Weiterbildungsstipendium zur Begabtenförderung
Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung
Seit 2010 wird die Bezeichnung „Begabtenförderung berufliche Bildung“ als Oberbegriff für zwei Förderprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) verwendet: Erstens für das Weiterbildungsstipendium, das Programm für Berufseinsteiger, zweitens für das Aufstiegsstipendium, die Studienförderung für Berufserfahrene. Die Einzelprogramme werden nunmehr unter dem genannten Begriff zusammengefasst. Zuvor war mit „Begabtenförderung berufliche Bildung“ ausschließlich das Weiterbildungsstipendium gemeint. Beide Programme zur Unterstützung beruflicher Talente führt die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SSB) durch. Die vorliegende Ausarbeitung beschreibt vorrangig das Weiterbildungsstipendium nach den Richtlinien vom 1. Januar 2011.
Das Programm des Weiterbildungsstipendiums unterstützt seit 1991 gezielt berufsbezogene und persönlichkeitsbildende Weiterbildungsmaßnahmen begabter junger Berufstätiger, sofern sie überdurchschnittliche Leistungen erbringen. Es fördert beruflich talentierte und motivierte Fachkräfte, die sich für eine „Karriere mit Lehre“ entschieden haben. Bis einschließlich 2009 wurden insgesamt 85 000 Stipendiaten gefördert. Jährlich kommen über 6000 neue Stipendiaten hinzu.
Zur Gleichstellung beruflicher und allgemeiner Bildung
Die Begabtenförderung in der beruflichen Bildung ist ein wichtiger Schritt, die Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung zu verwirklichen, die Attraktivität der Erstausbildung zu steigern, das Begabungspotential in der beruflichen Bildung zu erschließen und einen leistungsorientierten Fachkräftenachwuchs zu sichern. Oft weckt die Begabtenförderung erst das Interesse an der Weiterbildung, stärkt die Fortbildungsmotivation und die Einsicht in die Notwendigkeit, sich lebenslang zu qualifizieren, wird so zur Anschubfinanzierung für zukünftig eigenständig geplante Bildungsaktivitäten und Karriereschritte. Zusatzqualifikationen, neue Kompetenzen, Fertigkeiten oder fachübergreifende Weiterbildungen sind Bausteine für den Berufserfolg.
Neueren Untersuchungen zufolge beteiligen sich ehemalige Stipendiaten der Begabtenförderung berufliche Bildung an Fortbildungsmaßnahmen weitaus häufiger als gleichaltrige Berufstätige im Allgemeinen. 90 % aller Geförderten konnten zudem ihre berufliche Position verbessern. Über die Hälfte hat verantwortungsvollere Aufgaben übernommen und ein höheres Einkommen erzielt.
Kriterien für die Aufnahme in das Weiterbildungsstipendium
Der Zugang zu dieser attraktiven Förderung kann durch eine der drei folgenden Voraussetzungen erreicht werden:
› Durch eine duale Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), der Handwerksordnung (HwO) oder einem bundesgesetzlich geregelten Fachberuf im Gesundheitswesen. Die Berufsabschlussprüfung, zum Beispiel die Gesellenprüfung, muss mit besser als der Note „gut“ bestanden, also im praktischen und im theoretischen Teil (in der Fertigkeits- und in der Kenntnisprüfung) mindestens einmal mit „sehr gut“ und einmal mit „gut“ bewertet sein, oder
› durch die besonders erfolgreiche Teilnahme an einem überregionalen beruflichen Leistungswettbewerb. Dieses Aufnahmekriterium erfüllt, wer bei einem Landes- bzw. Bundeswettbewerb den ersten, zweiten oder dritten Platz belegen konnte, alternativ Teilnehmer an einem internationalen Leistungswettbewerb war, oder
› durch den begründeten Vorschlag eines Arbeitsgebers oder der Berufsschule als förderungswürdig empfohlen wird. Diese so genannte Öffnungsklausel spielt im Handwerk bisher nur eine untergeordnete Rolle.
Bei der Aufnahme in die Begabtenförderung berufliche Bildung darf der Stipendiat das 25. Lebensjahr nicht vollendet haben. Für Ausfallzeiten, zum Beispiel aufgrund einer schweren Erkrankung von mehr als drei Monaten, eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres können ebenso wie für Elternzeit, Mutterschutz, Grundwehr- bzw. Zivildienst bis zu drei Jahre über das genannte Lebensjahr hinaus angerechnet werden. Generell handelt es sich bei dem zu fördernden Personenkreis um junge Menschen mit einer abgeschlossenen dualen Berufsausbildung, die ihre Begabung und Leistungsfähigkeit in Ausbildung und Beruf bereits bewiesen haben und die weiterhin Leistungsbereitschaft erwarten lassen. Auch ausländische Absolventen der dualen Berufsausbildung werden in das Förderprogramm aufgenommen, wenn sie die erwähnten Bedingungen erfüllen.
