Erfolgreicher Generationswechsel im Handwerksbetrieb

Interview mit Alwin und Lennart Otten, Alwin Otten GmbH

Gegründet als Ein-Mann-Betrieb kann die Alwin Otten GmbH inzwischen auf mehr als ein halbes Jahrhundert erfolgreicher Geschichte zurückblicken. In dem Kälte-Klima-Fachbetrieb aus Meppen steht aktuell die Firmenübergabe vom Senior zum Junior an. Wie gelingt ein solcher Prozess, für den die Beteiligten in der Regel keine Erfahrungswerte mitbringen? Die KKA führte hierzu ein Interview mit Vater Alwin und Sohn Lennart Otten.

KKA: Wie wurde die Nachfolgeregelung konkret geplant?

Lennart Otten: Konkret geplant wurde eigentlich relativ wenig, vieles hat sich mit der Zeit ergeben. Auch wenn mein Bildungsweg – den ich übrigens völlig ohne Kommentare oder Druck aus dem Elternhaus gestalten konnte – schon früh in die richtige Richtung gezeigt hat, war ich mir lange selbst nicht sicher, ob oder wann ich nach Hause gehen würde. Mir war aber auch klar, dass mein Vater nicht ewig auf eine Entscheidung würde warten wollen – auch für ihn muss irgendwann eine Perspektive her.

Alwin Otten: Wie Lennart bereits erwähnt hat, gab es zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Planung bezüglich der Nachfolgeregelung. Alle drei Kinder (Lennart, Mattes und Kristin) konnten ihren beruflichen Werdegang nach ihren Wünschen gestalten. Wir als Eltern haben die Kinder auf diesem Weg immer unabhängig von deren Ausrichtung unterstützt. Unser zweiter Sohn Mattes ist ebenfalls in der Kältetechnik unterwegs. Auch er kann sich in einigen Jahren einen Einstieg in das Unternehmen vorstellen. Es wäre schön, wenn beide Söhne das Unternehmen gemeinsam führen und weiterentwickeln würden.

Ich habe natürlich in den letzten Jahren auch die Fühler in Richtung Unternehmensverkauf ausgestreckt, für den Fall, dass keines der Kinder sich für die Nachfolge entscheiden würde.

Umso erfreulicher ist es natürlich, dass die Entscheidung, das Unternehmen in Familienhand weiterzuführen, ohne Druck und aus freien Stücken erfolgt ist.

 

KKA: Was geschah zu welchem Zeitpunkt?

Lennart Otten: Ein erster Schritt war die Übernahme meines Elternhauses gleich zu Beginn des Studiums. Ich hatte zwar noch keine konkreten Absichten nach Hause zurückzukehren, wollte mir aber zumindest die Option offenhalten. Während des Studiums ist der Gedanke dann zunehmend gereift, insbesondere die völlige Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit haben für mich am Ende den Ausschlag gegeben. Nach Abschluss des Studiums haben sich dann auch die privaten Lebensumstände so gefügt, dass mir die Rückkehr nach Meppen und in das elterliche Unternehmen als die beste der Alternativen erschien.

Neben dem Studium habe ich mit der Sparte Elektromobilität bereits mein eigenes Spielfeld gehabt, mein Vater ließ mir völlig freie Hand. Heute stehen sechsstellige Umsätze und Behördenaufträge auf dem Papier. Außerdem bin ich so auch schon früh für die Mitarbeiter als Führungskraft in Erscheinung getreten und konnte erste Erfolge vorweisen. In Unternehmen unserer Größenklasse sollte man das nicht unterschätzen, man kennt alle Kollegen persönlich und der Stempel „Sohn vom Chef“ reicht als alleinige Qualifikation nicht aus.

Alwin Otten: Ich habe die Entwicklung auf mich zukommen lassen. Ich bin in diesem Jahr 58 geworden und habe daher noch keinen besonders großen „Leidensdruck“ gehabt. Den Werdegang von Lennart habe ich natürlich mit Wohlwollen und Stolz wahrgenommen. Aufgrund seiner Qualifikation und seiner Leistungen habe ich großes Vertrauen zu ihm und zu dem, was er macht. Da er bereits während seines Wirtschaftsingenieur-Studiums in Karls­ruhe immer wieder im Unternehmen tätig war, war ich mir sicher, dass er der Aufgabe persönlich und fachlich gewachsen ist.

Der Übergang verläuft fließend, Lennart nimmt mir in Teilbereichen bereits Aufgaben und Verantwortung ab, kann sich aber natürlich auch mit seinen Ideen und Vorstellungen einbringen. Aktuell sind wir in Gesprächen mit Rechtsanwalt und Steuerberater, um die Übergabe auch unter rechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten in den kommenden Jahren vernünftig über die Bühne zu bringen.

 

KKA: Worauf sollten andere Betriebe in ähnlicher Situation achten, damit der Prozess reibungslos abläuft?

