 den spezifischen CO2-Ausstoß um 63 % gegenüber den Werten von 1995 senken. Zu den Vorreitern beim Klimaschutz gehört das Margarine-Werk in Rotterdam. Es schöpfte z.B. in der Kältetechnik das Sparpotential aus, indem den effizienten Ammoniak-Kompressoren eine Wärmepumpe an die Seite gestellt wurde. Diese Lösung macht aus der Abwärme der Kältemaschinen wertvolle Nutzwärme und spart so Gas und Geld. Positiver Nebeneffekt der „Kälte-Wärme-Kopplung“: Nun benötigen die Kältekompressoren weniger Strom.
Ressourcenschonung und Klimaschutz sind Topthemen bei Unilever. Bei steigenden Produktionsvolumina möchte der Konzern seine Treibhausgasemissionen verringern. Gegenüber den Werten von 1995 sollen die spezifischen CO2-Emissionen bis 2020 um fast zwei Drittel sinken. Instrumente zur Erreichung dieses hochgesteckten Ziels sind der verstärkte Einsatz grüner Energie, intensives Recycling und hocheffiziente Technik. Mit dabei ist die traditionelle Kraft-Wärme-Kopplung, die ein Viertel weniger Primärenergie benötigt als für das separate Erzeugen von Strom und Wärme aufzubringen ist. Doch auch andere Nutzenergien lassen sich zeitgleich effizient bereitstellen. Die Rede ist von dem Gegensatzpaar Kälte und Wärme.

Zeitgleicher Bedarf von
Wärme und Kälte

Zur Herstellung von Margarine werden Sommer wie Winter Kälte und Wärme benötigt. Viele Grundbestandteile dieses Streichfetts sind bei Zimmertemperatur fest und werden im Prozess warm (somit flüssig) verarbeitet bzw. vermischt und durch Herunterkühlen entsteht die streichfähige Masse, die schluss­endlich in den Verkauf gelangt. Doch nicht nur zum Verarbeiten wird Wärme benötigt. Schon vor und bei dem Transport der Ausgangsstoffe ist Wärme essentiell, damit Fette in Tanks und Leitungen flüssig bleiben. Auch für die Reinigung der Produktionsanlagen und die Hallenheizung wird thermische Ener­gie benötigt.

Die Basis zu seiner effizienten Technikzentrale legte Unilever Rotterdam in den Jahren 2006 und 2009, als das Unternehmen alte Kompressoren durch sechs Schraubenkompressoren von GEA (www.gea.com) mit dem Kältemittel Ammoniak ersetzte. Zwei der Maschinen versorgen den Prozess mit Eiswasser (bei 0,5 °C) für die erste Kühlstufe, die anderen bedienen Dünnschicht-Wärmetauscher, die von -23 °C kaltem Ammoniak durchflossen werden und so das weitere Kühlen ermöglichen. Trotz der für damalige Verhältnisse hohen Energieeffizienz, ließ es sich nicht vermeiden, dass bei dieser Lösung Kondensatorabwärme entstand. Das Temperaturniveau reichte weder für den Produktionsprozess aus noch eignete es sich für Heizzwecke. Daher wurde die Wärme mit wassergekühlten Kondensatoren an die Umgebung abgeführt.

Wärmepumpe macht
Abwärme zu Nutzwärme

Der Einbau einer einstufig arbeitenden Wärmepumpe von GEA machte das Nutzen dieser (Ab-)Wärme möglich. Das Kältemittel der Kältekompressoren (Ammoniak) strömt dazu auf der warmen Seite in eine Sammelleitung und wird dem Kompressor der Wärmepumpe zugeführt. Aufgrund der Verrohrung des Kältemittelkreislaufs wird bei einer derartigen Lösung von einer Add-on-Wärmepumpe gesprochen. Die bei Unilever installierte 1400-kW-Wärmepumpe hebt mithilfe eines Wärmetauschers die Temperatur von rund 90 m³/h Wasser von etwa 52 auf 65 °C an.

Das Wasser passiert einen Wärmetauscher, über den ein Gaskessel das Aufheizen des Wassers ermöglicht, wenn die Wärmepumpe nicht in Betrieb sein sollte (zum Beispiel an produktionsfreien Wochenenden). Danach gelangt das Wasser in eine Verteilung, von der drei Kreise abzweigen. Einer dient dem Temperieren der Ölleitungen und Tanks, der zweite versorgt die Gebäudeklimatisierung und der dritte ist für das Erwärmen von Wasser zu Reinigungszwecken.

