Sanierung der Museumsinsel Berlin
Gebäudeleittechnik erleichtert Überwachung aller Gewerke
Seit 1999 gehört die Museumsinsel Berlin zum UNESCO-Welterbe und soll als historisches Ensemble aus Architektur und Kunst bewahrt sowie als Museumsquartier weiterentwickelt werden. Zu diesem Zweck wurde ein Masterplan beschlossen, der die Sanierung aller Gebäude beinhaltet. Bestandteil dieser Modernisierung ist u.a. die Ausrüstung der denkmalgeschützten Häuser der Staatlichen Museen zu Berlin mit modernster Automatisierungstechnik zur Regelung, Steuerung und Messung der haustechnischen Gewerke.
Sowohl die Alte Nationalgalerie als auch das Bode-Museum und die Gebäude der Museumshöfe wurden bereits von Sauter (www.sauter-cumulus.de) mit einer Gebäudeautomation ausgestattet, die die Einhaltung einer vorgegebenen konstanten Raumtemperatur und -feuchte über eine wetterabhängige Regelung gewährleistet. Ihre Datenpunkte werden auf eine zentrale Gebäudeleittechnik aufgeschaltet und dort visualisiert sowie wichtige Alarme an die Störmeldezentrale weitergeleitet. Derzeit wird das Pergamonmuseum von Grund auf instand gesetzt, in diesem Rahmen wurde vor wenigen Wochen eine provisorische Heizungsanlage automationstechnisch angebunden.
Moderner Regelzyklus in historischen Gebäuden
„Nach der Wende war in den Gebäuden der Museumsinsel so gut wie keine Gebäudeautomation vorhanden. Es gab zwar auch zu DDR-Zeiten Regelungsanlagen, die waren aber auf analoger Basis und relativ einfach aufgebaut“, erklärt Uwe Heuer, Leiter der Abteilung Technik, Sicherheit, Innerer Dienst der Staatlichen Museen zu Berlin. „Es bestand ein dringender Sanierungsbedarf, um in den historischen Häusern einen modernen Regelungszyklus einführen zu können.“ 1999 wurde schließlich der sogenannte Masterplan beschlossen, der vorsieht, dass die Museen der Reihe nach instand gesetzt werden, und auch eine Komplettsanierung von Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Elektro- und Sanitäranlagen sowie die Ausrüstung aller haustechnischen Gewerke mit modernster Automatisierungstechnik beinhaltet. So wurde beispielsweise das Bode-Museum von Sauter mit 95 Raumautomationsstationen sowie 95 Raumtemperatur- und -feuchtefühlern zur Regelung von insgesamt 70 Ausstellungsräumen ausgestattet.
Anpassung an klimatische Außenbedingungen über Linearfunktion
Eine entscheidende Aufgabe der Gebäudeautomation (GA) in den Museen liegt in der Gewährleistung spezieller klimatischer Bedingungen. „Die wichtigste Forderung, die wir hier haben, ist die Einhaltung konstanter Werte bei Temperatur und Luftfeuchte“, so Heuer. „Es gibt von Haus zu Haus kleine Abweichungen, aber wir fahren in den Gebäuden in der Regel eine Temperatur im Bereich von 20 bis 24 °C und eine Feuchte von 45 bis 55 %.“ Da starre Werte für die Bausubstanz der historischen Häuser nachteilig gewesen wären und zudem für erhöhte Investitions- und Bewirtschaftungskosten gesorgt hätten, entschied man sich in Abstimmung mit den Restauratoren für eine leichte Anpassung an die klimatische Außensituation. Da die Veränderung sehr langsam über das Jahr hinweg erfolgt, überstehen die Exponate sie ohne Probleme. So wird im Winter drei Monate lang konstant eine Temperatur von 20 °C eingehalten, anschließend steigt der Sollwert innerhalb von weiteren drei Monaten über eine Linearfunktion auf 24 °C an. Im Sommer liegt der Wert bei konstanten 24 °C und im Herbst fällt er wieder auf die Wintertemperatur ab. Dabei muss jeweils eine Genauigkeit von ±1 K eingehalten werden. Ähnliches gilt für die Luftfeuchtigkeit: „Im Winter gehen wir bis 45 % relativer Feuchte herunter, im Sommer erlauben wir ein Hochgleiten bis etwa 55 %. Dabei darf der Wert um maximal 5 % schwanken“, so der Abteilungsleiter.
Die größte Herausforderung für die GA liegt darin, das Klima mit den vorgegebenen Aggregaten in diesen sehr engen Grenzen zu regeln: „Wir wollen nur ganz leichte Regelschwankungen sehen, das heißt, es ist eine sehr gute Feinparametrierung der Anlage notwendig, damit wir die Werte möglichst als Linie fahren“, erläutert Heuer. Berücksichtigt man, dass allein schon der Fühler, der zur Feuchtemessung eingesetzt wird, eine Toleranz von ±1 bis 2 % hat, wird jedoch deutlich, wie schwierig es ist, bei der Luftfeuchte eine minimale Abweichung von ±5 % einzuhalten. „Besonders problematisch ist die Übergangszeit im Frühjahr und Herbst wegen des schnellen Wechsels zwischen kalten und feuchten Nächten und sehr warmen Tagen. Diese Unterschiede muss unsere Technik ausregeln können“, erklärt Peter Kluge, verantwortlich bei Sauter für die Betreuung der Projekte auf der Museumsinsel.