Lennart Otten: Sobald der Entschluss feststeht, ist eine frühzeitige Planung und Umsetzung sehr wichtig. Ich bin jetzt zwei Jahre im Unternehmen, als Geschäftsführer bin ich meinem Vater schon seit einem Jahr gleichgestellt. Gesellschaftsanteile, Immobilien und passende Testamente folgen in Kürze, hier gab es natürlich auch eine Abstimmung mit dem Rest der Familie. Wenn man dies erst angeht, wenn aufgrund von Krankheit oder Tod eine Zwangslage besteht, kann es schnell sehr unangenehm werden.

Ansonsten denke ich, dass eine gesunde Mischung aus neuen Ideen und frischem Zeitgeist des Juniors sowie Lebens- und Berufserfahrung des Seniors viel Wert ist. Das grundsätzliche Verhältnis zueinander sollte natürlich auch passen, zumindest im geschäftlichen Bereich.

Darüber hinaus muss aber auch eine wirtschaftliche Perspektive für den Nachfolger gegeben sein. Gerade im Handwerk sind viele Betriebe unterwegs, die trotz guter Auftragslage eigentlich zu wenig Geld für ihre Arbeit verlangen oder schlecht organisiert und so nicht nachhaltig profitabel sind. Ein Weitermachen nur um der Nachfolge willen kann keine Option sein, erst recht nicht, wenn dabei auch noch Druck ausgeübt wird.

Alwin Otten: Ganz wichtig ist meiner Meinung nach, dass der oder die Nachfolger/in von Anfang an Verantwortung übernimmt und Entscheidungsbefugnisse hat, damit auch die Mitarbeiter den Nachfolger als Autorität wahrnehmen. Nichts ist schlimmer als eine Situation, in der der Nachfolger nicht wirklich Verantwortung übernehmen kann und darf. Dies führt zu einem Autoritätsverlust des Nachfolgers und zu einer Schwächung des Unternehmens.

Wie Lennart bereits erwähnt hat, muss natürlich auch die wirtschaftliche Perspektive stimmen. Für den hohen zu erbringenden persönlichen Einsatz sollte am Ende des Tages auch ein entsprechendes Einkommen stehen. Ich bezeichne dieses Einkommen oftmals als „Schmerzensgeld“, da insbesondere in der Kälte- und Klimatechnik in der Selbständigkeit ein hohes persönliches Engagement erforderlich ist. Wichtig ist meiner Meinung nach auch, dass das Unternehmen ständig investiert und modern aufgestellt ist, um für die nachfolgende Generation auch in diesem Punkt attraktiv zu sein.

Darüber hinaus betrachte ich die Entwicklung, dass junge Menschen immer seltener bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, mit großer Sorge. Dies führt dazu, dass Betriebe immer öfter bei Beteiligungsgesellschaften „landen“. Hier stehen in letzter Konsequenz große Private Equity-Firmen hinter den Aufkäufern, sodass eine weitere schleichende Umverteilung von unten nach oben erfolgt.

 

KKA: Wie wird die Nachfolge im Kundenkreis kommuniziert bzw. wahrgenommen?

Lennart Otten: Da mein Vater ja weiterhin im Unternehmen tätig ist, hat es bis dato keine direkte Kundenansprache z.B. über ein Rundschreiben gegeben. Ich begleite ihn zu Terminen oder übernehme diese eigenständig, so dass viele Kunden inzwischen von meiner Nachfolge wissen. Zusätzlich hat es in der örtlichen Tageszeitung bereits einen längeren Artikel dazu gegeben, dieser ist von vielen gelesen worden.

Die Mitarbeiter habe ich schon früh mit einem persönlichen Schreiben ins Boot geholt und über meine Person, meinen Eintritt in das Unternehmen und meine Ziele informiert. Darüber hinaus haben wir eine Betriebsversammlung abgehalten, in der wir noch weiter ins Detail gegangen sind.

Die allgemeine Wahrnehmung ist sehr positiv. Eigentlich sieht es jeder als Gewinn an, dass das Unternehmen in Familienhand bleibt und nahtlos weitergeführt werden kann.

Alwin Otten: Eine offizielle Übergabe hat es bis jetzt nicht gegeben. Ich halte das auch nicht für sinnvoll. Der Übergang erfolgt fließend. Ich kann schließlich noch einige Jahre tatkräftig an der Entwicklung des Unternehmens mitarbeiten.

Die Kommunikation nach außen erfolgt, wie Lennart es bereits beschrieben hat, über die Printmedien und die digitalen Kanäle. Bei bestimmten Terminen oder Anlässen lasse ich Lennart auch ganz bewusst den Vortritt, damit Kunden und Lieferanten ihn kennenlernen. Darüber hinaus nehmen wir viele Termine auch gemeinsam wahr, damit der Übergang auch für unsere Geschäftspartner erkennbar ist. Diesen Aspekt halte ich auch für sehr wichtig, damit auch die Geschäftspartner wissen, dass eine betriebliche Kontinuität gegeben ist.

