Unternehmensnachfolge und Unternehmensverkauf

Teil 6: Notfallkoffer für verkaufswillige Unternehmer

Da auch in der Kälte-Klima-Branche wie überall in den nächsten Jahren ein Generationswechsel ansteht, wird für viele Unternehmer das Thema Nachfolge oder Verkauf zunehmend dringlicher. In unserer Serie veröffentlichen wir daher Beiträge, die sich mit den verschiedenen Aspekten eines solchen Übergangs beschäftigen: Vor und während eines Unternehmensverkaufs gibt es erhebliche Risiken für den verkaufswilligen Inhaber. Um die Vorsorge für den Fall der Fälle geht es in diesem sechsten Teil. Vollmacht und Testament können hier vieles nachhaltig regeln und einen geordneten Übergang in seinem Sinne erleichtern.

„Bei Unfall, Krebs oder Schlaganfall sind nicht automatisch die nächsten Angehörigen befugt, die eigenen Angelegenheiten zu regeln. Weder Ehepartner noch volljährige Kinder sind berechtigt, rechtsverbindliche Unterschriften zu leisten, solange sie nicht durch das Betreuungsgericht zu Betreuern bestellt worden sind“, sagt Notar Ralf Korte. Die Bestellung kann längere Zeit in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit ist es nicht möglich, wichtige Entscheidungen rechtsverbindlich umzusetzen. Ein Betreuer hat aber auch danach gegenüber dem Betreuungsgericht umfangreiche Rechenschaftspflichten. Bestimmte Rechtsgeschäfte müssen sogar noch gerichtlich genehmigt werden – dies gilt insbesondere für Unternehmens- und Grundstücksverkäufe. Der Notar weiß, worauf man achten sollte, um auf der sicheren Seite zu sein. Er empfiehlt daher Unternehmern und Gesellschaftern von Firmen, auch unabhängig von einem anstehenden Unternehmensverkauf einen Standard-Notfallkoffer zu packen. Dieser sollte zumindest ein Testament und eine Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung enthalten.

Vorsorgevollmacht ist Generalvollmacht

Mit der Vorsorgevollmacht in Händen kann der Bevollmächtigte alles erledigen, was der Vollmacht-Aussteller selbst machen könnte – außer ein Testament in seinem Namen erstellen oder ihn verheiraten. Dies sind höchstpersönliche Rechtsgeschäfte, bei denen das Gesetz eine Stellvertretung nicht zulässt. Korte empfiehlt, nur „wohlgeratenen Kindern“ eine Vorsorgevollmacht zu erteilen und nur in einer „intakten Ehe“ den Partner einzusetzen, denn die Vorsorgevollmacht ist immer eine Generalvollmacht. „Wenn Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit oder der Geschäftsfähigkeit bestehen, sollte man lieber den Weg gehen, einen Betreuer gerichtlich bestellen zu lassen. Dieser ist rechenschaftspflichtig und an enge Vorgaben gebunden“, erklärt der Notar.

Vollmacht nicht ins Bankschließfach

„Wer eine Person in seinem engsten Umfeld hat, der er blind vertraut, der kann sich glücklich schätzen. Ihr sollte man eine Vorsorgevollmacht für den Fall seiner eigenen Handlungsunfähigkeit erteilen“, sagt Korte. „Diese kann man dem Bevollmächtigten entweder sofort aushändigen, oder an einem dem Bevollmächtigten bekannten Ort hinterlegen, aber bitte nicht in einem Bankschließfach, für das man die Vollmacht zum Öffnen benötigt!“

Was ist im Fall der Fälle?

Matthias Ehnert hat bereits bei vielen Unternehmensverkäufen beraten. Als geschäftsführender Gesellschafter der ENWITO begleitet er unter der Marke intelligentis Unternehmer beim Verkauf ihres Lebenswerks: „Immer wieder taucht bei Geschäftsführern und Inhabern die Frage auf: Was ist im Fall der Fälle? Ich rate dann grundsätzlich zu einem notariell erstellten Notfallkoffer. Denn nicht nur bei der Verkaufsvorbereitung und bei der Suche nach Käufern sollten Unternehmer den Rat von Profis einholen, sondern auch bei Nachlassfragen und in der Vorsorge für Situationen, in denen man selbst nicht mehr voll handlungsfähig ist.“ Der Notar ergänzt: „Eine Vollmacht ist wie eine Versicherung für den Schadensfall – man hofft ja auch, dass Hagel, Sturm und Brand das eigene Haus nie treffen werden, schützt sich aber für den Fall der Fälle.“

Verkaufs-Vollmacht kann schon helfen

Auch begrenzt auf den Unternehmensverkauf kann man sich mit einer Vollmacht absichern: Eine spezielle Verkaufs-Vollmacht ermächtigt beispielsweise Mitgesellschafter, den Verkauf abzuwickeln, auch wenn man selbst dazu nicht in der Lage ist. „Jeder Vollmachtgeber hat alles selbst in der Hand: Wem will er oder sie eine Vollmacht geben, soll diese allumfassend als Generalvollmacht wirken oder eingegrenzt auf einzelne Bereiche des Lebens“, erläutert Ralf Korte. Selbst geteilte Vollmachten oder solche für einzelne Geschäftssparten sind möglich. Als Bevollmächtigte lassen sich beispielsweise auch Anwälte oder Steuerberater einsetzen. Wer beispielsweise einen größeren Verkauf tätigt, muss sich ohnehin auf seinen Anwalt verlassen können. Dann bietet es sich an, diesem für den Fall der Fälle auch eine Vollmacht zu erteilen.

