Erfahrungen sammeln im Ausland
Informationsdokument Europass
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) bieten jungen Menschen vielfältige Möglichkeiten, ihre Aus- und Weiterbildung durch Berufserfahrungen außerhalb Deutschlands zu ergänzen. International erworbene Qualifikationen verbessern die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, denn sie lassen in der Regel auf Selbständigkeit, Mobilität, Flexibilität und Engagement schließen. Zudem sind sie ein Gewinn für die persönliche Entwicklung, beispielsweise für die Fähigkeit, über Ländergrenzen hinweg zu kommunizieren, zu kooperieren, andere Kulturen zu erleben und zu verstehen.
Angesichts der wachsenden Verflechtung im europäischen Wirtschaftsraum wird die Forderung nach grenzüberschreitender Mobilität in Bildung und Beschäftigung immer eindringlicher gestellt. Übereinstimmend verlangen Politiker wie Repräsentanten der Wirtschaft, bereits im Rahmen der Erstausbildung praxiserprobte Arbeits- und Lebenserfahrungen im Ausland zu sammeln, die Sprachen der europäischen Nachbarn kennenzulernen, ebenso deren Arbeitsweisen und Berufswelten. „Wer mithalten will, braucht Auslandserfahrung“, betont Bernhard Jagoda, ehemals Präsident der Bundesagentur für Arbeit.
Erfreulich ist, dass die Zahl junger Menschen steigt, die oft mehrmonatige berufliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen außerhalb Deutschlands absolvieren, um sie als Teile der eigenen Berufsbildung anerkannt zu bekommen, die sich im europäischen Ausland qualifizieren, sich Einblick in die Arbeitswelt des Gastlandes verschaffen, ihre fremdsprachliche Kompetenz erweitern, Verständnis für fremde Kulturen und Wirtschaftssysteme gewinnen wollen. Diese Tendenz signalisiert ein lebhaftes Interesse an beruflichen Erfahrungen durch Lernen im Ausland, mithin auch die Bereitschaft zur Mobilität.
Dokumentation europäischer Berufsbildungsabschnitte | Der Rat der EU beschloss bereits 1998, die Mobilität von Personen in Europa zu fördern, die sich in einer dualen, alternierenden Berufsausbildung befinden, also in einer zwischen Betrieb und Schule wechselnden Ausbildung. Zielgruppen waren unter anderem Auszubildende, junge Arbeitnehmer, Studierende an Berufsakademien, Fachhochschulen und Hochschulen. Die genannte Entschließung betonte die Wichtigkeit der in den Mitgliedstaaten der EU und den drei EWR-Ländern Island, Liechtenstein und Norwegen abgeleisteten betriebsnahen Bildungsabschnitte. Sie forderte darüber hinaus, die vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten in die nationale Berufsausbildung zu integrieren.
Um die bei Auslandsaufenthalten durchlaufenen Aus- oder Weiterbildungsabschnitte nachweisen zu können, wurde europaeinheitlich der „Europass Berufsbildung“ eingeführt. Er galt seit 2000 für alle Formen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, die einen betrieblichen Ausbildungsteil aufweisen. Auch Studenten und Hochschulabsolventen konnten den Europass im Rahmen eines Auslandspraktikums erhalten. Der Europass machte zweifellos das Ausbildungsprofil seines Inhabers transparenter, verbesserte die länderüberschreitende Bildungsarbeit und erhöhte europaweit die Attraktivität der beruflichen Auslandsfortbildung. Dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zufolge war die Nachfrage nach dem Europass sehr groß, obwohl es freiwillig war, das Dokument zu verwenden. Seit seiner Einführung haben bis 2004 in Deutschland fast 50 000 junge Menschen den „Europass Berufsbildung“ erworben, davon über 90 % bereits während der Erstausbildung.
Nachfolgedokument „Europass Mobilität“ | Seit 2005 löst der „Europass Mobilität“ den „Europass Berufsbildung“ ab. Dokumentiert wird nunmehr „der Zeitraum, den eine Person – unabhängig von Alter, Bildungsniveau und beruflichem Status – in einem anderen Land zu Lernzwecken verbringt“. Die Lerninhalte, die Ziele, der Zeitpunkt und die Dauer des Auslandsaufenthalts müssen zwischen der entsendenden und der aufnehmenden Organisation schriftlich vereinbart sein. Ein Mentor begleitet den Aufenthalt einschließlich einer angemessenen sprachlichen Vorbereitung.
