Kühlung von Rechenzentren

Ein Rückblick in die Geschichte der Kältemittel und ein Plädoyer für Propan

Rechenzentren müssen sich der Herausforderung stellen, so umweltfreundlich wie möglich zu sein. Ein wichtiger Faktor dabei ist die Wahl des Kältemittels in Anlagen zur Kälteerzeugung. Denn diese Wahl beeinflusst die Umweltauswirkungen und die Kosten der eingesetzten Kälte­systeme maßgeblich. Propan ist eines jener natürlichen Kältemittel, die zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken – und das zu Recht.
Mit Propan haben Rechenzentrumsbetreiber einen Teil der Lösung für die enormen Umweltherausforderungen an der Hand.

Der Bedarf an Rechenzentren nimmt angesichts der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft weiter zu. Damit steigt auch der Bedarf an Klimatisierungslösungen in diesem Bereich. Denn die sensible IT, ohne die kaum ein Geschäftsmodell mehr funktioniert, muss gekühlt werden. Die dafür notwendigen Kälteanlagen brauchen Kältemittel. Die bislang dafür genutzten Stoffe aber sind problematisch. Ein kurzer Rückblick in die Entwicklung der Kältemittelthematik:

FCKWs und ihre Abschaffung

In den 1950er Jahren wurden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW und HFCKW) als großer Fortschritt gefeiert. Mit ihrer Ungiftigkeit und Nichtentflammbarkeit galten sie als perfekte Alternative zu älteren Kälte­mitteln­,­ wie Schwefeldioxid und Ammoniak. In den 1970er Jahren wuchs das Verständnis für Umweltfragen und es wurde erkannt, dass diese Kältemittel wesentlich zum Abbau der Ozonschicht beitragen. Dies führte zum Montrealer Protokoll, durch das FCKWs und HFCKWs kontrolliert und schließlich in den 1990er Jahren aus dem Verkehr ­gezogen wurden.

HFKW sind kein nachhaltiger Ersatz

Als Ersatz für FCKWs und HFCKWs wurde eine weitere Familie von Fluorkohlenwasserstoffen entwickelt: die teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW). Sie sind ungiftig und nicht brennbar und besitzen kein Ozonabbaupotenzial. Diese Produkte sind heute in der Kühlindustrie weit verbreitet und werden auch in vielen Rechenzentren als Kältemittel eingesetzt. Durch den zunehmenden Fokus auf den Klimawandel und die Treibhausgasemissionen wurde jedoch deutlich, dass HFKWs starke Treibhausgase mit einem hohen Treibhauspotenzial (GWP = Global Warming Potential) sind. Daher wurden weitere Vorschriften erlassen, um die Verwendung dieser Produkte schrittweise einzustellen. Die F-Gase Verordnung in Europa etwa setzt auf Reduktion und Verbote. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Reduktion der handelbaren Menge, kommt es zu einer Preiserhöhung, was diese Stoffe für Betreiber unattraktiver macht.

Der zweite Aspekt der F-Gase-Verordnung sind Verwendungsverbote, die darauf abzielen, die Verwendung von Produkten mit hohem GWP-Wert schnell zu unterbinden und den Gesamt-GWP-Wert von Kältemitteln bzw. deren Inverkehrbringen in der EU im Laufe der Zeit zu reduzieren. Während die F-Gase-Verordnung nur in Europa gilt, hat sich der Rest der Welt auf das Kigali-­Abkommen geeinigt. Es spiegelt im Grunde die F-Gase-Verordnung wider, indem es ­einen weltweiten Ausstieg und Verwendungsverbote vorsieht.

Auch die AVV Klima (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klima­freundlicher Leistungen) der deutschen Bundesregierung, die Anfang 2022 in Kraft getreten ist, zielt in dieselbe Richtung.
Sie enthält eine „Negativliste“ von Leistungen, die von Dienststellen des Bundes nicht mehr bezogen werden dürfen. Dazu gehören Baustoffe, die teilhalogenierte Fluor­chlorkohlenwasserstoffe (HFCKW) und teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) ­enthalten oder unter Verwendung dieser Stoffe hergestellt wurden. Auch Flüssigkeitskühler mit mehr als 10 kW Nennkälteleistung dürfen hiernach keine Kältemittel mit
GWP ≥ 150 enthalten.

