Der Junior-Chef: Der Nachwuchs steigt ein
Die Firmenübergabe richtig planen
In vielen Unternehmerfamilien besteht der Wunsch, dass Sohn oder Tochter einmal den Handwerksbetrieb übernimmt. Doch auch wenn dieser Wunsch seitens der Kinder geteilt wird, läuft die Übergabe der Verantwortung oftmals nicht besonders harmonisch ab. Der Senior muss bereit sein loszulassen, der Junior darf nicht alles in Frage stellen.
Die Kinder von Unternehmern erleben schon während ihrer Erziehung und Ausbildung den Wunsch der Eltern, das Lebenswerk zu übernehmen und sie lassen sich bei der Berufswahl teilweise beeinflussen. Dabei ist zu bedenken, dass das Lebensglück der Kinder wichtiger ist, als dass der Betrieb auch an die nächste Generation weitergegeben wird. Häufig sprechen die Eltern über die Probleme des Berufs, über Schwierigkeiten mit dem Wettbewerb und die harte Arbeit. Kein Wunder, wenn sich der Nachwuchs dann für einen anderen Beruf entscheidet.
Typisch Junior
Als Einsteiger hat der Junior oft eine bessere oder zumindest aktuellere Ausbildung als sein Vater. Er ist dynamisch, zeigt Schwung, ist offen für Neues und will „das Rad neu erfinden“. Die junge Generation stellt Althergebrachtes gerne in Frage und ist von den eigenen Ideen sehr überzeugt. Für ihn steht die technische Entwicklung in der Branche und die Digitalisierung an erster Stelle. Langjährige Mitarbeiter sind allergisch gegen allzu viele Neuerungen, sie reagieren mit Skepsis, wenn der Junior nach seinem Einstieg alles sofort umkrempelt. Veränderungen müssen deshalb scheibchenweise erfolgen, die älteren Mitarbeiter brauchen Zeit, den neuen Kurs anzunehmen, auch wenn Änderungen dringend erforderlich sind. Es darf den Junior nicht stören, wenn auch nach längerer Zeit die Kunden immer noch vom Senior sprechen und auch, dass die Mitarbeiter noch emotional hinter dem Seniorchef stehen und beide Generationen kritisch miteinander vergleichen.
Ideal ist es, wenn der Junior bei einer Kollegenfirma seine Ausbildung absolviert hat und beim Einstlieg noch mit seinem Vater als „Doppelspitze“ eine zeitlang zusammen die Verantwortung trägt. Dadurch gewinnt er an Sicherheit. Ohne Doppelspitze ist sein Start riskant. Jeder Fehler wird ihm doppelt angerechnet und die erste Zeit verursacht daher Lampenfieber. Der neue Chef muss auch bei einem Fehler sein Team hinter sich haben, er sollte in der ersten Zeit sehr auf gutes Betriebsklima und ein Wir-Gefühl achten.
Klare Absprachen treffen
Außenstehende bekommen nicht mit, welche Diskussionen es zwischen dem Senior und Junior nach der Firmenübergabe gibt. Bei der Übergabe gibt es zwar klare Absprachen, die sogar schriftlich festgehalten sind. Aber dann kommt es darauf an, diese durchzusetzen. Der Nachwuchs muss immer damit rechnen, dass der Vater auch nach seinem Ausscheiden noch eingreift.
Es kommt darauf an, dass der Nachwuchs selbstbewusst auftritt und die Einmischung des rüstigen Seniors nicht zulässt. Mit Selbstzweifeln („So kann ich doch nicht mit meinem Vater reden“) beeinträchtigt er unbewusst sein Durchsetzungsvermögen. Skepsis und Bedenken hindern einen gerade dann, wenn es darauf ankommt, selbstsicher aufzutreten. Wer Zweifel hat, ob er es schafft, wer Angst davor hat, sich nicht durchzusetzen, wird es auch nicht schaffen, selbst wenn er die besseren Argumente hat. Andererseits kann zu viel Durchsetzungsvermögen nach der Hauruck-Methode auch schaden. Es kommt auf die Balance zwischen Nachgeben und Durchsetzen an.
