Wirtschaftliches Vollklimasystem

Klimatechnik im Olaf Gulbransson-Museum

Als man sich bei der „Olaf Gulbransson-Gesellschaft“ Gedanken über einen Erweiterungsbau machte, war klar, dass man auch die unwirtschaftlich und unkomfortabel arbeitenden Nachtspeicheröfen des Altbaus gegen ein komfortables und wirtschaftlich arbeitendes System austauschen wollte. Viele Museen und Kunstbesitzer machen mit den heute geltenden internationalen Richtlinien zudem ihre Ausleihungen davon abhängig, dass die Ausstellungsräume ideale klimatische Verhältnisse bieten. Beim letztlich zum Einsatz gekommenen System wird mit einem Kältekreislauf der Alt- und Neubau des Museums gekühlt, beheizt und entfeuchtet.

Als erste Variante für den Erweiterungsbau des Olaf Gulbransson-Museums am Tegernsee wurde der Anschluss an ein Blockheizkraftwerk angedacht, was u.a. wegen der hohen Kosten für die zu verlegende Rohrleitung verworfen wurde. Danach wurde ein Energiekostenvergleich als Jahresheizwärmebedarf auf Basis der EnEV für einen Brennwertkessel und ein VRV-System durchgeführt. Nach den Berechnungen mit den technischen Grunddaten (Stand Februar 2007) war das VRV-System ca. 40 % effizienter – allein, was den Heizbetrieb betrifft.

Auch aufgrund guter Erfahrungen bzgl. Funktionsweise und Zuverlässigkeit bei anderen Projekten favorisierte das zuständige Ingenieurbüro Egger aus Miesbach (www.ibe-miesbach.de) das VRV-System von Daikin. Nach der Untersuchung von technischen, wirtschaftlichen und genehmigungsrechtlichen Argumenten und der Rücksprache mit dem Daikin-Planungsberater Thomas Graupensberger (seit April 2007 Leiter Regional­büro München) und Martin Wenzel von der MSR-Firma Hörburger Control Systems (www.hoerburger.de) setzte sich dann dieses Konzept durch.

Den museumsspezifischen Anfor­de­run­gen gerecht werden
Die Klima­tisierung von Ausstellungsräumen stellt besonders hohe Anforderungen an Planung und Ausführung. Deshalb war die Realisierung des Projektes für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Die Anforderungen entsprechen denen einer Vollklimaanlage, und folgende Punkte mussten beachtet werden:

1.) Museumsstandard für die Regelgenauig­keit:

- Temperatur: ∆T < 1 K/h,

- relative Luftfeuchtigkeit: < 2,5%/h resp. < 5 %/24 h,

2.) Erwärmung bzw. Abkühlung der Raumluft auf den vorgegebenen Sollwert ohne Überschwingungen,

3.) Be- und Entfeuchtung mit geringen Feuchteschwankungen,

4.) Energieeffizienz und Wärmerückgewinnung,

5.) Integration in eine moderne Gebäudeauto­mation.

Dazu kommen weitere Anforderungen wie gleich bleibende Bedingungen des Raumklimas bei unterschiedlicher Belastung der Räume, Behaglichkeit und Komfort, Einhaltung der Schallvorgaben, minimaler Platzbedarf und nichtsichtbare Unterbringung (Denkmalschutz im Altbau). Nicht zuletzt gibt es die Anforderungen an die Sicherheit. Die Planung der Ansaugung, Reinigung und Temperierung der Außenluft erfolgte in Abstimmung mit der Kriminalpolizei.

Die Ausstellungsstücke reagieren sehr sensibel auf klimatische Veränderungen. Die Verantwortung des Betreibers zum Erhalt der anvertrauten Sammlungen ist groß. Hohe und niedrige Feuchtewerte und der schnelle Wechsel der relativen Luftfeuchtigkeit belasten besonders stark die Ausstellungsgegenstände und können nach kurzer Zeit zu unwiederbringlichen Schäden führen. Sind z. B. die Auslässe und Absaugungen nicht optimal platziert, können Luftkurzschlüsse entstehen. An kalten Fassaden kann Fallkälte Feuchteschäden verursachen. Gerichtete Strömungsverhältnisse führen zu Zugerscheinungen.

Im Altbau des Olaf Gulbransson-Museums konnte wegen des bestehenden Denkmalschutzes keine Verbesserungen am Gebäude vorgenommen werden. Die Flachbauten mit großen Glasflächen, in denen sich ein Vortragsraum, ein Shop und der Eingangsbereich befinden, führen im Sommer zu hohen Kühl- und im Winter zu hohen Heizlasten. Die Ausstellungsräume befinden sich wiederum alle im Erdreich, wobei hierbei hauptsächlich der Transmissionswärmeverlust an das Erdreich beachtet werden musste. Die Region ist eine der kältesten Deutschlands. Die Normaußentemperatur von -16 °C wird nicht selten erreicht.