 

KKA: Hat der Junior andere Vorstellungen von der künftigen Betriebsführung?

Lennart Otten: Ich würde diese Frage in zwei Aspekte unterteilen wollen. Auf der einen Seite gibt es das Tagesgeschäft mit vielen kleinen Entscheidungen und Herausforderungen. Es zählt vor allem eine gute betriebliche Organisation, klare Zuständigkeiten und eine starke Mannschaft. Hier sehe ich uns sehr gut aufgestellt, es gilt primär, das Geschaffene zu erhalten und durch stetige, kleine Nachbesserungen am Puls der Zeit zu bleiben. Letzteres betrachte ich im Sinne der nachfolgenden Generation als meine Aufgabe.

Die andere Seite ist die langfristige strategische Ausrichtung und Positionierung am Markt. Dazu gibt es viele Ideen und Möglichkeiten, abschließende Entscheidungen habe ich aber noch keine getroffen. Klar ist, dass Stillstand keine Option ist. Die Bereitschaft und das Kapital zu investieren und neues zu „unternehmen“ sind vorhanden, eigentlich fehlen nur noch passende Gelegenheiten.

In beiden Fällen möchte ich auf den Rat meines Vaters und auf seine Erfahrung so schnell nicht verzichten, ich kann und möchte noch einiges von ihm lernen.

Alwin Otten: Ja und das ist auch gut so. Auch, wenn ich mich nach wie vor als innovativ und fortschrittlich ansehe, bringt die junge Generation neue und wichtige Impulse in das Unternehmen ein. Ich gehe aber darüber hinaus nach wie vor jeden Tag mit kritischen Augen durch den Betrieb.

Für mich ist es auch wichtig, dass wir Bewährtes beibehalten, aber auch offen für neue Dinge sind. Durch die langjährige Teilnahme in einer ERFA-Gruppe des VDKF haben wir immer wieder Impulse für unsere Entwicklung erhalten. Wir haben eben immer wieder über den Tellerrand geschaut. Auch das macht meiner Meinung die Übergabe einfacher und es gibt daher auch nicht ganz so viele Baustellen.

Daneben kann ich natürlich auch viele Dinge von Lennart lernen. Da wir aktuell nach wie vor zusammen in einem Büro sitzen, mache ich manchmal große Ohren und höre aufmerksam zu. Ich würde die aktuelle Situation für beide als Win-win-Situation bezeichnen.

 

KKA: Wie schwer fällt das Loslassen für den Senior?

Lennart Otten: Nach 30 Jahren an der Spitze des Unternehmens, noch dazu mit deutlich überdurchschnittlichem Zeiteinsatz, wäre es wohl eher verwunderlich, wenn er von heute auf morgen weg wäre. Dennoch lässt er mich bei vielen Dingen einfach machen, bei anderen kommentiert er das Geschehen und nur bei ganz wenigen gibt es deutlichen Widerspruch. Hier gilt es dann abzuwägen, ob das Thema wirklich eine Konfrontation wert oder bei näherer Betrachtung vielleicht eher ein Nebenschauplatz ist. Manchmal fordere ich ihn auch gezielt auf, Entscheidungen und Aufgaben abzugeben und an mich zu delegieren. Ziel sollte sein, dass er früher oder später die operative Führung in Gänze an mich übergibt.

Alwin Otten: Aufgrund der Qualifikation von Lennart kann ich, glaube ich, ganz gut loslassen. Hierbei hilft mir auch die Erfahrung mit meinem Vater bei der damaligen Übergabe des Unternehmens im Jahr 1992 von der ersten in die zweite Generation. Diese Übergabe war damals durch viele Meinungsverschiedenheiten und Streit gekennzeichnet. Damals gab es häufiger Situationen, bei denen die Übergabe auf der Kippe stand. Durch diese Erfahrungen kann ich heute in Konfliktsituationen besser damit umgehen.

 

KKA: Die Nachfolge in einem Betrieb ist ja in der Regel für alle Neuland. Haben Sie sich im Nachfolgeprozess externe Hilfe/Beratung geholt?

Lennart Otten: Im Wesentlichen nur was die steuerlichen und rechtlichen Implikationen angeht. Hier können wir auf Partner zurückgreifen, die meinen Vater und das Unternehmen seit Jahrzehnten betreuen. Auch ich fühle mich da gut beraten und ernst genommen. Eine allgemeine Beratung zum Thema Nachfolge hat nicht stattgefunden.

Alwin Otten: Ich habe mich in den letzten Jahren relativ intensiv mit dem Thema befasst. Ich habe viele Gespräche mit Kollegen geführt, bei denen die Übergabe anstand oder bereits vollzogen war. Daneben habe ich Beiträge in einschlägigen Fachzeitschriften gelesen und natürlich auch mit unserem Steuerberater schon häufiger über dieses Thema gesprochen.

 

KKA: Meine Herren, herzlichen Dank für die offenen Worte und viel Erfolg für die Zukunft!

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