Energieeffizienz, energie- und kostensparende Maßnahmen bei der Kühlung in Supermärkten

Eine ganzheitliche Betrachtung des Systems ist vonnöten

Die Hauser GmbH aus Linz in Österreich bietet ein breites Produktportfolio an Kühl- und Tiefkühlmöbeln, Kältetechnik und Regelungen, Kühlräumen und Kühlhäusern sowie ein umfassendes Dienstleistungsangebot. Bereits im letzten Jahr hatte das Unternehmen in einem Fachbeitrag in der KKA über einige Neuentwicklungen berichtet. Wir sprachen nun mit Gerhard Hetzmannseder, Director Products & Engineering bei Hauser und seit sieben Jahren für Produktmanagement und Systemtechnik verantwortlich, über Maßnahmen zur Energieeinsparung und darüber, wie sich mit Technologien wie dem Low-Superheat- und dem eco2ES-System sowie energiesparender Konstruktion von Kühlmöbeln und Kälteanlagen Kosten und CO2-Emissionen vermeiden lassen.

KKA: Die Kältetechnik ist im Supermarkt der größte Energieverbraucher. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Energieeffizienz bei der Supermarktkälte zu steigern?

Hetzmannseder: Der Anteil der Kältetechnik am Gesamtstromverbrauch eines Supermarktes liegt je nach Größe und Ausrichtung bei knapp 50 Prozent. Das zeigt auch die EHI-Studie „Kältetechnik im LEH“ aus dem Jahr 2021 deutlich auf. Entscheidend für den Verbrauch ist das Anlagen-Setup. Hier kann viel richtig, aber mindestens genauso viel falsch gemacht werden. Nicht die Summe der Einzelmaßnahmen führt zum besten Ergebnis, sondern die Betrachtung des gesamten Energiesystems – auch über die Kältetechnik hinaus. Der Einsatz natürlicher Kältemittel wie CO2 ist dabei selbstverständlich.

Um Energieeffizienz in der Supermarktkälte zu erreichen, muss vor allem die anfallende Abwärme der Kälteanlage gezielt zur Raumheizung und gegebenenfalls zur Brauchwassererwärmung genutzt werden. Hauser liefert mittlerweile vier von fünf Kälteanlagen mit Abwärmenutzung aus. Das Add-On einer in die Kälteanlage integrierten Wärmepumpenfunktion ist mittlerweile etabliert. Unser Erfahrungsschatz reicht hier bis ins Jahr 2002 zurück, darauf sind wir besonders stolz.

Auch im Ladenbau gilt es, alle Anforderungen unter einen Hut zu bringen, weshalb wir unser Portfolio besonders kundenorientiert ausrichten. So sind zum Beispiel Glastüren gerade bei temperaturempfindlichen Lebensmitteln wie Fleisch eine einfache Maßnahme, um Energie zu sparen. Immer geht es darum, die Kühlstellen mit der niedrigsten Verdampfungstemperatur zu „entschärfen“. Unsere Kühlmöbel und Verbundanlagen bieten hervorragende Möglichkeiten, diese Anforderung zu erfüllen. Ein gutes Beispiel ist der patentierte EcoMotion³-Luftschleier der Remeta-Kühlmöbelserie, der die Durchmischung der zirkulierenden Luft im Kühlmöbel mit der Umgebung auf ein absolutes Minimum reduziert. Vergleichstests mit anderen auf dem Markt erhältlichen Kühlregalen belegen dies.

KKA: Welche weiteren Maßnahmen sehen noch, um Einsparungen zu erreichen?

Hetzmannseder: Bei der Entwicklung unserer Kühlmöbel legen wir großen Wert auf Energieeffizienz, ohne dabei die Kernaufgabe der Temperatursicherheit zu vernachlässigen. Lebensmittel sind ein wertvolles Gut mit vielen aufwendigen und energieintensiven Vorprozessen. Da darf man bei der Kühlung keine Kompromisse eingehen. Hauser bietet eine Vielzahl von Maßnahmen, um die Leistung der Kälteanlage zu optimieren, wie z.B. LSPM-Führungsverdichter, Hauser-Low-Superheat-System (HLS-System) bis hin zu Parallelverdichter- und Ejektortechnik.

Neben den kältetechnischen Maßnahmen spielt die Regelungstechnik eine wesentliche Rolle. Unsere Lastoptimierung greift z.B. aktiv auf alle Kühlstellen im System zu und sorgt so für einen ruhigen Anlagenbetrieb bei höchstmöglicher Verdampfungstemperatur. Der Verzicht auf eine konventionelle fossile Gebäudeheizung ist für unsere Kunden ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Elektrische Energie wird für die Kälteanlage ohnehin benötigt, eine intelligente Nutzung der Energieströme liegt hier auf der Hand.

KKA: Um die Einsparpotenziale zu „heben“ ist immer auch ein gewisser Aufwand, sprich eine Investition, vonnöten. In welchem Bereich liegen die Amortisationszeiten der einzelnen Maßnahmen?