Ganzheitliche Planung zur Opti­mierung der Effizienz
Um alle möglichen Einsparpotentiale zu nutzen und die kundenseitigen Komfortansprüche zu erfüllen, bedurfte es einer ganzheitlichen Planung unter Einbeziehung der anderen Gewerke. Eine andere Vorgehensweise hätte dazu führen können, dass die Systeme gegeneinander arbeiten wie zum Beispiel die Klimatisierung gegen die Fußbodenheizung, die im Ausstellungsbereich des Altbaus eingebaut ist. Dies bedurfte einer frühzeitigen Abstimmung hinsichtlich der gesamten Regelstrategie in der Planungsphase und noch einmal in der Ausführungsphase zwischen dem Architekten, dem Planungsbüro Egger, dem ortsansässigen Anlagenbauer Rixner Lüftung und Klima GmbH (www.rixner-lufttechnik.de), der MSR-Firma Hörburger und dem Hersteller Daikin (www.daikin.de). Selbst der „einfache“ Anlagenaufbau eines VRV-Systems durch das Baukastenprinzip und den modularen Aufbau erfordert Fachkenntnisse und eine sorgfältige Planung.

Ein bedeutender Vorteil von VRV-Systemen ist, dass sie eine große Planungsfreiheit durch enorme Leitungslängen und Höhenunterschiede bieten. Die zu jedem vergleichbaren System außerordentlich geringen Rohrleitungsquerschnitte erleichtern den Einbau, auch nach feuerschutztechnischen Vorgaben. Es stehen die verschiedensten Typen von Innengeräten zur Verfügung, die klein, kompakt und vielfältig kombinierbar sind.

Die installierte Lösung: platzsparend und hocheffizient
Da mit einem VRV-System, also mit einem einzigen geschlossenen Kreislauf gearbeitet wird, können für das Prinzip der Wärmeenergieverschiebung die Räumlichkeiten des gesamten Gebäudes einbezogen werden. Trotz dieser großen Gesamtleistung bleibt das VRV-System aufgrund seines dezentralen Aufbaus flexibel und reaktionsschnell.

Zunächst wurde im Januar 2008 die Anlage für den Neubau (670 m2) in Betrieb genommen. Im Mai 2008 folgte der Altbau (407 m2).

Die Aufbereitung der Außenluft wurde mit einer Lüftungsanlage umgesetzt, die mit einer sehr effizienten Wärmerückgewinnung arbeitet. Diese Anlage ist wegen ihrer Größe und Geräuschentwicklung in einem Technikraum untergebracht. Die Außenluft wird hier zunächst auf 19 °C temperiert und dann über Schlitzauslässe im Boden und in der Decke den Räumlichkeiten zugeführt. Die Umluft wird mit Kanalanschlussgeräten gekühlt und geheizt, die sich in der Zwischendecke der Ausstellungsräume und für den Vortragsraum in einer Technikzentrale befinden. Auch hier wird die Zuluft über Schlitzschienen den Räumlichkeiten zugeführt. Schlitzschienen haben den Vorteil, dass sie unauffällig sind und geräuscharm und zugluftfrei arbeiten, was allerdings eine präzise Dimensionierung und Platzierung voraussetzt.

Für den Entfeuchtungs-, Kühl- und Heizbetrieb kommt die Stärke des „VRV3 EnergyRec“ zum Tragen, das diese Betriebsarten simultan ausführen kann und dies durch das Prinzip der Wärmeverschiebung auch noch äußerst effizient umsetzt. Es wurden dafür raumweise je zwei Deckeneinbaugeräte mit eigener Rohrumschalteinheit installiert. Dadurch können sie unabhängig voneinander im Entfeuchtungs-, Kühl- oder Heizbetrieb arbeiten. Sollten sich z. B. Innengeräte im Entfeuchtungsbetrieb befinden, so wird die dabei aufgenommene Wärmeenergie zu den anderen Innengeräten verschoben, die gleichzeitig im Heizbetrieb arbeiten. Für die Befeuchtung wurde ein autark arbeitendes System eingesetzt, da die Hygienevorschriften hier eine aufwendige Wasseraufbereitung vorschreiben. Die Befeuchtung wird mittels Feuchtesensoren geregelt.

Kombiniert wurde das „VRV3 EnergyRec„ auch mit der Fußbodenheizung im Altbau, die über einen Wärmetauscher kältetechnisch und mit einem „DX-Kit“ regelungstechnisch an das VRV-System angebunden ist. Die Außengeräte sind im Lichthof in die Fassade integriert und damit unsichtbar und trotzdem für Servicearbeiten problemlos zugänglich.


