Energieeffiziente Anlagen auch mit thermostatischen Expansionsventilen?
Überhitzung und MSS neu beleuchtet
Energieoptimierte Systeme werden in der Regel mit dem Einsatz elektronischer Regelungen gleichgesetzt. Häuft korreliert dies tatsächlich, aber es gibt ungenutzte Möglichkeiten, Systeme mit mechanischen Expansionsventilen in erheblichem Maße zu optimieren. Beste Ergebnisse vor Ort werden aber nur dann erzielt, wenn das Ventil eingeregelt wird. Allerdings steht noch die Frage im Raum: Anpassen ja, aber welche Werte sind optimal? Der Beitrag stellt die theoretischen Grundlagen zur Steigerung der Energieeffizienz von Anlagen mit thermostatischen Expansionsventilen, aber auch die praktische Anwendung anhand von Beispielen dar.
Danfoss fertigt seit Jahrzehnten thermostatische Expansionsventile und hat über diesen Zeitraum neue Erkenntnisse immer wieder in die Konstruktion, das Design und die Abstimmung der Ventile einfließen lassen. Um die Frage nach der optimalen Einstellung zu beantworten, wurden bereits in den 1960er Jahren umfangreiche Untersuchungen von Dr. Huelle bei Danfoss durchgeführt. Die Ergebnisse wurden bekannt als MSS-Theorie. Diese beschreibt das minimal stabile (Überhitzungs-)Signal eines Verdampfers dargestellt als MSS-Kurve.
Nun ist diese Kurve nicht für alle Verdampfer gleich und unterscheidet sich zudem noch von den Anwendungsbedingungen. Der Wärmeübertragerhersteller Güntner aus Fürstenfeldbruck hat 2012 einen Artikel zu diesem Thema veröffentlich. Darin war erstmals eine Erweiterung der MSS-Kurve zu sehen, welche verdeutlicht, wie sich die Verdampferkennlinie bei Veränderung der Temperaturdifferenz verschiebt (Abbildung 1). Bei Reduzierung der Temperaturdifferenz verringert sich also nicht nur die Leistung, sondern auch die minimal mögliche Überhitzung.
Fügt man in diese Darstellung die Öffnungskurve eines thermostatischen Expansionsventils ein, ist der Zusammenhang zwischen Verdampferleistung und TEV-Öffnungskurve zu erkennen (Abbildung 2). Die Neigung der Öffnungskurve hängt von der Auswahl der richtigen Düsengröße ab. Wählt man eine zu kleine Düse, flacht die Kurve ab, d.h. es wird eine höhere Überhitzung benötigt, um die notwendige Leistung zu erreichen. Wird die Düse hingegen zu groß gewählt, ergibt sich möglicherweise ein zu steiler Anstieg der Leistung. Unter Umständen kann dies zu einem starken Pendeln (Hunting) der Überhitzung führen. Die Ventilleistung und damit die erforderliche Überhitzung muss also zum Verdampfer passen.
Die Verdampferleistung für Luftkühler wird üblicherweise entsprechend der EN 328 gemessen. Diese schreibt u.a. vor, dass ein Überhitzungsverhältnis von 0,65 einzustellen ist. Die erforderliche Überhitzungseinstellung berechnet sich aus der Temperaturdifferenz zwischen der Lufteintrittstemperatur und der Verdampfungstemperatur am Taupunkt:
DT1 = tLuft, ein - t0, Taupunkt
und damit
∆t0h = DT1 • 0,65
Die Verdampferleistung in einem bestimmten Betriebspunkt kann wie in Abbildung 3 zu sehen dargestellt werden. Die angegebene Verdampferleistung ist also ein relativer Wert, welcher sich bei einem Überhitzungsverhältnis von 0,65 einstellt.
Vergrößert man das Überhitzungsverhältnis, indem eine höhere Überhitzung gefahren wird, fällt die Verdampferleistung rasch ab. Verringert man die Überhitzung, kann die Leistung steigen. Ob und um wieviel die Leistung steigen wird, hängt stark vom Verdampfer Design ab. Dies bedeutet, dass bei einer Temperaturdifferenz von DT1 = 10 K eine Überhitzung von 6,5 K eingestellt werden muss, um die Nennleistung des Verdampfers zu erreichen. Dementsprechend muss man bei DT1 = 8 K auf 5,2 K einregulieren. Das erscheint zunächst relativ niedrig, doch es funktioniert gut. Warum?
Hier kommt uns die Physik zu Hilfe. Eine Temperaturdifferenz ist gleich einem Potentialunterschied. Der Ausgleich von Potentialunterschieden folgt der e-Funktion. Daraus folgt, dass innerhalb der relativen Zeiteinheit 1τ die größte Veränderung erfolgt – rund 63% des Potentialunterschiedes wird überwunden. Dies lässt sich gut auf unser Beispiel übertragen. In Abbildung 4 ist der Potentialunterschied von 10 K auf der Y-Achse aufgetragen, während die Zeit auf der X-Achse zu finden ist. Hieraus lässt sich ablesen, dass eine höhere Überhitzung zu gemächlicherem Regelverhalten führt der Verdampfer aber gleichzeitig eine längere Strecke zum Überhitzen des Kältemittels verbraucht. Verringert man dagegen die Überhitzung, muss die Regelung schneller und feiner arbeiten können, aber es wird weniger Strecke für die Überhitzung benötigt.