HFO sind auch keine Alternative

Betreiber von Rechenzentren stehen somit vor der Herausforderung, ein Kältemittel
zu wählen, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht und in ökologischer sowie auch ökonomischer Hinsicht Zukunfts­sicherheit bietet. Durch ihre Umweltschädlichkeit und die Regulierung bieten FKW-Kälte­mittel de facto keine Zukunftssicherheit. Die von der Kälteindustrie propagierten HFO-­Kältemittel stellen ebenfalls keine rea­listische Alternative dar. Vor ihnen warnt die Wissenschaft bereits, weil sie in der Natur zu persistenter Trifluor­essigsäure (TFA) abgebaut werden, die sich in Oberflächen­gewässern, im Grundwasser und in den Meeren anreichert.
TFA ist bereits in verdünnter Form schädlich für Wasserorganismen und steht in Verdacht, auch das menschliche Zentralnervensystem zu beeinflussen. Darüber hinaus wird Flussspat bzw. Calciumfluorid, welches den wesentlichen Ausgangsstoff der gesamten Fluorchemie darstellt, auf der EU-Liste der
30 kritischsten Rohstoffe geführt, da welt­weit nur wenige große Lagerstätten in China und Mexiko existieren.

Den Fokus auf natürliche Kälte­mittel legen

Daher rücken nunmehr die sogenannten naturidenten Kältemittel ins Zentrum der Aufmerksamkeit, darunter vor allem Propan (R290). Propan ist eine natürlich vorkommende Substanz, die als Nebenprodukt bei der Erdgasförderung und der Ölraffination anfällt. Es wird in verschiedenen Bereichen erfolgreich genutzt, z. B. zum Kochen, als Brennstoff für Motoren, zum Löten und Schweißen oder als Treibstoff für Heißluftballons. Propan gehört zu den Kohlenwasserstoffen und ist grundsätzlich seit über 100 Jahren als Kältemittel bekannt, konnte aber in der Vergangenheit nicht eingesetzt werden. Das lag vor allem daran, dass durch seine Entflammbarkeit entscheidende Komponenten in den eingesetzten Kältemaschinen nicht für den Einsatz von Propan geeignet waren, etwa der Kompressor oder Teile der Elektronik, und gesetzliche Vorgaben die Nutzung untersagten. Die technologische Entwicklung sowie Gesetzesänderungen in Europa machen den Einsatz von Propan jetzt möglich, obwohl es hoch-entzündlich ist. Moderne Lösungen ermöglichen die Nutzung von Propan mit geringstmöglichen Füllmengen, wodurch das Risiko auf ein niedriges Niveau sinkt. Mit den entsprechenden technologischen und organisatorischen Maßnahmen ist Propan als Kältemittel sicher beherrschbar.

Propan besitzt ein niedriges GWP

Propan hat einen vernachlässigbaren GWP-Wert von 3, ist ungiftig und besitzt kein Ozon­abbaupotential. Aufgrund dessen unter­liegt es keinerlei Beschränkungen und kann als langfristige Lösung angesehen werden. Grundsätzliche Voraussetzung sind Maßnahmen zur Risikovermeidung bei der Verwendung entflammbarer Kältemittel. Dazu gehören eine sorgfältige Auslegung der Systeme und die Anwendung von Sicher­heitsnormen. Werden diese Aspekte berücksichtigt, bietet Propan, neben seiner Unbedenklichkeit in Bezug auf die Umweltbelastung, eine ganze Reihe von weiteren Vorteilen:

1. Niedriger Preis

Der niedrige Preis von Propan ist zwar nicht der Hauptgrund für seine Verwendung, aber der Unterschied zu synthetischen Kältemitteln ist so groß, dass dieser Vorteil nicht außer Acht gelassen werden darf. Derzeit liegt der ungefähre Preis von Propan bei 15 Euro netto pro kg. Die Preise für HFO-Kältemittel­gemische wie R455A oder R454C liegen dagegen bei etwa 110 Euro netto pro kg.

Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem ­Zusammenhang ist die Stabilität der Preise. Die Entwicklung der Preise in den letzten drei Jahren hat deutlich gezeigt, dass die einzigen Kältemittel mit praktisch konstanten Preisen natürliche Kältemittel wie Propan waren. Dazu kommt, dass Kälteanlagen mit Propan zwar in der Planung und Umsetzung einige „Extra“-Maßnahmen erfordern. Berechnet auf die übliche Laufzeit eines Rechenzentrums von 15 bis 20 Jahren liegen die Kosten dafür aber im Promillebereich. Auch der Umbau hin zu einer Kälteanlage mit Propan ist mit vertretbarem Aufwand realisierbar.