Die energieeffiziente Regelung

Seine Stärken in Bezug auf die Verbesserung der Energieeffizienz kann das „VRV3 EnergyRec“ erst in Kombination mit der Gebäudeautomation richtig ausspielen.

Bei der Regelung ist es der MSR-Firma als Systemintegrator gelungen, ein komplexes gewerkübergreifendes Gebäudeautomationssystem zu realisieren. Um die VRV-Geräte in das Gesamtsystem zu integrieren, hat man sich bei Hörburger für das offene Bussystem LON entschieden. Daikin bietet dafür ein entsprechendes LON-Gateway, welches je Innengerät einen Datenblock mit jeweils 27 Datenpunkten wie Gerätefreigabe, Solltemperatur, Fehlercodes usw. zur Verfügung stellt. Dieses dezentrale Automationssystem integriert die Geräteintelligenz eines VRV-Systems in das „LonMark“-standardisierte Kommunikationsinterface. Diese Geräteintelligenz des VRV-Systems besteht aus ausgereiften Regelalgorithmen, Optimierungs- und Diagnosemechanismen und ist somit für einen autarken Betrieb komplett automatisiert.

Das Zusammenwirken von Lüftung, Klimatisierung, Be- und Entfeuchtung, Sonnenschutz, Beleuchtung usw. konnte so zum einen energieeffizient umgesetzt werden und zum anderen wurden die vielen Einzelbedien­elemente durch eine Gebäudeautomation ersetzt. D.h. es gibt eine Plattform für Bedienung, Beobachtung, Alarmierung, Protokollierung und Analyse mit der Möglichkeit zur Einwahl und Weiterleitung aller Daten über das Internet.

Vorteil dieser modernen Technik ist die permanente Überwachung der anlagenrelevanten Messwerte und Betriebszustände durch das Gebäudeautomationssystem. Abweichungen zum Sollzustand werden registriert, gemeldet und zentral gespeichert. Integrierte Diagnosemechanismen melden Fehler im System in Form von Fehlercodes weiter, womit die Servicefirma bereits im Vorfeld eines Stördiensteinsatzes konkrete Informationen zur Art der Störung erhält. Wobei die „VRV3 EnergyRec“ seit der Inbetriebnahme vor mehr als einem Jahr störungsfrei läuft.

Kosteneinsparung von über 80 %
Der Gesamtjahresverbrauch 2008 für Heizung, Kühlung, Befeuchtung und Lüftung liegt mit 50 kWh/(m2a) noch unter dem prognostizierten Jahresenergieverbrauch. Zuvor hatte man im Altbau allein mit den Nachtspeicheröfen einen Jahresenergieverbrauch von 241 kWh/(m2a)! Das bedeutet eine Einsparung von 80 %. Zieht man den Verbrauch für Kühlung, Befeuchtung und Lüftung ab, sind es sogar noch weit mehr. Gleiches gilt somit auch für den CO2-Ausstoß. Die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 bestätigt also die Erfahrungen, die bereits in vielen anderen Projekten gemacht wurden.

Das Plus für den Museumsbesucher
Ein angenehmes und ausgeglichenes Klima erhöht die Konzentration auf die ausgestellten Arbeiten und lässt somit das Gesehene und Gelesene intensiver wirken. Von der hochwertigen Technik ist für den Besucher nichts zu sehen und zu hören. Er sieht nur die Ausstellungsstücke selbst und hat den Eindruck, dass großzügig mit den vorhandenen Räumlichkeiten umgegangen wurde.

Das Plus für den Museumsbetrei­ber
Mit dem „EnergyRec“ hat der Be­trei­ber ein Anlagensystem mit Wärmerückgewinnung, das gleichzeitig kühlen, heizen und entfeuchten kann und das alles mit minimalem Energieeinsatz, Betriebskosten und Wartungsaufwand. Durch die Integration in eine übergeordnete Regelung kann der Betreiber komfortabel und permanent die Anlage steuern, kontrollieren und überwachen. Er hat die Gewissheit, dass die Vorgaben an die Regelgenauigkeit eingehalten werden. Er hat die Garantie für die Betriebssicherheit und für die Nachhaltigkeit der Systemfunktion. Durch die Optimierungs- und Erweiterungsmöglichkeiten kann das VRV-System von Daikin nachträglich und unkompliziert an sich verändernde Nutzungsbedingungen und Anforderungen angepasst werden.

Literatur

(1) M.Wenzel: Ganzheitliche Planung unter Berücksichtigung aller Gewerke, TAB 11/2007, Seite 60 bis 64

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