Das TEV sollte also rasch reagieren können, um stabile niedrige Überhitzungen zu ermöglichen. Das Niveau der Überhitzung ist also relativ. Wichtig ist das Überhitzungsverhältnis und damit die notwendige Regelgeschwindigkeit. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass natürlich auch die Rohrschaltung bzw. das Design des Verdampfers eine wichtige Rolle spielt. Dies führt dazu, dass die in Abbildung 3 gezeigte Kurve nach links etwas flacher oder steiler verlaufen kann. Damit reagiert der Verdampfer mehr oder weniger kritisch, wenn die Überhitzung weiter abgesenkt wird.
Zurück zum thermostatischen Expansionsventil als solches. Es ist ein mechanisches Ventil und reagiert proportional zum Verdampfungsdruck und der gemessenen Überhitzung. Das Ventil folgt also nur den Veränderungen, ohne selbst etwas aktiv zu tun. Die Eigenschaften sind in der mechanischen Abstimmung verankert.
Die notwendige Überhitzung zum Erreichen der Ventilleistung setzt sich aus zwei Werten zusammen. Zunächst muss die Federvorspannung überwunden werden, man spricht von der statischen Überhitzung, bei der das Ventil aber noch nicht geöffnet wird. Erst wenn diese überwunden ist und weiter steigt, wird das Ventil bzw. die Ventildüse aufgedrückt. Ein Danfoss TEV Typ TUA hat eine statische Überhitzungseinstellung von 4 K. Die Nennleistung wird bei einer Öffnungsüberhitzung von ebenfalls 4 K erreicht. Dies bedeutet, das Ventil erreicht bei 8 K Gesamtüberhitzung seine Nennleistung – falls man an der Federeinstellung nichts ändert.
Diese Voreinstellung gewährleistet in allen Anwendungsfällen zunächst einen sicheren Betrieb. Um einen energetisch optimalen Betriebszustand zu erzielen, sollte die Überhitzung nach Erreichen der Kühltemperatur angepasst werden. Man sollte also warten bis kurz vor dem Erreichen der Abschalttemperatur. Erst dann hat man die Bedingungen, auf die die Komponenten ausgelegt wurden. Darüber hinaus kann sich das Leistungsverhalten des Verdampfers noch etwas ändern, wenn die Verdampferoberfläche z.B. bereift ist. Siehe hierzu die gestrichelte Öffnungskurve in Abbildung 5. Durch Drehen der Einstellschraube wird die Federvorspannung und damit die statische Überhitzung verstellt. Wie in Abbildung 5 zu erkennen ist, verschiebt sich die Öffnungskurve parallel dazu.
Praktische Anwendung dieser Erkenntnisse
An einem typischen Küchenkühlraum wurde zunächst der Ist-Zustand ermittelt. Die Kälteanlage bestehend aus einem Deckenverdampfer, einseitig ausblasend, einem Danfoss Optyma Plus Verflüssigungssatz, elektronischem Kühlstellenregler und ca. 15 m Kältemitteleitungen. Als Expansionsventil wurde ein Edelstahlventil Typ TUA mit Düse 5 verbaut. Die Überprüfung der Komponentenauslegung ergab eine wahrscheinliche Temperaturdifferenz, DT1, von 8 K. Die Raumtemperatur war auf 4°C eingestellt. Erste Messungen ergaben, dass das System bei einer Verdampfungstemperatur von -11°C arbeitete, was einem DT1 von 15 K entsprach. Die Überhitzung lag bei rund 9 K (Messung 1 in Abbildung 6).
Die Überhitzung wurde schrittweise gesenkt (Dtsh), was gleichzeitig zu einer Anhebung der Verdampfungstemperatur (Tevap) führte (Schritte 1 bis 4). Zunächst reduzierte sich auch das DT1, flachte jedoch zunehmend ab, bis bei Schritt 5 ein starkes Absinken der Überhitzung (Dtsh) festgestellt wurde. Parallel dazu kann man an der oberen Kurve sehen, dass das DT1 nicht weiter reduziert wurde. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Verdampfer gesättigt ist und in der Folge der MSS-Punkt erreicht bzw. unterschritten wurde.
Mit der Anhebung der statischen Überhitzung, d.h. erhöhen der Federspannung zurück auf einen vorangegangenen Wert, wurde das Optimum gefunden. Die Überhitzungsregelung arbeitete stabil und der Gleichgewichtszustand der Anlage war hergestellt.
Die in den Tabellen 1 und 2 dargestellten Verbesserungen konnten erzielt werden. Aufgrund der Leistungserhöhung wird die tägliche Laufzeit entsprechend verkürzt. Die Effizienz dieser Anlage konnte somit um 9% gesteigert werden. Selbstverständlich hängt die mögliche Effizienzsteigerung von der ursprünglichen Anlagendimensionierung ab, also der Frage, auf welche Temperaturdifferenz die Komponenten ausgelegt wurden.
Weitere Tests an diversen Kühlräumen ergaben Verbesserungen zwischen 7% und 10%. Darüber hinaus konnten die ursprünglich geplanten Auslegungsbedingungen erreicht und damit auch die Lagergüte für Frischware verbessert werden.
Fazit
Auch thermostatische Expansionsventile erlauben energieeffiziente Kältesysteme. Es konnte in praktischen Tests gezeigt werden, dass ein großes Potential zur Energieeinsparung vorhanden und nur einen „Dreh“ entfernt ist. Wie in diesem Beispiel gezeigt werden konnte, sind Überhitzungsverhältnisse sogar unter 0,65 möglich. Danfoss hat über Jahre die thermostatischen Expansionsventile immer weiter optimiert. Dies ermöglicht eine sichere Handhabung und die gezeigten Optimierungen.