Hetzmannseder: Wie bereits erwähnt, kommt es nicht auf die Summe der Einzelmaßnahmen an, sondern auf die richtige Konfiguration für den jeweiligen Kunden. Hauser arbeitet kontinuierlich an Produkt- und Systemlösungen mit Amortisationszeiten von maximal sechs Jahren – oft auch weniger. Dabei spielen natürlich die Kosten pro Kilowattstunde Strom eine wesentliche Rolle. Ist die Anlagenkonfiguration einmal definiert, ist sie reproduzierbar und der Planungs- und Realisierungsaufwand reduziert sich auf ein absolutes Minimum.

KKA: Könnten Sie kurz erläutern, wie das Low-Superheat-System, bei dem die Kühlstellen teilüberflutet betrieben werden, genau arbeitet?

Hetzmannseder: Das Hauser-Low-Superheat-System reduziert die geregelte Überhitzung an den Kühlstellen auf einen minimalen Wert und reduziert damit auch die gesamte Sauggasüberhitzung der Kälteanlage. Durch gezielte Maßnahmen an der Verbundanlage wird diese in einem stabilen Betriebsfenster gehalten. Dies hat sich inzwischen als Standard etabliert. Der Vorteil ist, dass die Verdampfungstemperaturen um ca. 2-5 K angehoben werden und damit die Frische der Kühlgüter sicher gewährleistet ist. Eine Überhitzung von ca. 7 K wird als Minimum angesehen. Dies führt jedoch dazu, dass ca. 15 Prozent der Verdampferfläche nicht genutzt werden. Dem wirkt das HLS gezielt entgegen. Mit Hilfe dieses Systems werden die ungenutzten Flächen der Wärmeübertrager an den Kühlstellen genutzt.

KKA: In welcher Größenordnung liegen die Einsparungen bei diesem System?

Hetzmannseder: Diese Frage hat uns ein Großkunde beantwortet, bei dem das System inzwischen zum Standard gehört. Die Einsparung liegt bei 7,5 Prozent, bezogen auf die Gesamtanlage. Dies wurde auch durch eine Diplomarbeit bestätigt. In Prospekten und Präsentationen von Mitbewerbern werden immer wieder Werte von 20-30 Prozent Energieeinsparung kolportiert. Die Frage ist nur: Worauf bezieht sich dieser Wert? Wo ist die Bilanzgrenze? Oft wird nur die Verbundanlage bzw. der Verdichter als „Kälteanlage“ betrachtet. Zudem werden meist nicht optimierte Referenzanlagen in die Vergleiche einbezogen. Unsere Kunden interessiert aber die Einsparung der gesamten Kälteanlage, alles andere ist irrelevant.

KKA: Beim eco2ES-System wird durch die Enthitzung über einen Wärmeübertrager Heizwärme z.B. zur Warmwasserbereitung gewonnen. Könnten Sie das System etwas genauer beschreiben?

Hetzmannseder: Das erste System haben wir 2002 in Betrieb genommen und später unter dem Namen „eco2ES-System“ standardisiert. Dafür wurden wir zusammen mit einem Projektpartner mit dem „Energy Globe“ ausgezeichnet. Die Uhr hat sich weitergedreht und der Geist der Zeit hat das System weiterentwickelt. Seit vielen Jahren greifen wir auf einen kompletten Baukasten zurück. Im Wesentlichen funktioniert es so: Sobald unser eco2ES-Controller in der Übergangszeit einen Heizbedarf erkennt, wird bereits die reine Enthitzung, also reinste Abwärme, in das Heizsystem eingespeist.

KKA: Was passiert bei einem höheren Wärme­bedarf, wenn die Enthitzung allein nicht mehr reicht?

Hetzmannseder: Steigt der Bedarf weiter an, erhöht der eco2ES-Controller den Systemdruck. Dies geschieht mit geringem zusätzlichem Energieaufwand. Nach unseren Erfahrungen können ca. 80 Prozent des Wärmeenergiebedarfs eines Supermarktes über ein Jahr durch die Abwärme der Kälteanlage gedeckt werden. Die noch fehlende Heizleistung wird idealerweise durch eine (integrierte) Wärmepumpe oder andere Wärmequellen ergänzt.

(Anmerkung: Weitere Informationen dazu finden Sie auch im Beitrag von Maximilian Füreder in der KKA 6/2023 unter www.t1p.de/KKA5-24eco2ES)

KKA: Was verstehen Sie unter energiesparender Konstruktion von Kühlmöbeln und Kälteanlagen?

Hetzmannseder: Der Schlüssel liegt in dem großen Erfahrungsschatz und den Innovationen, die unser Technical Development täglich erarbeitet und zielgerichtet in Produkte und Lösungen umsetzt. Dabei schaffen wir Standards und setzen diese konsequent um. Hier einige Beispiele: Wir arbeiten mit lokalen Universitäten (Kepler Universität Linz und Linz Center of Mechatronics GmbH) zusammen und modellieren vor der Entwicklung eines Kühlmöbels dieses mittels CFD-Simulation. CFD steht für Computational Fluid Dynamics und bedeutet, vereinfacht gesagt, die Analyse und Vorhersage von Luftströmungen. So können wir die optimale Luftführung schaffen, noch bevor die ersten Prototypen im zertifizierten Prüflabor getestet werden. Das ist insgesamt ein sehr komplexes Thema, spart uns aber letztlich viel Aufwand und Material. Nachhaltigkeit ist uns auch bei der Entwicklung ein großes Anliegen. Bei der Auswahl der Komponenten arbeiten wir eng mit den führenden Anbietern am Markt zusammen. So sind wir am Puls der Zeit.