Share Deal oder Asset Deal?

Beim Unternehmensverkauf kommt es stets darauf an, was tatsächlich verkauft wird: Bei einem Share Deal werden beispielsweise die Anteile eines Unternehmens vom Anteilseigner an den Käufer übertragen. Wenn GmbH-Geschäftsanteile verkauft werden, muss ein solcher Verkauf vom Notar beurkundet werden. Werden nur Anteile an einer Personengesellschaft (OHG oder KG) verkauft, muss der Kaufvertrag nicht unbedingt beurkundet werden. Gleiches gilt für einen Asset-Deal, bei dem nur die einzelnen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Unternehmens verkauft werden, wenn nicht Grundstücke und GmbH-Geschäftsanteile mitverkauft werden. Matthias Ehnert empfiehlt in jedem Fall die notarielle Beurkundung: „Der Gang zum Notar kostet zwar Zeit und Geld, gibt aber mehr Rechtssicherheit, man vermeidet Streitigkeiten und wird vom Notar über alle Vereinbarungen, rechtlichen Konsequenzen und etwaigen Risiken informiert.“

Testament muss zum Gesellschaftsvertrag passen

Für Unternehmer, die ein Testament verfassen wollen, gilt es, weitere Punkte zu beachten. So sollten Firmeninhaber den Gesellschaftervertrag vor dem Verfassen des Testaments noch einmal sehr genau lesen: Vielleicht ist dort bereits eine Nachfolgeregelung festgelegt? Das Testament muss immer zum Gesellschaftsvertrag des Unternehmens passen! „Die Gestaltung des Testamentes sollte man Profis überlassen“, empfiehlt der Berater von intelligentis. Der Unternehmer muss sich überlegen, wie er sein Vermögen verteilen will, wen er als Nachfolger für das Unternehmen einsetzen möchte. „Die entsprechende Gestaltung des Testaments ist Aufgabe des Notars, der immer auch den Steuerberater mit ins Boot holen wird“, ist sich Ehnert sicher.

Testamentsvollstreckung anordnen lassen

Da ein testamentarisch bestimmter Erbe alle Belange des Verstorbenen regeln soll, kann dieser auch beispielsweise mit der Firmenfortführung oder -abwicklung überfordert sein. „Nicht jeder Familienangehörige steckt so tief in den Unternehmensabläufen, dass er oder sie in der Lage ist, das Unternehmen fortzuführen und den Verkauf mit dem besten Erfolg zu realisieren“, weiß Ehnert. Für diesen Fall empfiehlt Notar Korte, eine Testamentsvollstreckung anzuordnen. Diesen Part kann ein Steuerberater oder Anwalt ebenso übernehmen, wie ein Erbe, der im Unternehmen tätig ist. Der Testamentsvollstrecker kann zudem wichtig werden, wenn es minderjährige Erben gibt. Sonst könnte das Vormundschaftsgericht Einfluss auf den weiteren Umgang mit dem Vermögen nehmen.

Gesetzliche Erbfolge mit Tücken

„Die gesetzliche Erbfolge kommt oft zu unerwünschten Ergebnissen und hat ihre Tücken“, betont Korte. Verstirbt der Ehemann mit minderjährigen Kindern, erben neben der Ehefrau die minderjährigen Kinder mit. Dann muss bei wichtigen Entscheidungen, wie dem Verkauf des Unternehmens und von Grundstücken oder bei der Aufnahme von Krediten die Genehmigung des Familiengerichts eingeholt werden. Sind keine Kinder vorhanden, erben neben der Ehefrau deren Schwiegereltern oder der Schwager und die Schwägerin mit. Der Notar weist auch auf die Kosten hin: Wer frühzeitig ein Testament errichtet, zahlt den festen Gebührensatz für den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Vermögenswert. Da Unternehmen und Vermögen des Inhabers üblicherweise mit fortschreitendem Alter immer mehr zunehmen, steigen auch die Gebühren. Existiert ein notarielles Testament, benötigt man in aller Regeln keinen Erbschein, sondern nur das eröffnete Testament mit dem Eröffnungsprotokoll.

Erbschein kostet fast das Doppelte

Besteht nur ein privatschriftliches Testament muss zum Nachweis der Erbfolge ein Erbschein beantragt werden. Die Kosten für den Antrag und die Ausstellung des Erbscheins kosten nahezu das Doppelte des notariellen Testaments. „Das Ausstellen eines Erbscheins dauert außerdem oftmals deutlich länger als die Testamentseröffnung, was besonders in zeitkritischen Situationen, wie dem Unternehmensverkauf, wichtig werden kann“, erläutert der Notar. „Wir hatten den Fall, dass der Inhaber während der Verkaufsverhandlungen verstarb“, erinnert sich Ehnert. „Dank vorliegender Vollmacht und eines professionellen Testaments konnte die Ehefrau als Bevollmächtigte und Erbin sofort eine Gesellschafterversammlung einberufen und die weiteren Geschicke der Firma in geordnete Bahnen lenken.“

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