Raumklimagestaltung in Museen
Möglichkeiten und Grenzen der passiven und aktiven Raumklimagestaltung
Die passive und aktive Raumklimagestaltung in Museen und Ausstellungsräumen betrifft im Zusammenhang mit der sogenannten „präventiven Konservierung“ sowohl den Einfluss der Raumlufttemperatur und der Raumluftfeuchte auf die Raumumschließungskonstruktion und Raumausstattung als auch technische und bautechnische Möglichkeiten zur Beeinflussung des Raumklimas. Das bedeutet, dass die Umgebungsbedingungen für einen maximalen und dauerhaften Schutz und Erhalt der ausgestellten Objekte und Kunstwerke von zentraler Bedeutung sind. Oft ist es dabei möglich, mit einfachen Maßnahmen eine große Wirkung zur langfristigen Erhaltung der Objekte zu erzielen. Der folgende Beitrag stellt die Möglichkeiten dar, zeigt aber auch die Grenzen auf.
Die präventive Konservierung
Die Inhalte und Ziele der Betätigungsfelder der „präventiven Konservierung“ [1] werden nach [2] wie folgt beschrieben:
„Die Präventive Konservierung betrifft alle Fachbereiche der Restaurierung. Sie hat das Ziel, den Verfall zu verhindern oder zu verlangsamen, wobei nicht selbst in die Substanz eingegriffen wird, sondern Einfluss auf die Umgebungsbedingungen eines Kunstwerkes, kulturhistorisch wertvollen Gegenstandes oder Baudenkmals genommen wird. Die Präventive Konservierung dient primär der langfristigen Erhaltung von Kunstwerken und zielt darauf, Schäden bereits im Vorfeld zu vermeiden, bzw. das Schadensrisiko zu verringern. Dazu gehören die Kontrolle und Einflussnahme auf Klima, Licht, Schadstoffe, Materialemissionen und Schädlinge genauso wie die Etablierung von Sicherheitskonzepten (Einbruch/Brand), die Katastrophenplanung, Risikoabschätzung, Planung von Bauten, Vitrinen und Depots, die Pflege und Wartung von Kunst- und Kulturgut oder auch die Beschäftigung mit geeignetem Verpackungsmaterial.“
Passive Raumklimagestaltung
Die passive Raumklimagestaltung betrachtet sowohl das Gebäude als auch die einzelnen Räume und deren Raumumschließungskonstruktionen. Grundsätzlich sollte hier der Petzold`sche Bauklimatik-Lehrsatz berücksichtigt werden: „Erst klimagerecht bauen, dann bauwerksgerecht klimatisieren“.
Nachfolgend werden Möglichkeiten und Maßnahmen erläutert, die einerseits zur Sensibilisierung dienen können. Andererseits soll darauf hingewiesen werden, dass die thermischen und/oder hygrischen Einflüsse auf das Raumklima und das Speicherverhalten, die in Museen von hoher Bedeutung sind, zum Teil komplex sein können. Mit vorhandenen Simulationsprogrammen ist aber eine Bewertung heute möglich.
Bei Neubauten sollten generell unter anderem folgende Regeln berücksichtigt und eingehalten werden: Das Gebäudeenergiegesetz GEG [3], die Forderungen nach DIN 15757 [4], raumklimatische Aspekte nach DIN EN 16798 Teil 1 [5] und VDI/WTA 3817 Blatt 1 bis 4 [6]. Bestandsgebäude, insbesondere denkmalgeschützte Gebäude, können diese Forderungen aber oft nur mit Einschränkungen erfüllen.
Einflüsse der Raumflächen auf das Raumklima
Über die Gestaltung der Raumumschließungskonstruktion, besonders durch entsprechende Oberflächenmaterialien, ist es möglich, Änderungen der Raumlufttemperatur und/oder der Raumluftfeuchte zu beeinflussen. Dies kann durch eine Speicherung und Entspeicherung von Wärme oder Feuchtigkeit in den Oberflächenmaterialien erfolgen. Diese Vorgänge sind eine Funktion der Zeit. Sie verlaufen aber nicht linear, sondern exponentiell (Bild 2) oder der Verlauf zwischen Be- und Entladen ist eine Hysterese (Bild 3).
Bei diesen Vorgängen spielt die Belastungszeit, also die Zeitspanne der Be- und Entladung, eine entscheidende Rolle. Es wird deutlich, dass bei geringen Belastungszeitänderungen die Speichervorgänge im Allgemeinen nur in einer geringen Schichtdicke der Oberflächenmaterialien vonstattengehen (Bild 4).
Das Einstellen einer Temperaturänderung in einem Bauteil ist abhängig vom Baustoff und dessen Temperaturleitwert a bzw. dem Wärmeeindringkoeffizienten b (Funktion der Zeit bzw. Periodendauer). Die Tiefe wird als speicherwirksame Schicht bezeichnet (Bild 5).