Ein weiteres Beispiel: Für sogenannte Antikondensat-Heizungen in Türrahmen von Tiefkühlschränken haben wir gerade eine Wärmerückgewinnung der Kälteerzeugung mittels Kälteträger entwickelt und auch patentieren lassen. Diese führt die anfallende Abwärme betriebssicher den Türrahmen zu. Damit ist keine elektrische Heizung mehr notwendig, egal ob die Anlage im Teillast- oder Volllastbetrieb läuft, es steht immer ausreichend und gleichmäßig Wärme zur Verfügung.

KKA: Gibt es eine ähnliche Zusammenarbeit mit Hochschulen auch bei der Anlagen­technik?

Hetzmannseder: Bei den Kälteanlagen sieht es nicht viel anders aus. Unter anderem arbeiten wir gerade mit der TU Graz an der Optimierung von speziell entwickelten Propan-Verflüssigungssätzen zur Unterkühlung des CO2-Kältekreislaufs. Zum Beispiel verbessert sich dadurch die Gesamt-Leistungszahl der Kälteanlage eines Supermarkts in der Stadt Graz um 10 Prozent.

Eine ähnliche Lösung gibt es auch im CO2-Kältekreislauf integriert mit einem eigenen Eco-Verdichter, der die Unterkühlung des Kältemittels übernimmt. Ein Vergleich aus einem Projekt in Ungarn zeigt eine Verbesserung der gesamten Kälteanlage um 6 Prozent. Dadurch kann die Anlage kompakter ausgelegt, kostengünstiger gebaut und die Betriebssicherheit bei außentemperaturbedingten Lastschwankungen erhöht werden. Die Tests dazu laufen. Besonders erwähnenswert ist, dass diese Anlagentechniken sehr einfach und komfortabel nachgerüstet werden können und sich die elektrischer Anschlussleistung reduziert. Vieles ist möglich, aber nicht alles ist notwendig.

KKA: Wie hoch schätzen Sie insgesamt – also mit ­allen Maßnahmen – die nach heutigem Stand durchschnittlich möglichen Einsparungen an Energie und damit auch CO2?

Hetzmannseder: Ich bin grundsätzlich ein Gegner von „von bis“. Auch „bis zu“-Phrasen sind immer sehr schwammig. Im Betrieb ist individuell, je nach Systemkonfiguration, eine Energieeinsparung von 20 Prozent auf die Gesamtanlage durchaus realistisch. Betrachtet man dann noch die Einsparung an fossiler Energie und deckt den Strombedarf der Kälteanlagen über das eco2ES-System ausschließlich mit regenerativ erzeugtem Strom, wird kein CO2 mehr ausgestoßen.

Auch das Thema Materialeinsatz darf im Zusammenhang mit der CO2-Einsparung nicht vernachlässigt werden. Beispielsweise sind Glastüren dort, wo temperaturempfindliche Waren gekühlt werden, oft von großem Nutzen und durchaus zu befürworten. Wenn man aber den CO2-Fußabdruck einer Glastür und einer dadurch notwendigen (größeren) Klimaanlage in Investition und Betrieb mit einbezieht, dann drückt das wieder auf den CO2-Fußabdruck. Ich bin mir nicht sicher, ob das in den Betrachtungen berücksichtigt wird. Bei einem mittelgroßen Supermarkt sind das knapp 4,5 Tonnen CO2-Ausstoß allein in der Herstellung der Glastüren.

KKA: Falls Sie schon darüber sprechen können: Welche weiteren Entwicklungen haben Sie in Vorbereitung?

Hetzmannseder: Wir sind in den letzten Zügen, das Kühlmöbelportfolio auf den neuesten Stand zu bringen. Nach den Wandkühlmöbeln haben nun auch unsere Tiefkühlmöbel eine energetische und optische Überarbeitung erhalten. Besonders hervorzuheben ist unser schöner Tiefkühlschrank „Mirengo Total View“. Damit haben Transparenz und Energieeffizienz mit Label C einen neuen Namen bekommen. In Kombination mit der bereits erwähnten Abwärme-Heizung via Kälteträger gehen wir hier wieder einen Schritt weiter – Label B ist in Reichweite. Auch unsere neue Produktgeneration Connect (Semi-Plug-In) zeigt, dass hier einiges in Bewegung ist. Wichtig ist nochmals zu erwähnen, dass wir nicht stehen bleiben. Wir arbeiten akribisch weiter und wollen unseren Kunden temperaturstabile, energieeffiziente und qualitativ nachhaltige Produkte zur Verfügung stellen. Spätestens auf der Euroshop-Messe wird es viel zu berichten geben über Entwicklungen und Innovationen.

KKA: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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