Nachhaltig – von der Erzeugung bis zur Auslieferung

Bio-Gemüselager setzt auf Ammoniak und Direktverdampfer

Wie frisch Bio-Gemüse Monate nach der Ernte zum Verbraucher gelangt, hängt von den Lagerbedingungen ab. Nur wenn Temperatur, CO2 und Luftfeuchtigkeit punktgenau stimmen, bleiben Aromen und Vitamine lange erhalten und der Lagerdruck (z.B. Austrieb) sinkt. Bio-Händler PUR Organic Products ging daher bei der Kühlung keinerlei Kompromisse ein. Dank einer Ammoniakkälteanlage, leistungsfähiger Direktverdampfer und einer auf die Anwendung abgestimmten Regelung lassen sich beste Bedingungen zur Langzeitlagerung der Bio-Erzeugnisse schaffen.

„Ein ganzes Arbeitsleben von mir steckt in der Bio-Landwirtschaft. Ich habe noch nie etwas anderes gemacht“, meint Johann Ackerl. „Und ich bin total glücklich, dass es so ist.“ Seit über 40 Jahren lebt er Nachhaltigkeit: Als junger Mann kehrte er der konventionellen Landwirtschaft den Rücken und begann, seine Felder als Bio-Bauer zu bestellen. Damals fiel er damit aus dem Rahmen. Die meisten Landwirte wollten von Bio-Obst und -Gemüse noch nichts wissen, viele haben ihn belächelt. Ackerl war seiner Zeit voraus. Als Vorreiter der Branche gründete er schließlich eines der größten Handelsunternehmen für Bio-Gemüse in Österreich: die Firma PUR Organic Products. Das Unternehmen hat etwa 120 Landwirte unter Vertrag und beliefert große Handelsketten mit Erzeugnissen aus Niederösterreich und dem Burgenland.

Als Bindeglied zwischen den Bio-Bauern und den Handelsketten unterhält PUR Organic Products Lager, um die ganzjährige Versorgung mit hochwertiger Ware zu ermöglichen. Dazu muss die Ernte über viele Monate bei optimalen Konditionen eingelagert werden – zum Beispiel in dem 2019 fertiggestellten, von der Tochtergesellschaft PURes Biogemüse GmbH betriebenen Lager in Oberweiden. Hier liefern österreichische Landwirte, sehr regional, aus einem Umkreis von etwa 25 km an; die meisten betreiben einen Hof mit etwa 100 bis 200 ha Größe.

Effiziente Gebäudetechnik

Über 5 Mio. € hat PUR Organic Products investiert, um aus 2.000 m³ Beton, 400 t Stahl und 10.000 m² Isolierpaneelen eines der größten Bio-Lager des Landes errichten zu lassen. Doch nicht die Gebäudehülle ist das Besondere, sondern die effiziente Technik, mit der die Lebensmittel frisch gehalten werden. Geplant und installiert wurde die Heiz- und Kühltechnik von ENGIE Kältetechnik Wien und den Agrar-Experten von ENGIE Niederlande. Die Anlage sorgt dafür, dass Karotten, Kartoffeln, Zwiebeln sowie Knoblauch und Süßkartoffeln auch noch kurz vor der nächsten Erntesaison voller Geschmack und Vitamine stecken.

Individuelle Temperaturen gefordert

Damit die bis zu 7.000 t Gemüse auf 4.500 m² bei der jeweils passenden Temperatur, CO2-Konzentration und Feuchtigkeit lagern, ist die Halle in mehrere Bereiche aufgeteilt: Angrenzend an eine große Fläche, die das wettergeschützte Ein- und Auslagern ermöglicht, sind L-förmig insgesamt acht Räume angeordnet.

