Legionellentote in Ulm
Nachdem in Ulm fünf Menschen an den Folgen einer Legionellen-Infektion gestorben und mehr als 60 weitere erkrankt sind, geraten Klimaanlagen wieder ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik – wohl leider auch zu Recht. Obwohl die Infektionsquelle noch nicht ausfindig gemacht werden konnte, erscheint es nämlich den Behörden als wahrscheinlichste Lösung, dass Schwaden aus einer mit Legionellen kontaminierten Rückkühlanlage über das Stadtgebiet gezogen sind und so für die Erkrankungen und Todesfälle gesorgt haben.
So traurig die Konsequenzen für die Betroffenen und deren Angehörige sind, und denen man an auch erster Stelle gedenken muss, aus klimatechnischer Sicht beginnt das Jahr 2010 mit einem Fiasko. Hat die Klimatechnik doch Jahr für Jahr im medialen Sommerloch mit miserabler Presse zu kämpfen, wenn Klimaanlagen als Pollenschleudern, Krankmacher und Energiefresser verschrien werden. Jetzt bekommt unsere Branche schon gleich zu Anfang des Jahres ihr Fett weg. Und wer unterscheidet als Lokaljournalist schon zwischen einem Nass-Kühlturm und einer Splitklimaanlage – „die“ Klimatechnik gerät in Ulm und Neu-Ulm unter Generalverdacht. Polizeihubschrauber kreisten über dem Stadtgebiet, um die – nicht genehmigungspflichtigen und damit auch nicht behördlich erfassten – Kühlanlagen auf den Dächern zu filmen. Zudem wurden alle Betriebe und Einrichtungen im Stadtgebiet, die Nasskühlsysteme, Verdunstungsrückkühlanlagen oder Kühltürme auf ihrem Gelände oder Dach installiert haben, aufgefordert, sich mit der Stadtverwaltung in Verbindung zu setzen.
Gegen die schlechte Presse im Zusammenhang mit diesen für die Klimatechnik wenig imagefördernden Maßnahmen werden die Kälte- und Klimaanlagenbauer vor Ort noch einige Zeit anzukämpfen haben. Dabei ist es ja nicht die Technik an sich, die zu den Legionellen-Infektionen geführt hat, sondern fehlende Inspektionen, schlampige Reinigungen und eingesparte Wartungen durch Fachleute – sprich die mangelnde Sorgfaltspflicht der Betreiber –, die anzuprangern wäre.
Zwar regelt die VDI 6022 die hygienischen Anforderungen an Wartung, Inspektion und Reinigung von Lüftungsanlagen – allerdings gilt hier wie so oft: Wenn es niemand kontrolliert, verzichtet so mancher Betreiber gerne auf die damit verbundenen Kosten. Insofern sollten Sie als Kälte- und Klima-Fachleute die Vorfälle in Ulm zum Anlass nehmen, um Kunden, die bislang auf Wartungsdienstleistungen verzichtet haben, wieder einmal die möglichen Konsequenzen einer solchen Unterlassung aufzuzeigen. Denn wer vielleicht auf dem Ohr taub ist, dass eine Klimaanlage bei regelmäßiger Wartung nicht nur hygienischer, sondern auch energieeffizienter arbeitet, der merkt vielleicht auf, wenn ihm klar wird, dass womöglich auch der Staatsanwalt wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung anklopfen könnte.
Ihr Christoph Brauneis
Ergänzung (6. Februar 2010): Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, ist ein Kühlturm auf dem Telekom-Gebäude in der Nähe des Hauptbahnhofs, der erst Ende des vergangenen Jahres in Betrieb genommen worden war, der Auslöser gewesen. Bei erschreckenden acht weiteren Anlagen im Stadtgebiet waren Legionellen festgestellt worden - die für die Todesfälle und Erkrankungen verantwortlichen Erreger stammen jedoch, wie die TU Dresden ermitteln konnte, von der kontaminierten Telekom-Anlage.