Das Speicherverhalten wird nach Petzold [7] durch das Wärmeabsorptionsvermögen B als Funktion der anrechenbaren Bauwerksmasse charakterisiert und in drei Kategorien eingeteilt (Tabelle 1).
Bei einer Periodendauer von 24 h bei der Schwingung der Raumlufttemperatur mit einer Amplitude von 8 K (entspricht der Schwankung der Außenlufttemperatur unter sommerlichen Bedingungen) kann gemäß Tabelle 1 bei einer gut speichernden Kategorie mit einer speicherwirksamen Dicke von 5 bis 8 cm und bei einer schlecht speichernden Kategorie von 0,5 bis 1 cm gerechnet werden. Wie die Bilder 6 und 7 zeigen, ist auch die Feuchtigkeitsaufnahme eine Funktion der Einwirkzeit und von Materialieneigenschaften (Baustoffe, Einrichtungsmaterialien).
Kompensation von Feuchtespitzen
Um unerwünschte Feuchtigkeitsspitzen in der Raumluft kompensieren zu können, ist es empfehlenswert, an den Oberflächen der Raumschließungskonstruktionen (Wände, Fußboden) Materialien einzusetzen, die ein gutes Wasseraufnahmevermögen (Adsorption) aufweisen (Bilder 7 und 8). Durch eine Erwärmung des Raums erfolgt dann zeitversetzt wieder eine Desorption der Feuchte aus dem Bauteil.
Positive Erfahrungen dazu liegen z.B. in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden mit einer Stoffbespannung vor (sowohl seit der Eröffnung in den 50er Jahren als auch nach den zwei folgenden Sanierungen). Auch bei der Rekonstruktion der Neuen National Galerie in Berlin wurde aus Gründen der Feuchtekontrolle wieder auf einen textilen Bodenbelag zurückgegriffen. Zu beachten ist dabei die Brandlast (schwer entflammbar).
Um Feuchtigkeitsspitzen in historischen Gebäuden, die als Museen genutzt werden und meist über eine Einfachverglasung der Fenster verfügen (auch Kirchen), kompensieren zu können, können besonders im Winter historische bewährte Lösungen eingesetzt werden. Auftretendes Kondensat an Fenstern wurde über eine Wannenkonstruktion auf der Fensterbank und einem Röhrchen nach außen geführt. Diese Lösung wurde auch bei der Rekonstruktion der Neuen National Galerie in Berlin in ähnlicher Form angewendet, aber ohne Ableitung des Kondensats nach außen.
Eine weitere bewährte Möglichkeit der Kompensation von Feuchtespitzen ist die Realisierung des Prinzips der „Kondensatfalle“ (eine kleine Öffnung mit Einfachverglasung unterhalb der Decke, Bild 9 rechts).
Einsatz thermoaktiver Bauteile
Eine bautechnische Lösung zur Gewährleistung eines relativ konstanten Schwankungsbereichs der Temperatur der Raumumschließungskonstruktion stellen die thermoaktiven Bauteilsysteme (TABS) mit großer Speicherfähigkeit dar. Dies wurde in Museen in Österreich realisiert [9]. Die Raumkühlung und Raumheizung über Bauteile mit integrierten Rohrregistern wird als TABS-Verfahren bezeichnet, sofern die Rohre in der Decke oder in Wänden eine hinreichend große Betonüber- bzw. Unterdeckung aufweisen. Dabei liegen die Rohre in der sogenannten neutralen Zone (Bild 10). Bei dieser Lösung wurde jedoch die Problematik der Feuchte nicht explizit
betrachtet.
Einsatz von PCM-Materialien
Eine weitere Möglichkeit, die thermische Speicherfähigkeit der Raumumschließungsflächen zu erhöhen, ist der Einsatz von PCM (Phase Change Materials). Diese sind Materialien, die in einem bestimmten Temperaturbereich einen Phasenwechsel flüssig-fest durchlaufen und dabei Wärme aufnehmen oder beim Erstarren wieder angeben
(Bilder 11 und 12).
Der interessante Bereich liegt bei einer Temperatur für den Phasenübergang von fest zu flüssig bei 20 °C bis 22 °C. Zurzeit stehen PCM in gekapselter oder als Verbundmaterial zur Verfügung. Der technische Einsatz ist möglich, wobei eine Wirtschaftlichkeit aber derzeit noch kaum gegeben ist. Beispiele für PCM zeigt die Bild 13.