Zu den Absprachen gehört es vor allem, dass der frühere Chef seinen Nachwuchs oder das Personal nicht kontrolliert oder heimlich nach Feierabend die Tagesarbeit prüft. In den vertraglichen Regelungen bei der Übergabe sind alle relevanten Details berücksichtigt, die Frage der Einmischung meist jedoch nur oberflächlich. Die Frage ist daher, ob er überhaupt noch Zutritt haben soll, auch während der Arbeitszeit. Ein Kompromiss wäre, dass er nur im Beisein des Juniors die Räume betritt. Bei mehrfachen Verstößen könnte der Junior ihm die Schlüssel abnehmen – ein harte Maßnahme und mit Sicherheit auch der letzte Weg. Denn damit würde er sich auch die Chancen verbauen, den Vater in der Urlaubszeit interimistisch die Führung zu übertragen. Oft braucht man den Vater noch als Aufsicht in der Urlaubsabwesenheit.
Das Personal sollte wissen, wie es sich verhält, wenn der Senior Anweisungen gibt. Annehmen oder den Junior fragen, was zu tun ist? Auch wenn Anweisungen des Seniors sachlich richtig sind, er darf sie nur in besonderen Ausnahmefällen erteilen. Es schadet dem Ansehen des Juniors, wenn der Vater noch Weisungsbefugnis hat.
Wie kann sich der Junior im Tonfall steigern, wenn er ihn zur Rede stellen will? In der Kommunikation wirkt die Ich-Botschaft vorwurfsfrei und wird vom Senior eher akzeptiert: „Ich habe festgestellt…, Mir fällt auf…, Ich sehe gerade…“. Auch die Erwartungen an den Kritisierten lassen sich in der Ich-Botschaft konstruktiv formulieren: „Ich wünsche mir…, Ich erwarte, dass…, Ich bitte dringend darum, dass…“. Mit den unterschiedlichen Formulierungen kann der Wirkungsgrad gesteigert oder gesenkt werden. Zunächst formuliert man „im ersten Gang“ und verzichtet auf „müssen“ und „dürfen nicht“. Im äußersten Fall müssen Sanktionen ausgesprochen, Konsequenzen angekündet werden.
Woran Nachfolger scheitern
Der Junior sollte die Nachfolge nicht aus Tradition antreten, sondern nur wenn er sicher ist, dass die Betriebsübernahme auch „sein Ding“ ist. Die ersten Jahre der Selbstständigkeit können die schwierigsten sein. Die eigene Familie muss den zusätzlichen Arbeitsaufwand und damit verbundene private Einschränkungen akzeptieren. Meist zeigt es sich schon in den ersten beiden Jahren, ob der Junior tatsächlich in der Lage ist, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Wer die Verantwortung scheut und bei Entscheidungen zögert, zeigt keinen Biss. Das Ausscheiden kann auch im Übergabevertag geregelt sein. Die Liebe zur Branche und hohe fachliche Kompetenz sind ausgezeichnet, reichen aber nicht zur erfolgreichen Betriebsführung. Der Junior muss sich um die Rendite des Betriebs kümmern und hat vor allem Personalverantwortung: Arbeitsplanung, Ergebniskontrollen, Einkauf, Entscheidungen, Verwaltungsarbeiten.
Kurz und gut
Die Eltern können von Glück sagen, wenn sich jemand aus der Familie oder eines der Schwiegerkinder zur Übernahme eines Familienbetriebs entscheidet, die Firma nicht aufgegeben oder verkauft werden muss. Und für den ehrgeizigen Nachwuchs ist es schön, wenn er einen erfolgreichen Betrieb übernehmen kann und mit Freude eigenständig führt.
Der Junior wünscht sich:
Handlungsspielräume und Verantwortung
Gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern Akzeptanz seiner Person Unterstützung bei neuen Ideen Toleranz und freie Meinungsäußerung
Kommunikationsmuster für unterschiedliche
Formulierungen bei der Kritik
Stufe 1 Bitte: „Bitte achte darauf, dass ich jetzt Weisungsbefugnis habe.“
Stufe 2 Wunsch: „Ich möchte, dass Du keine Weisungen an das Personal gibst.“
Stufe 3 Erwartung: „Ich erwarte, dass Du dich ab sofort an die Abmachungen hältst.“
Stufe 4 Forderung: „Ich fordere Dich auf, die Abmachungen einzuhalten.“