HFKW nach dem Kigali-Beschluss  

Weltweite Reduktion erfordert Alternativen

Vor dem Hintergrund der Wachstumsprognosen für die globale Nachfrage nach Kälte- und Klimaanlagen ist die Erweiterung des Montrealer Protokolls durch den Beschluss von Kigali von erheblicher klimaschutzpolitischer Bedeutung. Nachfolgend werden die Hintergründe des im Jahr 2016 verabschiedeten Beschlusses zur weltweiten Regulierung von HFKW vorgestellt und bereits realisierte nationale und regionale Ansätze präsentiert. Anhand der ausgewählten Länderbeispiele Japan und Indien wird zudem aufgezeigt, inwieweit HFKW-Alternativen bereits Anwendung finden und ihre Marktdurchdringung gefördert werden kann.

Der Beschluss von Kigali

Das Montrealer Protokoll wurde 1987 mit dem Ziel vereinbart, die weltweite Produktion und Verwendung Ozonschicht zerstörender Stoffe (ODS) wie FCKW, HFCKW und Halone zu reduzieren und perspektivisch zu verbieten („Phase-out“). In der Folge wurden zahlreiche Alternativen zu ODS entwickelt und in verschiedenen Anwendungen eingeführt. Hervorzuheben sind die HFKW, die allerdings seit langem aufgrund ihres hohen Treibhauspotenzials (Global Warming Potential, GWP) in der Kritik stehen. Im Oktober 2016 wurde die Erweiterung des Montrealer Protokolls durch den Kigali-Beschluss verabschiedet und tritt am 01. Januar 2019 in Kraft. Mit dem Kigali-Beschluss wurde die weltweite Reduzierung von HFKW beschlossen („Phase-down“).

Der Kigali-Beschluss ist vor dem Hintergrund der Wachstumsprognosen für die globale Nachfrage nach Kälte- und Klimaanlagen von erheblicher klimaschutzpolitischer Bedeutung: Ohne international vereinbarte Reduktionsmaßnahmen könnte der heutige Anteil der HFKW-Emissionen an den weltweiten Treibhausgasemissionen von 2 % auf bis zu 20 % im Jahr 2050 steigen [1]. Vor allem in Entwicklungsländern, in denen in vielen Bereichen noch immer ODS in großem Umfang zur Anwendung kommen, wird mit einem raschen Anstieg des HFKW-Verbrauchs gerechnet. Nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) ist eine Zunahme des Bestands von Raumklimageräten von derzeit 660 Mio. auf ca. 1,5 Mrd. im Jahr 2030 zu erwarten.

Die internationalen Verhandlungen zur Regulierung von HFKW begannen bereits im Jahr 2009. Der Kigali-Beschluss sieht nun verschiedene Reduktionszeitpläne für die Vertragsstaatengruppen vor, wobei in Industrieländern die zeitlich gestuften Minderungsschritte schneller realisiert werden sollen als in Entwicklungsländern. Zudem gibt es eine jeweils „langsamere“ Untergruppe, der mehr Zeit für die HFKW-Reduzierung und damit auf die Umstellung auf Alternativen eingeräumt wird [2].

Die Europäische Union (EU) hat sich in den vergangenen Jahren stark für die Beschränkung der nun im Kigali-Beschluss erfassten klimaschädlichen Kältemittel eingesetzt. Bereits seit 2015 reguliert die EU HFKW mittels der Verordnung (EU) Nr. 517/2014 (EU F-Gase-Verordnung) und machte damit weltweit den ersten Schritt zur Umsetzung eines HFKW-„Phase-downs“. Der in der EU verabschiedete „Phase-down“ ist hierbei ambitionierter als der für Industrieländer unter dem Montrealer Protokoll vereinbarte Reduktionszeitplan. In Abbildung 1 ist der EU-Phase-down den Reduktionsschritten des Kigali-Beschlusses gegenübergestellt. Es wird deutlich, dass die HFKW-Reduzierungen in der EU etwas zeitiger und in geringeren zeitlichen Abständen geplant sind.

Bei einem Vergleich von Industrie- und Entwicklungsländern hinsichtlich der zu realisierenden HFKW‑Reduktionen wird deutlich, dass das größte Einsparpotential (ausgedrückt in CO2‑Äquivalenten) in Entwicklungsländern (siehe Abbildung 2) liegt. Während in vielen Industrieländern bereits verschiedene Ansätze zur Reduzierung von HFKW existieren, werden in Entwicklungsländern erst im kommenden Jahrzehnt konkrete regulatorische Maßnahmen eingeführt.

Der im Kigali-Beschluss verankerte globale HFKW-Phase-down kann substanziell zu dem im Rahmen des Pariser Abkommens vereinbarten Klimaziel beitragen, den globalen Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Würde der globale HFKW-Verbrauch nicht reguliert werden, könnten Berechnungen zufolge HFKW‑Emissionen eine globale Erwärmung um weitere 0,5 Grad bewirken [3].