Aktive Raumklimagestaltung
Die aktive Raumklimagestaltung bezieht sich auf die Zuführung von Wärme (Heizung) und/oder Kälte (Kühlung), die Be- und Entfeuchtung sowie die Lüftung (Zufuhr von un- und behandelter Außenluft). Dabei sollte der Transport der thermischen Energie zum Heizen und Kühlen bevorzugt über eine Flüssigkeit (meist Wasser) erfolgen, da dieses Verfahren aufgrund der deutlich besseren thermodynamischen Stoffdaten von Wasser gegenüber Luft erheblich weniger Förderenergie benötigt und somit viel effizienter ist.
Die Heizung
Die Heizung dient vor allem der Kompensation der winterlichen Wärmeverluste (Heizlast nach DIN EN 12831 [11]) im Auslegungsfall und in der Übergangszeit zur Gewährleistung der vorgegebenen Raumlufttemperatur. Beim Heizen und Erwärmen der Raumluft bleibt der absolute Feuchtegehalt x der Luft konstant, während sich die relative Feuchte verringert und die Temperatur und die spezifische Enthalpie erhöhen.
In Tabelle 2 sind Systeme dargestellt, die meist zur Anwendung kommen. Systemlösungen zur Raumströmung und zu Luftdurchlässen sind detailliert in [7] dokumentiert.
Ob die in [13] erläuterten Systemlösungen als eine mögliche „Temperierung“ von Teilen der Wandkonstruktion betrachtet werden könnten, und inwieweit diese eine Kompensation der Wärmeverluste sowie eine Konstanz der Raumlufttemperatur ermöglicht, erscheint fraglich.
In den in [13] dargelegten Beispielen ist jedoch nicht erkennbar, welchen Einfluss die Lüftung, d.h. die Infiltration oder Fugenlüftung der Fensterkonstruktionen, sowohl auf die Raumerwärmung als auch relative Feuchte der Raumluft gehabt haben.
Im Allgemeinen kann man bei historischen Gebäuden davon ausgehen, dass die Fenster relativ undicht sind. Dies bedeutet einen (Außen-)Luftwechsel in einer Größenordnung von 0,5 bis 1,0 h-1. Somit trägt die Lüftung bei kühlen und trockenen Außenbedingungen zur Entfeuchtung der Raumluft bei und die Messergebnisse könnten eine relative Konstanz ausweisen. Weiterhin ist kaum erkennbar, welchen Einfluss innere Belastungen durch Personen und Beleuchtung als auch äußere Belastungen auf das Raumklima in den ausgewiesenen, insbesondere historischen Gebäuden gehabt haben.
Die Kühlung
Die Kühlung dient vor allem der Kompensation der sommerlichen Wärmeeinträge (Kühllast nach VDI 2078 [12]) im Auslegungsfall und in der Übergangszeit zur Gewährleistung einer vorgegebenen maximalen Raumlufttemperatur. Dabei spielen die inneren Wärmelasten (Beleuchtung, Besucher) natürlich eine nicht unbedeutende Rolle in Ausstellungsräumen und können durchaus 50 % der Gesamtkühllast erreichen. Beim Kühlen der Raumluft bleibt der absolute Feuchtegehalt x der Luft konstant, während sich die relative Feuchte erhöht und die Temperatur und die spezifische Enthalpie geringer werden.
In Tabelle 3 sind Systeme dargestellt, die meist zur Anwendung kommen können, wobei diese aber nur sinnvoll sein können, wenn die Möglichkeit der Lüftung besteht. Ergänzende Systemlösungen sind detailliert in [7] beschrieben.
Lüftung in Kombination Heizen/Kühlen
Beim Lüften erfolgt eine Mischung von Außenluft und Raumluft. Der Mischpunkt liegt auf der Mischgeraden. Durch das Mischen der beiden Luftströme verändert sich sowohl die Temperatur, die relative Feuchte, die absolute Feuchte, der Wasserdampfpartialdruck und die spezifische Enthalpie. In Tabelle 4 sind Systeme dargestellt, die meist zur Anwendung kommen können. Systemlösungen zur Raumströmung und Luftdurchlässen sind detailliert in [7] dokumentiert.
Befeuchtung
Für die Befeuchtung, wenn notwendig, gibt es zwei Lösungen: Befeuchtung mit Dampf oder mit Wasser (adiabate Befeuchtung). Dies sollte im Allgemeinen in zentralen RLT-Anlagen erfolgen.
Entfeuchten
Das Entfeuchten kann sowohl zentral als auch dezentral erfolgen. Dazu ist der Einsatz von Kühlmitteln notwendig. Beim Entfeuchten fällt Kondensat an, das unbedingt abgeleitet werden muss. Eine regelmäßige Reinigung der Kondensatwanne im RLT-Gerät ist aus hygienischen Gründen notwendig.
Regelung
Aspekte der möglichen Regelung der raumlufttechnischen Anlagen werden ausführlich in [14], [15], [16], [17] und [18] beschrieben.
Literaturverzeichnis
fachgruppen/fachgruppe-praeventive-konservierung/