Zertifizierungsprogramm für Verflüssigungssätze
Asercom/EPEE-Symposium auf der Chillventa
Im Rahmen des Kongresstages am Vortag der Messe Chillventa in Nürnberg fand auch wieder das von den Verbänden EPEE (European Partnership for Energy and the Environment) und Asercom (Association of European Refrigeration Component Manufacturers) gemeinsam veranstaltete Fachforum statt. Ecodesign-Richtlinien, F-Gase-Verordnung und ein neues Zertifizierungsprogramm für Verflüssigungssätze waren die Hauptthemen.
Im Rahmen des Kyoto-Protokolls haben sich die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, den jährlichen Ausstoß von Treibhausgasen schrittweise zu reduzieren. Umgesetzt werden diese Ziele unter anderem mit Gesetzen zur Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit von Produkten wie der EU-Richtlinie 2009/125/EG. Sie regelt das Ökodesign der energieverbrauchsrelevanten Produkte wie Klimaanlagen, Lüfter und Kühl- und Gefrieranlagen. Konkretisiert werden die in der Richtlinie grob umrissenen Ziele durch ausformulierte EU-Verordnungen. Die Ecodesign-Richtlinien regeln – kurz gesagt – die Energieeffizienz bzw. den Energieverbrauch von Produkten, die in Europa auf den Markt kommen (dürfen). Bei Produktgruppen, die in einem sogenannten „Lot“ zusammengefasst werden, wie Ventilatoren, Pumpen oder auch jüngst Staubsaugern sind die Richtlinien bereits verabschiedet und erste Stichtage bereits erreicht. Weitere Produktgruppen sollen nach und nach hinzukommen. Für 2016 wird das Inkrafttreten von Lot 21 „Air heating products, cooling products and High Process Chillers“ erwartet. Die Herausforderungen für die Hersteller werden dabei äußerst ambitioniert sein, sowohl was die Energieeffizienz als auch was den Lärmpegel betrifft. Auf dem Symposium in Nürnberg wurde prognostiziert, dass ca. 90 % der derzeit am Markt verfügbaren Chiller und 40 % der Verflüssigungssätze vom Markt verschwinden werden, weil sie die Anforderungen der Ecodesign-Richtlinie nicht erfüllen. Vor großen Herausforderungen stehen aber auch die EU-Mitgliedsstaaten, die zur Durchführung und Kontrolle der Maßnahmen verpflichtet sind.
Geprüfte Verflüssigungssätze
Auf dem Symposium wurde auch intensiv über ein neues Asercom-Zertifizierungsprogramm für Verflüssigigungssätze diskutiert. Ein Verflüssigungssatz enthält mehrere Komponenten, die Einfluss auf die Energieeffizienz des Systems haben. Dazu zählen u. a. der Verdichter, der Verflüssiger und der Lüfter. Für jede Komponente gibt es europaweit eine Vielzahl verschiedener Hersteller, die die Leistungsparameter ihrer Komponenten nach verschiedenen Standards messen und berechnen. Deshalb sind sie untereinander nicht objektiv vergleichbar. Dies erschwert die Auswahl der optimalen Komponenten für Erstausrüster (OEMs) und steht einer Umsetzung der Gesetzesvorgabe entgegen. Um dieser Heterogenität zu begegnen, hat Asercom ein Programm für Verflüssigungssätze entwickelt, das 2014 implementiert wird. Dieser standardisierte Prozess schafft einen gesamteuropäischen Rahmen, mit dem sich das breite Spektrum der auf dem Markt verfügbaren Verflüssigungssätze objektiv vergleichen lässt. Dadurch wird die Grundlage für einen fairen Wettbewerb gebildet. Derzeit befindet sich die Zertifizierung in der Beta-Phase. Ausstehende Details werden bis zum Inkrafttreten der EU-Verordnung geklärt werden.