Das Dokument wird wie bisher von der für die Berufsausbildung im Herkunftsland zuständigen, also der entsendenden Einrichtung ausgestellt, nunmehr in Papierform oder in elektronischer und internetbasierter Form. Offizielle Europass-Ausgabestelle für das Handwerk sind die Handwerkskammern. Beantragen können den „Europass Mobilität“ unter anderem Unternehmen, Berufsschulen, berufliche Vollzeitschulen, überbetriebliche Bildungseinrichtungen, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Fachhochschulen sowie Universitäten. Von den bisher über 61000 beantragten Dokumenten entfallen 75 % auf Bildungsträger/Schulen, 25 % auf Unternehmen/Kammern.
Neues Rahmenkonzept mit fünf Europass-Einzeldokumenten | In ihrer Gesamtheit vermitteln die Europass-Dokumente nicht nur ein aussagekräftiges Bild der individuellen Qualifikationen und Kompetenzen. Diese standardisierten und europaeinheitlichen Transparenzinstrumente erleichtern vor allem die Vergleichbarkeit im europäischen Kontext:
1. Der „Europass Lebenslauf“ präsentiert die eigene Bildungs- und Berufsbiographie. Er ist personengebunden und kompetenzorientiert, stellt chronologisch die erworbenen Qualifikationen dar: Lern-, Berufs-, Arbeitserfahrungen und Sprachkenntnisse, außerdem informell erworbene Kompetenzen wie Team- oder Kommunikationsfähigkeit. Seit seiner Einführung 2005 wurden bereits mehr als 8 Mio. „Europass Lebensläufe“ online erstellt, davon über 450 000 in Deutschland.
2. Der „Europass Sprachenpass“ erläutert nach europaeinheitlich vorgegebenem Muster die Sprachkenntnisse des Passinhabers in sechs Niveaustufen.
3. Der „Europass Mobilität“ dokumentiert die Inhalte, Ziele und Dauer der Lernaufenthalte einer Person im Ausland, beispielsweise der Praktika, die Zeitabschnitte einer Ausbildung oder das Auslandssemester an einer Hochschule oder Universität. Seit 2005 wurden bereits über 61000 Anträge für den „Europass Mobilität“ gestellt. Darunter waren 54 % Frauen.
4. Die „Europass Zeugniserläuterung“ informiert über die nationalen Berufsabschlüsse, ergänzt somit den Gesellenbrief und die erreichten Fortbildungsabschlüsse.
5. Der „Europass Diplomzusatz“ beschreibt in einer europaweit standardisierten Form die Art, den Inhalt und den Status der Abschlusszeugnisse im Hochschulbereich.
Für die Umsetzung dieses vor fünf Jahren eingeführten Rahmenkonzepts sind in den einzelnen Mitgliedstaaten Nationale Europass Center (NEC) zuständig. Das Nationale Europass Center Deutschland ist in der Nationalen Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA beim BIBB) angesiedelt (Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn, Tel. 0228/107-1644-1645-1646-1660).
Finanzierung von Austauschmaßnahmen | Das EU-Bildungsprogramm Lebenslanges Lernen fasst seit 2007 die bisherigen Programme zu vier Säulen unter einem Dach zusammen. Zum Gemeinschaftsprogramm gehören die Einzelprogramme Comenius (Schulbildung), Erasmus (Hochschulbildung), Leonardo da Vinci (Berufliche Bildung) und GrundTVig (Allgemeine Erwachsenenbildung). Das Programm Leonardo da Vinci vergibt unter anderem Stipendien an Auszubildende und junge Arbeitnehmer, die sich im europäischen Ausland qualifizieren, Einblick in die Arbeitswelt des Gastlandes verschaffen, ihre fremdsprachliche Kompetenz erweitern, Verständnis für fremde Kulturen und Wirtschaftssysteme gewinnen wollen.
Auch ohne die Anbindung an das EU-Bildungsprogramm Lebenslanges Lernen bescheinigt der „Europass Mobilität“ jeglichen Lernaufenthalt im Ausland. Es müssen freilich die Qualitätskriterien gemäß Ratsbeschluss für den Europass erfüllt sein. Ergänzende Informationen sind unter den Internetadressen www.europass-info.de und www.na-bibb.de zu finden. Hier können auch die aktuellen Infoblätter, Flyer, Broschüren und eine CD-ROM bestellt oder heruntergeladen werden.