Nationale und regionale HFKW-Regulierungsansätze

Die Einigung in Kigali kam jedoch nicht ohne Vorerfahrungen zustande. Vielmehr wurden auch über die EU hinaus in vielen Regionen der Welt bereits nationale oder regionale Ansätze zur Regulierung des HFKW-Verbrauchs eingeführt, die aktuell vor allem den Kälte- und Klimasektor betreffen. Diese reichen von Verboten über verschiedene ökonomische Maßnahmen hin zu Vorgaben für Kennzeichnungen, Zertifizierungen, Inspektionen, Dichtheitskontrollen, Aus- und Weiterbildung, Rückgewinnung, Entsorgung und Zerstörung von HFKW sowie Berichterstattung. Um die Verwendung von HFKW in spezifischen Anwendungen oder Sektoren ab einem festgelegten Datum zu unterbinden, haben sich Verbote bisher als besonders wirksame Maßnahme durchgesetzt. Preis- oder mengengesteuerte Instrumente wie Abgaben (Steuern oder Gebühren), Quoten- oder Lizen-sierungssysteme sind hingegen sektorübergreifend anwendbar, und zielen darauf ab die Flexibilität der am Markt beteiligten Akteure mit Blick auf die Umstellung auf klimafreundliche Technologien zu erhöhen. Subventionen und finanzielle Anreizprogramme eignen sich darüber hinaus, um Alternativen zu HFKW und technologischen Neuerungen gezielt zu fördern.

Die EU-F-Gase-Verordnung enthält eine Vielzahl der aufgezählten Maßnahmen und stellt im internationalen Vergleich eine der umfassendsten Regulierungen dar. Zusätzlich gelten in einigen EU‑Mitgliedstaaten wie Spanien, Dänemark und Schweden komplementäre Maßnahmen (Steuern, Verbote). Abbildung 3 gibt einen Überblick, in welchen Ländern – auch außerhalb der EU – HFKW-Regulierungen existieren.

HFKW-Alternativen am Beispiel von Japan und Indien

In Ländern wie Japan und Indien wird seit einigen Jahren die Anwendung von HFKW-Alternativen zunehmend sichtbarer. Während in Japan die Gründe hierfür vor allem in der in 2015 eingeführten F‑Gase‑Regulierung und staatlichen Förderprogrammen liegen, sind diese in Indien vornehmlich entwicklungspolitischer Natur.

Umfassende Subventionsprogramme haben in Japan die Markdurchdringung transkritischer CO2‑Anlagen in der Gewerbekälte deutlich beschleunigt (aktuell rund 2700 Anlagen, Zuwachs von 80 % im Vergleich zu 2015). Auch im Bereich der CO2-Warmwasser-Wärmepumpen wurden durch staatliche Fördergelder die anfänglich höheren Beschaffungskosten kompensiert und damit auf ein konkurrenzfähiges Niveau gegenüber HFKW-basierten Geräten gesenkt (aktueller Bestand ca. 6 Mio. CO2-Warmwasser‑Wärmepumpen). Japan ist darüber hinaus weltweit führend in der Umstellung von bestehenden R22-Anlagen auf sekundäre NH3-CO2-Systeme (ca. 450 Anlagen) sowie in der Einführung von CO2-Verflüssigungssätzen für kleinere Geschäftsformate.

Im Gegensatz dazu existieren in Indien derzeit noch keine nationalen Regulierungen. Dank entwicklungspolitischer Programme sind bei der Einführung von Alternativen dennoch deutliche Entwicklungen zu verzeichnen. Von der nationalen Regierung und dem Multilateralen Fonds des Montrealer Protokolls gefördert, arbeiteten UN-Sonderorganisationen wie UNIDO und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) erfolgreich an der Einführung von umweltfreundlichen Alternativen zu R22. Ziel ist die Verbreitung von Technologien, die auf die Anwendung von HFKW als herkömmliche Ersatzsubstanz verzichten und direkt auf Kohlenwasserstoffe oder natürliche Kältemittel zurückgreifen (sog. „leap frog“). Vor dem Hintergrund der teilweise hohen Außentemperaturen in Indien und des entsprechend großen Bedarfs an Raumklimaanlagen ist Propan (R290) aufgrund der hohen kritischen Temperatur als Kältemittel besonders geeignet. Im Rahmen einer von Godrej & Boyce eingeführten Produktionslinie für Split-Propananlagen wurden bisher mehr als 400.000 Geräte auf den Markt gebracht, mit weiter steigender Tendenz. Die Einführung dieser Geräte wurde durch hohe Sicherheitsstandards und erweiterte Schulungsmaßnahmen für den Umgang mit brennbaren Kältemitteln begleitet.

Ausblick

Die Länderbeispiele von Japan und Indien zeigen nur einen kleinen Ausschnitt der aktuellen weltweiten Entwicklungen hin zu HFKW-Alternativen. Zur Umsetzung der Reduktionspflichten des Kigali-Beschlusses müssen künftig Industrie- und Entwicklungsländer mit der Einführung neuer oder Überprüfung existierender HFKW-Regulierungsansätze die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Ziele von Kigali müssen darüber hinaus bestehende Barrieren für die Etablierung klimafreundlicher HFKW-Ersatzstoffe und Technologien beseitigt werden.

 

[1] Velders, G. J., Fahey, D. W., Daniel, J. S., McFarland, M. & Andersen, S. O. (2009). The large contribution of projected HFC emissions to future climate forcing. Proceedings of the National Academy of Sciences, 106, 10949-10954.
[2] Industrieländer Untergruppe (UG): Kasachstan, Russland, Tadschikistan, Usbekistan, Weißrussland /Entwicklungsländer Untergruppe (UG): Bahrain, Irak, Iran, Katar, Kuwait, Oman, Pakistan, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate.
[3] Xu, Y., Zaelke, D., Velders, G. J. & Ramanathan, V. (2013). The role of HFCs in mitigating 21st century climate change. Atmospheric Chemistry and Physics, 13, 6083-6089.
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