Standardisiert, freiwillig und unabhängig: der Zertifizierungsprozess
Aktuell ist der Zertifizierungsprozess ausschließlich Asercom-Mitgliedern vorbehalten. Die an der Zertifizierung teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich, sämtliche Prozessschritte nach den von Asercom vorgegebenen Standards durchzuführen. Die Zertifizierung erfolgt dabei in Eigenregie und -verantwortung. Sie basiert auf standardisierten Test-, Mess- und Berechnungsmethoden und nutzt vereinheitlichte Datenquellen zur Kalkulation, z. B. die Kältemittel-Datenbank des Instituts für Luft- und Kältetechnik Dresden (ASEREP) – ein notwendiger Schritt, da am Markt unterschiedliche Angaben für die gleichen Kältemittel kursieren. Die Norm EN 13 771-2 legt zudem genau fest, wie und in welchem Rahmen die Messungen durchgeführt werden müssen, und bestimmt die Bewertungskriterien, Referenzpunkte und Toleranzwerte. All diese Daten werden von den Herstellern in ein speziell von Asercom entwickeltes Evaluationsprogramm (ASEVALCU) eingegeben. Dieses ermittelt dann die Leistungsparameter gemäß EN 13 215 und gibt genormte Datensätze aus. Diese Daten werden dann an das Asercom-Zertifizierungskomitee weitergeleitet und dort anhand einer speziellen Zertifizierungssoftware (ASERCERT) auf formelle Richtigkeit und Plausibilität überprüft. Etwaige Fehler oder Fragen werden im direkten Herstellerkontakt mittels einer Feedback-Schleife geklärt. Das Zertifizierungskomitee arbeitet objektiv unter der Leitung einer Benannten Stelle. Für das Zertifizierungsprogramm für Verdichter ist außerdem ein Regelungsausschuss eingesetzt, der bei den kritischen Themen unterstützen soll, die vom Zertifizierungskomitee nicht ohne weiteres gelöst werden können.
Selbst- und Marktkontrolle
Asercom stellt mithilfe einer Vielzahl an Kontrollmechanismen die Richtigkeit der unabhängig erhobenen Daten sicher und verleiht somit dem Zertifikat die notwendige Glaubwürdigkeit. Einzelne, bereits zertifizierte Produkte werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, auf dem freien Markt im Großhandel erworben und in unabhängigen Instituten überprüft – entweder bei externen Institutionen oder bei anderen Asercom-Mitgliedern. Ein Vorteil: Durch den Kauf der Geräte auf dem freien Markt besteht keine Gefahr, dass Unternehmen „getunte“ Varianten zur Zertifizierung einreichen und später weniger leistungsfähige Versionen verkaufen. Ein weiterer Schritt sind Audits, die in den Unternehmen von Benannten Stellen durchgeführt werden, und die sicherstellen, dass die Hersteller in Übereinstimmung mit dem Zertifizierungsregelwerk arbeiten. Zudem vertraut Asercom auf die regulativen Kräfte des Marktes, nach dem Prinzip der gegenseitigen Kontrolle: Mitbewerber sind dank ihrer technologischen Kompetenz in der Lage, die Plausibilität der veröffentlichten Leistungsparameter einzuschätzen und haben im Zweifelsfall die Möglichkeit, diese über das Asercom-Zertifizierungskomitee zu hinterfragen.
Ein weiteres Schlüsselelement in diesem Prozess ist die öffentliche Verfügbarkeit aller zertifizierten Produktinformationen auf der Webseite von Asercom (www.asercom.org).
Kompetenzen und Kapazitäten für den staatlichen Kontrollauftrag
Die EU-Ökodesign-Verordnung verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten dazu, die vorgeschriebenen Grenzwerte einzuführen und ihre Einhaltung am Markt zu kontrollieren. Allerdings existieren europaweit nur sehr wenige Institutionen mit der für die Messungen notwendigen technischen Ausrüstung und Expertise. Dies erschwert den staatlichen Kontrollauftrag und gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden durch unverhältnismäßigen Aufwand und hohe Kosten belastet. Im Hinblick auf diese Herausforderungen hat Asercom mit der freiwilligen Zertifizierung eine kostengünstige, trag- und ausbaufähige Lösung geschaffen, die für die geforderte Transparenz und Vergleichbarkeit sorgt. Gegenwärtig bestätigt das Zertifikat die Richtigkeit der Herstellerangaben ohne Rechtsverbindlichkeit hinsichtlich der Übereinstimmung mit den gesetzlichen EU-Vorgaben.