Wetterabhängige Regelstrategie
Sauter hat daher eigens für die Museen eine vorausschauende Regelstrategie entwickelt, in die die Außentemperatur der vorangegangenen Tage mit einbezogen wird: Auf Basis dieser Werte wird eine erwartete Mitteltemperatur des nächsten Tages errechnet, die dann zur Regelung verwendet wird. Dieses wetterabhängige Vorgehen sorgt selbst bei widrigen Bedingungen wie Dauerregen oder starkem Frost dafür, dass die geforderten Parameter eingehalten werden. „Wir berücksichtigen hier die speziellen Anforderungen von historischen Gebäuden wie dem Bode- und dem Pergamonmuseum, bei denen der Sandsteinanteil im Kubus der Bauhülle besonders hoch ist. Die dicken Sandsteinwände sind hygrostatisch sehr anfällig und wirken mit einer starken Verzögerung nach innen“, so Kluge. Außerdem ist die Möglichkeit zu heizen, zu be- oder zu entfeuchten begrenzt, dementsprechend reagieren die Gebäude nur sehr langsam. „Eine Regulierung innerhalb der geforderten sehr engen Grenzen ist deshalb ein ständiger Balanceakt. Die Programmierung muss mit viel Fingerspitzengefühl durchgeführt werden und erfordert jahrelange Erfahrung mit den Gebäuden und Exponaten“, erklärt Kluge.
Auch die Größe der einzelnen Ausstellungsräume mit Raumvolumina von etwa 1500 m³ sowie spezielle interne Ereignisse in den Museen erschweren die Regulierung. „Werden beispielsweise hunderte von Strahlern eingeschaltet, hat man auf einmal eine extrem steigende Wärmelast im Raum, auf die die Anlage schnell reagieren muss“, so Heuer. Gleichzeitig darf es nicht zu Schwingprozessen kommen, also dazu, dass das System zwischen einem zu starken Kühlen und Heizen hin und her pendelt. „Auch die Besucherströme sind nicht immer konstant und bei Regenwetter betreten die Menschen das Museum mit feuchter Kleidung. Es gibt also immer Störgrößen, die ausgeregelt werden müssen“, ergänzt Kluge. „Dementsprechend benötigt man auch für diese Ereignisse gute regelungstechnische Konzepte.“
Einheitliches haustechnisches Visualisierungssystem
Ein weiteres Ziel des Masterplans hinsichtlich der Gebäudeautomation war es, ein einheitliches visuelles System zu schaffen, mit dem das technische Personal vor Ort unkompliziert arbeiten kann: „Lässt man in fünf oder sechs Gebäuden die Automationstechnik von verschiedenen Firmen einrichten, bekommt man in der Regel unterschiedliche Visualisierungsoberflächen, in deren Eigenarten man sich jedes Mal neu einarbeiten muss“, so Heuer. „Unser Wunsch als Nutzer der Technik war es, dass es in jedem Haus die gleiche Optik gibt, damit wir immer möglichst schnell handeln können.“ Über ein unabhängiges Vergabeverfahren erhielt Sauter schließlich den Zuschlag zur Errichtung einer zentralen, übergeordneten Gebäudeleittechnik, auf die alle physikalischen und kommunikativen Datenpunkte der GA-Systeme der einzelnen Gebäude aufgeschaltet werden. „Bis heute sind insgesamt 21 000 Datenpunkte aufgeschaltet und mit ihrer Hilfe 1050 Anlagenbilder erstellt worden“, erklärt Kluge.
Durch die moderne Gebäudeautomation und das einheitliche System soll die Genauigkeit der Regelungsalgorithmen und der Gesamtüberblick über das Gebäude verbessert werden, sowohl was die Verbräuche betrifft, als auch das Verhalten der Häuser hinsichtlich Temperatur und Feuchtigkeit. „Für meine Kollegen und mich im Leitungsbereich gibt es durch das einheitliche Gebäudemanagementsystem bessere Möglichkeiten, zu sehen, was vor Ort passiert und wo gerade Probleme bestehen“, so Heuer. „Verschiedene Systeme auf der Ebene einzelner Bedienungsschritte zu vergleichen, wäre für uns schwierig. Die Einheitlichkeit erlaubt daher ein besseres Controlling sowie eine bessere Bewirtschaftung der Gebäude.“
Weiterschaltung von Prioritätenmeldungen
Über die zentrale Gebäudeleittechnik werden außerdem nicht nur alle Daten der haustechnischen Gewerke visualisiert und gespeichert, sondern auch wichtige Alarme auf eine Störmeldezentrale der Museumsinsel weitergeleitet: „Neben dem Visualisierungssystem der Haustechnik gibt es ein Gefahrenmanagementsystem zur Überwachung der sicherungstechnischen Anlagen“, erklärt Heuer. „Es ist im Grunde vollkommen unabhängig von unserer Gebäudeautomation und visualisiert Meldungen der Einbruchmeldeanlage, der Videoanlage und der Brandmeldeanlage.“ In der Gebäudeleittechnik können außerhalb der normalen Arbeitszeiten des Personals jedoch sogenannte Prioritätenmeldungen eingehen, die ein sofortiges Handeln erforderlich machen, beispielsweise wenn eine Klimaanlage ausfällt und die Sollwerte für Temperatur und Feuchtigkeit in den Räumen nicht mehr eingehalten werden. Diese Meldungen werden über die GA auf das Gefahrenmanagementsystem weitergeschaltet. Der Kollege dort erhält von seinem System dann die Anweisung, den Mitarbeiter, der gerade Wartungsrufbereitschaft hat, anzurufen und ihn über die Meldung zu informieren. Sobald dieser vor Ort ist, kann er die Situation in der Gebäudeleittechnik überprüfen und das Problem lösen.
