Der Mittelstand steht vor einer Zeitenwende
Standardantworten gibt es nicht
Mittelständische Unternehmen brauchen oft andere Problemlösungen und Berater als multinationale Konzerne. Davon ist Hans-Peter Machwürth, der Inhaber der Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI) überzeugt. Sie wurde zum vierten Mal als „Top Consultant“ für den Mittelstand ausgezeichnet.
Kuntz: Herr Machwürth, Ihrer Unternehmensberatung wurde beim Deutschen Mittelstands-Summit in Frankfurt gerade zum vierten Mal das Gütesiegel „Top Consultant“ verliehen. Wie bewerten Sie diese Auszeichnung?
Machwürth: Das freut uns selbstverständlich – doch nicht primär, weil der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff Mentor des Benchmarking-Projekts ist, auf dem die Auszeichnung basiert. Bedeutsamer ist, dass der Auszeichnung eine umfassende wissenschaftliche Bewertung der teilnehmenden Unternehmensberatungen unter anderem durch Prof. Dr. Dietmar Fink vorausging – einem anerkannten Consulting-Experten.
Kuntz: Nach welchen Kriterien erfolgte die Bewertung?
Machwürth: Jede Unternehmensberatung musste im Rahmen des Contests Referenzkunden nennen. Diese wurden mit einem Fragebogen befragt. Ermittelt wurde unter anderem: Als wie kundenorientiert stufen die Kunden die Unternehmensberatung ein? Wie zufrieden sind sie mit ihrer Leistung und den Ergebnissen? Und: Sind die Kunden davon überzeugt, dass sie von der Unternehmensberatung „mittelstandsgerecht“ beraten und unterstützt werden? Das war bei unseren Kunden der Fall.
Kuntz: Wie erklären Sie sich, dass Ihnen die Mittelständler eine „mittelstandsgerechte Beratung“ bescheinigen, obwohl Ihr Beratungsunternehmen auch für Konzerne arbeitet?
Machwürth: Eine Ursache hierfür ist, dass wir selbst ein mittelständisches Unternehmen und kein Beratungskonzern sind. Das spüren die Entscheider im Kontakt mit uns. Hinzu kommt: Unsere Berater wissen, dass mittelständische Unternehmen zum Teil eine andere Kultur und Struktur als Konzerne haben. Deshalb brauchen sie oft auch andere Problemlösungen.
Kuntz: Gibt es weitere Gründe?
Machwürth: Ja. Zwei Klagen, die man oft von Mittelständlern bezüglich der Beratungskonzerne hört, sind: Ihre Mitarbeiter sprechen nicht die Sprache unserer Mitarbeiter, und sie entwickeln zwar tolle Konzepte, lassen uns aber bei deren Umsetzung allein. Letzteres ist gerade bei Mittelständlern fatal, weil sie häufig firmenintern nicht die nötigen Experten zum Beispiel in Sachen Personal- und Organisationsentwicklung sowie Change- und Projektmanagement haben. Also wollen und benötigen sie auch in diesen Bereichen Unterstützung.
Kuntz: Lautet deshalb Ihr Slogan „We bring your strategy to life!“?
Machwürth: Ja, und dem entspricht unser Selbstverständnis. Wir verstehen uns nicht nur als Strategie- und Changeberater, sondern auch als Changebegleiter und -unterstützer. Nach entsprechenden Kriterien suchen wir auch unsere Mitarbeiter aus.
Kuntz: Heißt das, Sie unterstützen und begleiten Ihre Kunden auch beim Umsetzen der Konzepte im Betriebsalltag?
Machwürth: Ja. Deshalb zählen zu unserem Team auch Trainer und Coachs; außerdem Fach-Experten, die zum Beispiel die Projektsteuerung übernehmen oder als „Firmeninterne auf Zeit“ bei den Kunden schlicht gewisse Aufgaben abarbeiten.
Kuntz: Gibt es weitere Erfolgsfaktoren?
Machwürth: Ja. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir mit unseren 400 Mitarbeitern weltweit über die erforderliche Manpower verfügen, um in kurzer Zeit auch große Change- und Trainingsprojekte zu realisieren und den jeweiligen regionalen und kulturellen Gegebenheiten anzupassen.
Kuntz: Warum ist diese Kompetenz so wichtig?
Machwürth: Nun, vor wenigen Wochen hielt unser Bundeskanzler Olaf Scholz seine inzwischen berühmte „Zeitenwende-Rede“. Eine Zeitenwende vollzieht sich zurzeit auch in der Wirtschaft – das heißt, viele Annahmen bzw. Paradigmen, auf denen das Handeln der Unternehmen bisher basierte, werden zurzeit obsolet.
Kuntz: Das heißt, die Unternehmen müssen sich zum Teil neu erfinden bzw. definieren?
Machwürth: Das kann man so sagen. Das verunsichert viele Mittelständler – auch weil sie nicht wissen, wie tragfähig ihre Geschäftsmodelle noch mittel- und langfristig sind. Diese Verunsicherung ist nachvollziehbar, obwohl es eine klassische Stärke des Mittelstands ist, schnell und flexibel auf Marktveränderungen bzw. veränderte Kundenwünsche zu reagieren.
Kuntz: Heißt das, zu den Ihren Aufgaben zählt es auch, das Selbstbewusstsein der Mittelständler zu stärken, so dass sie handlungsfähig bleiben?
Machwürth: Ja, zumindest das ihrer Mitarbeiter.
Kuntz: Wie gelingt Ihnen dies in einem Umfeld, in dem die Themen virtuelle und hybride Zusammenarbeit sowie Führen auf Distanz eine immer größere Rolle spielen?
Machwürth: Standardantworten in diesem Bereich gibt es nicht. Jedes Unternehmen muss aus meiner Warte aufgrund seiner Stärken, Marktsituation usw. seine eigene Antwort finden. Keinesfalls dürfen etablierte Mittelständler jedoch in eine operative Hektik verfallen und sozusagen blind die Konzepte von Start-ups oder Konzernen kopieren, um zum Beispiel ihre Innovationsgeschwindigkeit zu erhöhen. Denn dies entspricht weder ihrem Bedarf noch ihrer Kultur und Identität. In diesem Bereich sehen wir einen hohen Beratungs- und Unterstützungsbedarf bei Mittelständlern. Dabei erweist es sich als Vorteil, dass wir als international agierendes Trainings- und Beratungsunternehmen in den vergangenen 20 Jahren bereits eine große Kompetenz im Entwickeln und Realisieren digitaler und hybrider Personalentwicklungs- und Trainingskonzepten aufgebaut hat. Davon profitierten unsere Kunden auch in der Corona-Zeit.
Kuntz: Das sagen Sie sehr selbstbewusst.
Machwürth: Ja, denn ansonsten hätten unsere Kunden unserer Leistung im diesjährigen Top-Consultant-Wettbewerb nicht erneut Bestnoten gegeben. Zudem wäre uns ansonsten im Mai nicht der Europäische Trainingspreis 2022 in Silber des Berufsverbands für Training, Beratung und Coaching (BDVT) in der Kategorie Hybrid/Blended Training verliehen worden. Das zeigt mir, wir sind auf einem guten Weg.
Kuntz: Herr Machwürth, danke für das Gespräch.