2. Die Verwendung von Propan wird zunehmen

Die Wahl eines weit verbreiteten Kältemittels bedeutet mehr allgemein vorhandenes Wissen darüber und eine große Verfüg­barkeit von Komponenten. Diese beiden Vorteile sind bei der Projektierung und dem Bau eines Systems von großem Vorteil, nicht zuletzt, weil es die Preise senkt.

3. Hoher Wirkungsgrad

Propan besitzt hervorragende thermodynamische Eigenschaften, die zu einer hohen Energieeffizienz führen. Beispielsweise ist die latente Verdampfungswärme von ­Propan fast doppelt so hoch wie die der gebräuchlichsten HFKW-Kältemittel. Dies bedeutet einen höheren Kühl-/Wärme­effekt bei gleichem Kältemittelmassenstrom. Es versteht sich von selbst, dass eine höhere Effizienz niedrigere Betriebskosten und weniger indirekte CO2-Emissionen bedeutet. Propan ist vor allem bei hohen Außen­temperaturen bestens geeignet, da es eine günstige Drucklage aufweist. Das ist angesichts der Klimaveränderungen auch in Europa von Vorteil.

4. Große Einsatzbandbreite

Kältetechnik mit Propan als Kältemittel kann in weiten Leistungsbereichen von einigen kW bis hin zu vielen 100 kW eingesetzt ­werden.

Anforderungen für die Nutzung
von Propan

Wegen seiner Entflammbarkeit sind bei der Installation und Wartung von Kältemaschinen, die Propan enthalten, besondere Maßnahmen zu berücksichtigen. Propan besitzt eine höhere Dichte als Luft. Sollte also ein Leck auftreten, verdrängt es die Luft und sinkt auf den tiefsten Punkt. Das bedeutet, dass es sich in geschlossenen Räumen ansammeln kann. Es entsteht Explosions­gefahr, wenn das ausgetretene Gas mit einer Flamme, einem Funken oder einer anderen Zündquelle in Berührung kommt. Hierbei sollte allerdings auch nicht unerwähnt ­bleiben, dass Propan ein nur geringes Zündfenster besitzt. Eine zündfähige Atmosphäre bildet sich nur bei einer Konzentration von 1,7 bis 9,5 Vol.%.

Dennoch werden entsprechende Kälte­maschinen gasdicht und versiegelt, mit Sicherheitskomponenten ausgestattet, in einer nicht explosionsfähigen Atmosphäre genutzt und nur von Personen in Betrieb genommen, die über die entsprechende Erfahrung, Ausbildung und Qualifikation verfügen. Nur erfahrene ­Kältetechniker, die eine entsprechend zertifizierte Ausbildung absolviert haben, dürfen Kältemaschinen auf Propanbasis warten und instandhalten. Da Propan immer verbreiteter wird, werden immer mehr Personen für die Arbeit mit Propananlagen geschult. In Europa sind zudem nur Geräte zulässig, die über eine EU-Konformitätserklärung ver­fügen und somit mit den einschlägigen ­Vorschriften und Normen übereinstimmen. Der Installations- und Inbetriebnahme­prozess ist im Wesentlichen derselbe wie bei jeder anderen Kältemaschineninstallation, obwohl es besonders wichtig ist, dass eine ordnungsgemäße Risikobewertung für die vorgesehene Position der Kältemaschinen durchgeführt wird.

Propan mit seinen vielen positiven Eigenschaften und den bekannten Risiken ist technologisch beherrschbar, kostentechnisch attraktiv und für die Umwelt ein ­Gewinn. Es stellt einen Lösungsbaustein für eine Herausforderung dar, die unvermeidlich in Angriff genommen werden muss: Der Bau und die Nutzung von umweltfreund­licheren Rechenzentren.

Hintergrund

Secon ist ein ganzheitlich arbeitendes Systemhaus auf dem Gebiet der umweltschonenden und energieeffizienten Kälteerzeugung und Rückkühlung. Der besondere Fokus richtet sich hierbei auf Flüssigkeitskühler mit natürlichen Kältemitteln sowie effiziente und ressourcen­sparende Rückkühlsysteme.
Die Prior1 GmbH ist der Experte bei allen Fragen rund um ein betriebssicheres Rechenzentrum, unabhängig von Branchen oder Un­ter­nehmensgröße. Das 70 MitarbeiterInnen starke, inhabergeführte Unternehmen mit Hauptsitz in Sankt Augustin sowie weiteren Niederlassungen in Berlin, Karlsruhe, München und Weitefeld hat sich u.a. auf die Planung, den Bau, die Wartung und die Ausstattung von Rechenzentren und Serverräumen spezialisiert.

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