Luftfeuchtigkeit und Temperatur werden dem jeweiligen Produkt angepasst. Zum Erreichen optimaler Lagerkonditionen dienen Luftkühler bzw. -erhitzer. „Sie sollen die Zieltemperatur im Umluftbetrieb herstellen, dürfen aber nicht mit zu großen Raumtemperatur-Differenzen ausblasen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass Bereiche des Raums zu kühl oder zu warm werden“, sagt Peter Kratzer. Er hat das Projekt als Vertriebsmitarbeiter bei ENGIE in Wien begleitet. Hohe Leistung und ein hoher Luftdurchsatz bei großen Wurfweiten sind daher essentiell.

Wie wichtig die exakte Hallenluftkonditionierung ist, macht das Beispiel Kartoffeln deutlich: Durch ideale Lagerbedingungen lässt sich die Austrocknung der Bio-Kartoffeln von etwa 10 auf weniger als 3 % reduzieren. Außerdem minimiert eine optimale Lagerung das Risiko von Austrieben, Druckstellen, Krankheiten und Fäulnisnestern. Ein wesentlicher Punkt ist auch, dass es keinen Kontakt mit der Außenluft gibt.

Regelung für Gemüselager optimiert

Für die richtige „Dosis“ an kühler oder warmer Luft sorgt das iStorage-Regelungssystem. „iStorage ist ein System, dass ENGIE Niederlande zusammen mit der landwirtschaftlichen Fachschule in Dronten entwickelt hat“, erläutert Kratzer. Die Regelung steuert die gesamte Anlage und reduziert so die Anzahl der benötigten Kühlräume, da iStorage für unterschiedliche saisonale Gemüsesorten die Kühlräume mehrfach nutzbar macht. Des Weiteren steuert die intelligente Regelung die fünf Bitzer-Verdichter mit Frequenzumformern und jeweils 100 kW maximaler Kälteleistung, die Pumpen für den Kältemitteltransport und den Einsatz der multifunktionellen Umluftverdampfer in den Kühlräumen. Bei allen Antrieben lässt sich die Drehzahl regulieren, damit möglichst wenig Strom verbraucht wird.

Spart Strom: Ammoniak statt Sole

Rund 600 kg Ammoniak fasst die Gesamtanlage. Ammoniak ist für das PUR-Lager trotz seiner Toxizität das Kältemittel erster Wahl, da es entscheidende Vorteile bietet: Es ist ein sehr effizientes Kältemittel und erlaubt somit eine stromsparende Bereitstellung von Kälte und es trägt weder zum Abbau der Ozonschicht noch zum Treibhauseffekt bei. Ammoniak ist also in doppelter Hinsicht nachhaltig.

„Darüber hinaus haben wir durch zwei Maßnahmen für zusätzliche Sicherheit gesorgt“, sagt ENGIE-Mitarbeiter Kratzer. „Zum einen wurden auf Kundenwunsch in dem Gemüselager doppelt so viele Gassensoren installiert, zum anderen haben wir alle Leitungen über der Kühlraumdecke verlegt. Dadurch ist nahezu ausgeschlossen, dass eine Leitung von einem Gabelstapler, beladen mit schweren Gemüsekisten, beschädigt werden kann.“

Die jeweils benötigte Temperatur des Ammoniaks wird zentral und damit energieeffizient über die Verdichter geregelt, so dass die Zieltemperatur in den Kühlräumen exakt eingehalten wird. Das heißt, bei niedrigem Kühlbedarf wechseln die Verdichter in den energiesparenden Teillastbetrieb.

Zum Stromsparen trägt außerdem maßgeblich bei, dass die Kühlung mit Direktverdampfern arbeitet. „Wir haben bewusst auf Sole im Gebäude verzichtet“, erklärt Kratzer. „Ammoniak kann dieselbe thermische Energie mit einem Bruchteil des nötigen Sole-Volumens zu den Verbrauchern befördern. Dadurch sparen wir gegenüber einer Sole-Anlage einen hohen zweistelligen Prozentsatz Pumpenergie.“

Verdampfer bieten große
Wurfweiten

Bei den Verdampfern in den Lagern handelt es sich um insgesamt 23 Geräte der Kelvion GmbH: elf Modelle der Produktlinie „Goedhart VRB“ und zwölf „DRS“-Geräte. Sie können je nach Bedarf kühlen, teilweise auch heizen, oder sie dienen zur Kondensationstrocknung. Die Kälte beziehen sie von der Kältezentrale mit den fünf Verdichtern; als Wärmequelle wird die Verdichterabwärme genutzt. Der Einsatz einer fossil befeuerten (Gasheizung/Heizkanone) oder einer elektrischen Heizung ist somit nicht mehr erforderlich.

