Die EU-REACH-Richtlinie

Mögliche Auswirkungen für die Lüftungs- und Klimatechnik

Die EU-Chemikalien-Richtlinie REACH regelt den sicheren Umgang mit Chemikalien (Einzelchemikalie oder Zubereitung) sowie deren Verwendung in Produkten. Sie ersetzt und ergänzt andere Rechtsvorschriften zu Sicherheit und Umweltschutz. Auf den ersten Blick scheint das Thema nichts mit der TGA-Branche zu tun zu haben, doch hat die REACH-Verodnung durchaus Auswirkungen auf die Lüftungs- und Klimatechnik.

 

Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Nutzer sind zwei zentrale Aspekte der Lüftungs- und Klimatechnik. So wurden Lüftungsanlagen in der Vergangenheit manchmal als „Gesundheitstechnische Anlagen“ bezeichnet und die Branche hat viel dafür getan, dass das zugegebenermaßen schlechte Image der Lüftungstechnik in den 70iger und 80iger Jahren Schritt für Schritt verbessert wurde und wir heute wieder mit Recht diese Behauptung als Tatsache feststellen können. Aber auch in diesem Gewerk besteht manchmal eine gewisse Unsicherheit, welche chemischen Substanzen sicher in Lüftungs- und Klimaanlagen eingesetzt werden können. Im Zweifelsfall beauftragte man im Rahmen der Anlagenbewertung nach VDI 6022 einen Hygieniker mit einem Gutachten. Möglicherweise bietet hier die REACH-Richtlinie in der Zukunft eine etwas transparentere Handhabung. REACH steht für:

› Registration – Registrierung

› Evaluation – Bewertung

› Authorisation – Zulassung

› of CHemicals - Chemikalien

 

Das REACH-System beruht auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung. Nach dem Motto „>No Data >No market“ dürfen nach REACH nur noch chemische Stoffe in Verkehr gebracht werden, zu denen ein ausreichender Datensatz zu den Stoffeigenschaften

› physikalische Eigenschaften,

› Giftigkeit,

› Verhalten in der Umwelt,

› etc.

vorliegt. Ausgenommen sind  Lebensmittel und Arzneimittel, sowie Naturstoffe, die nicht gefährlich sind und nicht chemisch verändert wurden. REACH stellt fest,  dass der Hersteller bzw. Importeur in der EU selbst für den sicheren Umgang mit seinen chemischen Stoffen verantwortlich ist. Er muss die zur Bewertung notwendigen Daten sammeln und sie entlang der Wertschöpfungskette weitergeben. Von REACH werden alle chemischen Stoffe erfasst, die mindestens in einer Menge von 1 Tonne pro Jahr in der EU produziert bzw. in die EU importiert werden. Diese Stoffe müssen künftig bei der europäischen Chemikalienagentur in Helsinki registriert werden.

REACH wird Schritt für Schritt bis zum Jahr 2018 eingeführt. Weitgehend abgeschlossen ist die sogenannte „Phase-in“-Phase. Hier wurden seit 2008 die schon bisher produzierten oder importierten Stoffe gemeldet, die auch in Folge zunächst weiterverwendet werden dürfen. Sinn dieser Vorregistrierung war, identische Stoffe zu identifizieren und die weiteren Schritte damit zu vereinfachen.

Die Verfahren der REACH-Richtline sind seit dem 1. Dezember für die als besonders gefährlich gekennzeichneten Stoffe nach CLP-Verordnung (Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures) relevant.

 

Bedeutung für Fachfirmen im Bereich Klima-/Lüftung

Was bedeutet das für die Fachfirmen der Klima- und Lüftungstechnik? Im Wesentlichen sind für diese Fachfirmen die beiden folgenden Aspekte relevant:

 

› Verwendung von chemischen Stoffen (nachgeschalteter Anwender – Downstream user)

› Import von Produkten aus nicht EU-Staaten.

 

Import von Produkten

In den meisten Fällen werden die Fachfirmen nicht die chemischen Stoffe importieren, sondern fertige Produkte wie Lüftungsgeräte oder Klimageräte. Diese sind keine chemischen Stoffe im Sinne der REACH-Richtlinie.

 

Was ist ein nachgeschalteter Anwender?

Ein nachgeschalteter Anwender ist eine Person mit Sitz in der Gemeinschaft, die im Rahmen ihrer industriellen oder gewerblichen Tätigkeit einen Stoff oder deren Zubereitung verwendet. Das bedeutet zum Beispiel,wenn  jemand als Formulierer Mischungen zubereitet, die am Ende von einem Verbraucher (beispielsweise als Wandfarbe) oder auch im industriellen Bereich (beispielsweise als Klebstoff oder Dichtstoff) eingesetzt werden, gilt man als nachgeschalteter Anwender. Doch auch die folgenden Kunden aus dem industriellen Bereich (in diesem Fall also der Hersteller von Lüftungs- und Klimatechnischen Geräten) gilt als nachgeschalteter Anwender. Gewerbliche Anwender (wie Installateur oder Servicefirmen) zählen ebenfalls dazu (Bild 1). Private Verbraucher und Händler sind keine nachgeschalteten Anwender. Letztere müssen jedoch aufpassen: Für chemische Stoffe, die innerhalb der EU gekauft werden, gelten keine Registrierungsverpflichtungen. Werden diese Stoffe jedoch außerhalb der EU und in Mengen von mehr als 1 Tonne pro Jahr gekauft, gilt man als Importeur und unterliegt den entsprechenden Verpflichtungen. Außerdem ist man als Lieferant von Stoffen oder Zubereitungen verpflichtet den Kunden Sicherheitsdatenblätter zur Verfügung zu stellen.