Art der Förderung
Gefördert werden anspruchsvolle fachbezogene und praxisnahe Fortbildungen, um berufliche Qualifikationen zu erwerben, ferner die Vorbereitung auf Prüfungen der beruflichen Aufstiegsfortbildung und die Teilnahme an „Bildungsmaßnahmen, die der Entwicklung fachübergreifender und allgemeiner beruflicher oder sozialer Kompetenzen oder der Persönlichkeitsbildung dienen“. Dazu zählen auch Veranstaltungen zur Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten und Intensivsprachkurse im Ausland. Berufsbegleitende Studiengänge sind förderfähig, sofern sie auf die „Ausbildung oder Berufstätigkeit … des Stipendiaten fachlich/inhaltlich aufbauen“.
Gefragt sind mit einem Viertel aller beantragten Weiterbildungen bedarfsgerechte handwerklich-technische Qualifikationen, außerdem Maßnahmen zur Verbesserung kaufmännisch-betriebswirtschaftlicher Kenntnisse, Intensivsprachkurse (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch), neue Informations- und Kommunikationstechniken (EDV, Internet, Multimedia), Seminare zum Konfliktmanagement, ebenso die Qualifizierungsbereiche „Planung, Organisation, Leitung“, zum Beispiel Projekt- oder Qualitätsmanagement, „Recht“, „Kommunikative Fähigkeiten“, „Persönlichkeitsbildung“ und „Gestaltung/Design/Kunst“. Die Fortbildungspräferenzen lassen häufig die Nähe zu den beruflichen Tätigkeitsschwerpunkten der Erstausbildung erkennen. Sie entsprechen zumeist auch den aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt.
Aufstiegsfortbildung ist förderungsfähig
Seit 1995 sind Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung in vollem Umfang förderungsfähig, so die Vorbereitungslehrgänge auf die Techniker- oder die Meisterprüfung, auf Bildungsabschlüsse wie Betriebsassistent (Managementassistent) im Handwerk, Fachkaufmann/Fachkauffrau (HWK), Technischer Fachwirt (HWK), Betriebswirt (HWK), Gestalter im Handwerk, Restaurator im Handwerk oder Gebäudeenergieberater (HWK). Die Aufstiegsqualifizierung hat seit Beginn des Förderprogramms deutlich an Attraktivität gewonnen. Diese Weiterbildungsvariante gilt als besonders karriereförderlich. Überdurchschnittlich oft entscheiden sich Stipendiaten aus dem Handwerk für die Qualifizierung zum Meister. Bei diesem Personenkreis ist die Bereitschaft zur Selbständigkeit überaus groß. Antragsteller können die Weiterbildungsmaßnahmen und Bildungsanbieter nach eigenem Ermessen aus den verschiedenen Angeboten wählen. Anbieter der genannten Bildungsmaßnahmen sind unter anderem die Handwerkskammern, ihnen nahe stehende Einrichtungen (Berufsbildungs- und Technologiezentren, Akademien des Handwerks), Schulen, sonstige Lehrinstitute, Reiseveranstalter und die Betriebe selbst.
Umfang und Dauer der Förderung
Zu den förderfähigen Kosten zählen sowohl die Maßnahmekosten (Teilnahmegebühren) als auch die maßnahmebedingten Zusatzkosten für Fahrten, Aufenthalte, besondere Materialien und Handwerkszeug. Stipendiaten erhalten nicht zurückzuzahlende Zuschüsse zur Finanzierung ihrer berufsbegleitenden Weiterbildungsaktivitäten bis zu 1700 € jährlich, und zwar in der Regel drei Jahre lang (Aufnahmejahr plus zwei Kalenderjahre), also insgesamt bis zu 5100 €. Der Eigenanteil an den Weiterbildungskosten beträgt 10 % der förderfähigen Kosten pro Maßnahme. Mit dem Förderbetrag können mehrere Bildungsmaßnahmen finanziert werden. Vor der Antragstellung begonnene Fortbildungen werden im Allgemeinen nicht bezuschusst. Es besteht kein Rechtsanspruch, in die Begabtenförderung aufgenommen zu werden.
Zuständigkeiten und Durchführungsinstanzen
Für die Umsetzung des Förderprogramms vor Ort und die Betreuung der Stipendiaten auf der unteren Verwaltungsebene ist die Stelle zuständig, bei der das Berufsausbildungsverhältnis eines Interessenten eingetragen war, im Bereich des Handwerks also die Handwerkskammer. Sie wählt die Stipendiaten aus, berät sie, entscheidet entsprechend den Richtlinien über die Aufnahme in die Förderung, berechnet die förderfähigen Kosten und zahlt den Förderbetrag aus. Diese berufsständische Organisation erteilt auch Auskünfte, verfügt über Informationsmaterial und Antragsformulare.
Seit 1997 koordiniert die „Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB)“ in Bonn als die mittlere Instanz die bundeseinheitliche Umsetzung des Förderprogramms. Sie unterstützt unter anderem die Kammern mit geeignetem Material, ermittelt und bewilligt die Fördermittel, kontrolliert auch deren Verwendung durch die Kammern. Die Förderung von Maßnahmen im außereuropäischen Ausland bedarf der Zustimmung der Stiftung. Auf der oberen Verwaltungsebene stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die jährlichen Fördermittel bereit und schreibt die Förderrichtlinien fort.
Weitere Informationen erhalten Sie im Internet unter www.ssb-stipendien.de. Unter dieser Adresse sind auch Informationen über das Aufstiegsstipendium zur Förderung beruflich Begabter während eines Hochschulstudiums zu finden.