Alle Kelvion-Umluftgeräte sind aus langlebigem Edelstahl und Aluminium gebaut, haben Ventilatoren mit EC-Motoren und verfügen über eine energiesparende Heißgas­abtauung. Ihre Lamellenwärmeübertrager haben einen Lamellenabstand bis zu 7 mm – dies ist ein guter Kompromiss aus effizientem Wärmeübertrag an die Luft und einer geringen Vereisungs- und Verschmutzungsneigung. ENGIE konfigurierte die regelbaren EC-Ventilatoren mit einer entsprechenden Leistungsreserve, um Schwankungen auszugleichen.

Heizen, kühlen oder trocknen

Die kleinsten Geräte wälzen bis zu 14.000 m³ Luft pro Stunde um, die größten bis ca. 36.000 m³/h. Die Kälteleistung beträgt bei den größeren Ausführungen bis zu 45 kW, die Wärmeleistung bis zu 94 kW. Die „DRS“-Umluftkühler, die einen Luftstrom von maximal 42.000 m³/h umwälzen, liefern bis zu 40 kW Kälteleistung.

In allen Lagerräumen außer dem Karottenlager sind einseitig ausblasende Verdampfer an der Stirnwand der jeweiligen Kühlzelle montiert. Die großen Karottenlager bilden mit der mittigen Deckenanordnung eine Ausnahme. So lässt sich der Raum auch bei einer hohen Kistendichte optimal temperieren. Der Grund: Die Karotten lagern in gestapelten Kisten, die den Luftstrom trotz des impulsstarken Strahls der Ventilatoren behindern könnten. Durch die Aufhängung in der Hallenmitte lässt sich die Luft sowohl in Richtung Tor als auch in die entgegengesetzte Richtung (zur Außenwand) ausblasen. Das sorgt für eine bessere Durchspülung des Raums mit einer „gespiegelten“ Luftwalze. Blaue, an den Verdampfern befestigte Planen verhindern, dass die aus den Geräten austretende Luft sofort wieder angesaugt wird.

Die Luftführung ist auch im Zwiebellager mit seiner Kondensationstrocknung wichtig. Hier wird die Hallenluft über eine Hochleistungsdruckwand angesaugt, welche die Luft durch die Zwiebelkisten über das Lamellenpaket führt und das anfallende Kondensat abführt, bevor das Heizregister die Luft wieder auf die Zieltemperatur bringt.

Nachhaltig von der Erzeugung
bis zur Auslieferung

Nachhaltigkeit soll nicht nur den Anbau des Bio-Gemüses prägen, das in Oberweiden gelagert wird, sondern auch die ganze Logistik und Lagerung.

Ausgestattet mit einer flexiblen Kälteanlage, die dank der Direktverdampfung mit wenig Pumpenstrom auskommt und Abwärme für Heizzwecke bereitstellt, fallen auch die Energiekosten zum Frischhalten des Gemüses gering aus.

Dazu tragen unter anderem die Verdampfer in den Kühlräumen bei: Mit den hohen Wärmeübertragungsleistungen und ihren großen Wurfweiten sorgen sie für eine effiziente Einbringung der kühlen oder warmen Luft in den Raum. Sie schaffen so optimale Lagerbedingungen. Und die Verwendung von Ammoniak als Kältemittel (ODP=0 und GWP=0) ermöglicht in Kombination mit grünem Strom als Hilfsenergie eine stromsparende, klimaneutrale Klimatisierung des Lagers.

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