Ein Teil des heißen Wassers wird im Folgenden von der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage auf 90 °C erhitzt, um Rohrheizungen und Prozesse zu versorgen, die höhere Temperaturen fordern. Der verbleibende Teil wird für die Reinigung in einem Wärmetauscher auf 70 °C gebracht. Hier entkoppelt ein 50-m³-
Speicher die Bereitstellung vom Bedarf, damit für die Reinigungszyklen genügend Heißwasser bereitsteht.

Primärenergieverbrauch drastisch gesunken

Die Wärmepumpenlösung macht den Einsatz des Gaskessels mit über 1700 kW
Feuerungsleistung überflüssig. Aufgrund des hohen Wirkungsgrads der Wärmepumpe müssen nun statt 1,25 kWh Gas nur 0,2 kWh Strom aufgebracht werden, um 1 kWh Wärme bereitzustellen. Das verringert nicht nur den lokalen CO2-Ausstoß, sondern führt auch zu einer Reduktion des Primärenergieverbrauchs um etwa 40 % und mindert die Treibhausgasemissionen.

Außerdem spart die Add-on-Wärme-
pumpe neben Energie und CO2-Emis­sionen auch Geld: Die Investition in die Wär-
mepumpe und ihre Installation machen sich dank der Energieeinsparung bereits in weniger als 1,5 Jahren bezahlt, einerseits weil die Gasrechnung nun um einiges geringer ausfällt, andererseits aufgrund des effizienteren Betriebs der Kälteanlage. Letztere profitiert von der Wärmepumpe, weil durch den Wegfall der Kondensatoren auch der zu überwindende Druck auf der warmen Seite geringer ist – der Kälteprozess kommt mit weniger Strom aus.

Umbau der Technikzentrale bei laufender Produktion

Da der Umbau der Kältezentrale bei laufender Produktion stattfand, hatte Unilever dadurch keine Produktionsausfälle zu verzeichnen. Arbeiten an den Medienkreisläufen, das Einstellen der Regelung und Testläufe konnten an produktionsfreien Wochenende erfolgen, wenn die Fertigung ohnehin von Samstagnachmittag bis Sonntagnacht stillstand. Nur anlässlich der Inbetriebnahme Ende des Jahres 2010 war eine kurze Produktionsunterbrechung nötig. Dass die Kälte-Wärme-Kopplung zugleich Platz schuf, indem sie Kesselkapazität überflüssig machte, kam Unilever entgegen.

Nicht zuletzt wegen der Add-on-Wärmepumpe ist die Margarinefertigung in Rotterdam von herausragender Effizienz. Zusammen mit anderen Maßnahmen gelang es Unilever, in dem Werk einen spezifischen Energieverbrauch umzusetzen, der zu den besten von allen Margarinefabriken gehört. Die Vorteile der Add-on-Wärmepumpe können aber nicht nur die Produzenten von Streichfetten nutzen. Je nach Auslegung des Gesamtsystems lassen sich mit der Wärmepumpenlösung Wassertemperaturen über 80 °C erreichen. Dies war für die Anlage bei Unilever nicht sinnvoll, da der größte Teil des Warmwasserbedarfs auf der 65-Grad-Schiene besteht. In der Milchindustrie beispielsweise ist jedoch ein höheres Temperaturniveau für Pasteurisier-Anlagen gefragt. Ein weiteres nutzbringendes Anwendungsfeld für Add-on-Wärmepumpen ist die Fleischverarbeitung, wo die häufigen Reinigungsarbeiten einen hohen Verbrauch an heißem Wasser bewirken, die Produktionskette jedoch konsequentes Kühlen erfordert.

Add-on-Wärmepumpe erhielt
Kältepreis

Aufgrund der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und des hohen Einsparpotentials hat das Prinzip der Add-on-Wärmepumpe nicht nur bei Investoren Anklang gefunden, sondern wurde auch prämiert: Im Februar dieses Jahres verlieh die NVKL (Niederländische Vereinigung von Unternehmen auf dem Gebiet der Kältetechnik und Luftbehandlung) ihre „Koeltrofee“ an die GEA Refrigeration Netherlands N.V. Anlässlich des Wettbewerbs um den niederländischen Kältepreis gab das Unternehmen der Wärmepumpenlösung einen treffsicheren Namen: Wegen der Aufwertung von Abwärme zu Nutzenergie taufte es das System „Energy Enhancer“.

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