Üblicherweise überwachen Gebäudeleittechniken die wesentlichen Gewerke, wie Heizung, Lüftung, Sanitär und Kältetechnik. „Bei uns kommt dazu, dass wir noch weitere Gewerke visualisieren und zwar meist mit einem Störmeldesymbol, wie zum Beispiel die Sicherheitsbeleuchtungsanlage oder die Schaltzustände der Mittelspannungsschaltanlage im Elektrotechnikbereich.“ Solche Meldungen muss der Errichter der Gebäudeautomation in seinem System verarbeiten können, das heißt, es müssen Schnittstellen für die Übertragung der Meldungen existieren und diese müssen in einer Visualisierung entsprechend programmiert werden. „Die große Herausforderung dabei ist, diese verschiedenen Gewerke unter einen Hut zu bringen und wirklich alle Meldungen umzusetzen“, so Heuer. „Das Unternehmen, das die Gebäudeautomation errichtet, muss also über die Programmierung der üblichen Gewerke hinaus über weitergehendes Wissen verfügen. Sauter hat diese Aufgaben zu unserer vollsten Zufriedenheit umgesetzt.“
Lange Projektdauer
Eine der größten Schwierigkeiten bei der Sanierung der Museumsinsel besteht in der zeitlichen Dauer des Gesamtprojekts. Begonnen wurde im Jahr 2000 mit der Alten Nationalgalerie, die 2001 wiedereröffnet wurde. Der zweite Bauabschnitt des Pergamonmuseums soll dagegen erst 2025 abgeschlossen sein. „Aus diesem Grund ist es für uns als Nutzer besonders wichtig, dass wir uns in die laufenden Baumaßnahmen einbringen können“, erklärt Heuer.
Gemeinsam mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung als Vertreter des Bauherrn, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sowie den beteiligten Firmen, versuchen die Verantwortlichen bei den Staatlichen Museen zu Berlin daher möglichst viele Fragestellungen im Vorfeld zu klären, damit die Gebäude am Ende den Anforderungen optimal entsprechen.
„Das verlangt den Firmen eine hohe Kommunikationsbereitschaft ab, die bei Sauter immer vorhanden war“, so Heuer. „Für den späteren Betrieb ist es für uns außerdem wichtig, dass wir Ansprechpartner des Unternehmens vor Ort in Berlin haben, die auf unsere Bedürfnisse schnell und flexibel reagieren können.“
Staatliche Museen zu Berlin
Die Staatlichen Museen zu Berlin bewahren etwa 4,7 Millionen Objekte aus den Bereichen Kunst, Archäologie und Ethnologie. Ihre 15 Sammlungen zählen in ihrer Breite und Qualität zu den bedeutendsten in Europa. Über vier Millionen Menschen besuchen die Staatlichen Museen jährlich, die Welterbestätte Museumsinsel Berlin ist dabei das beliebteste Ziel. Dort befinden sich fünf historische Gebäude, die zwischen 1830 und 1930 eröffnet wurden: das Alte Museum, das Neue Museum, die Alte Nationalgalerie, das Pergamonmuseum und das Bode-Museum. Nach der deutschen Wiedervereinigung und der Zusammenführung der Staatlichen Museen in Ost- und Westberlin wurde rasch der hohe Sanierungsbedarf der Häuser deutlich. Darüber hinaus soll die Museumsinsel zu einem zeitgemäßen Museumskomplex umgestaltet werden. Im Zuge dessen wird beispielsweise derzeit die James-Simon-Galerie als neues Eingangsgebäude errichtet.
Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist eine weltweit renommierte Kultureinrichtung und ein bedeutender Akteur in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Zu ihr gehören Museen, Bibliotheken, Archive und Forschungsinstitute. Ihre Sammlungen haben universalen Charakter und dokumentieren die kulturelle Entwicklung der Menschheit von den Anfängen bis in die Gegenwart, in Europa wie auf anderen Kontinenten. Unter dem Dach der Stiftung sind fünf Einrichtungen vereint: die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, das Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung. Mit rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Stiftung der größte Arbeitgeber im Kulturbereich in Deutschland. Der Bund und alle sechzehn Bundesländer tragen und finanzieren die Stiftung gemeinschaftlich.