 

Pflichten nachgeschalteter Anwender

Worin genau liegen nun die Pflichten als nachgeschalteter Anwender (Bild 2)?

Vor allem ist dieser dafür verantwortlich, dass

1. die empfohlenen Risikominderungsmaßnahmen angewendet werden;

2. Informationen an Lieferanten und Kunden weitergeleitet werden;

3. ein Stoffsicherheitsbericht ausgearbeitet wird, soweit dieser notwendig ist.

 

1. Anwendung von Risikominderungsmaßnahmen

Eine wesentliche Pflicht für den nachgeschalteten Anwender ist es, so mit den chemischen Stoffen oder Zubereitungen umzugehen, dass von diesen kein Risiko ausgeht. Vom Lieferanten werden sie (soweit es sich um einen als gefährlich anzusehenden Stoff handelt) ein Sicherheitsdatenblatt erhalten.

Der im Sicherheitsdatenblatt beschriebene sichere Umgang mit dem chemischen Stoff bezieht sich auf bestimmte Verwendungen, die im Einzelnen aufgelistet sind, so genannte Expositionsszenarien. Prinzipiell darf man den Stoff nur in den Bereichen verwenden, die der Hersteller in seinem Sicherheitsdatenblatt als Verwendung angegeben hat und die er somit als eine sichere und beherrschbare Verwendung ansieht. Der nachgeschaltete Anwender ist in der Pflicht festzustellen, ob die vorgesehene Verwendung in dem Stoffsicherheitsbericht wiederzufinden ist. Ist die Verwendung im Sicherheitsdatenblatt nicht zu finden, ergeben sich zwei Möglichkeiten.

Man kann den Hersteller im Voraus darüber informieren, wofür der Stoff verwendet werden soll und der Hersteller kann dann diese Verwendung in seinen Stoffsicherheitsbericht übernehmen und im Sicherheitsdatenblatt dokumentieren. Vielleicht hat der Hersteller Bedenken, die Verwendung aufzunehmen, weil er sie nicht als sicher für Mensch oder Umwelt ansieht. In diesem Fall wird er anschließend im Sicherheitsdatenblatt von dieser Verwendung abraten.

 

2. Informationspflicht gegenüber Lieferanten und Kunden

Die Informationspflicht ist die zentrale Aufgabe für den nachgeschalteten Anwender. Diese Informationspflicht besteht einerseits gegenüber dem Kunden, und in bestimmten Fällen auch gegenüber dem Lieferanten.

 

3. Sicherheitsdatenblatt

Alle Informationen zum sicheren Umgang mit dem Stoff, die man vom Lieferanten mit dem Sicherheitsdatenblatt erhält, müssen auch an die Kunden weitergegeben werden. Liefert man Zubereitungen, in denen zumindest ein als gefährlich eingestufter Stoff vorhanden ist, muss dies im Rahmen eines Sicherheitsdatenblattes geschehen.

 

Was ist für die Fachfirmen der Klima- und Lüftungstechnik wichtig?

Normalerweise ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die Produkte besonders gefährliche Substanzen enthalten. Deshalb ist die REACH-Richtlinie noch nicht von großer Bedeutung für die Lüftungs- und Klimatechnik. Man sollte sich jedoch frühzeitig mit den Sicherheitsdatenblättern auseinandersetzen und diese im Hinblick auf das vorgesehene Einsatzfeld prüfen. Hierzu ist es vorteilhaft, im Betrieb eine Person mit dieser Aufgabe zu betrauen. Damit man für die Zukunft gerüstet ist, sollten Anwendungen, die nicht durch die Sicherheitsdatenblätter abgedeckt sind, dem Vorlieferanten melden, damit diese Aspekte aufgenommen werden können. Auch sollten die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter für die Produkte und Anlagen im Rahmen der Projektdokumentation archiviert werden, damit auf Rückfragen einfach und schnell reagiert werden kann.

Es gibt jedoch Fälle, in denen heute schon Aspekte der REACH-Richtlinie bedeutsam werden. So fordert die Bauproduktenrichtlinie in den wesentlichen Anforderungen Nr. 3: Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz ebenfalls einen Nachweis für Bauprodukte. Der Unterschied zur REACH-Richtlinie ist, dass die REACH-Richtlinie einzelstofforientiert ist, während die Bauproduktenrichtlinie produktorientiert ist. Hierbei beziehen sich die Anforderungen auf das eingebaute Bauprodukt als Ganzes und damit auf die entsprechenden Wechselwirkungen mit den Menschen und soll damit auch Summenparameter (Addition verschiedener Stoffe) bewerten – also beispielsweise die Emissionen verschiedener Stoffe in einem Lüftungsgerät und deren summierte Einflüsse auf den Nutzer. Klar ist, dass sich daraus auch verschiedene Synergien ableiten lassen und dass die stoffliche Bewertung nach REACH auch Informationen für die Bewertung nach Bauproduktenrichtlinie liefern kann. So ist es sinnvoll, dass einzelstoffbezogene Erfahrungen, welche unter REACH in großer Breite und in einem überschaubaren Zeitrahmen generiert werden, in strukturierter Art und Weise für die Ableitung von Bezugswerten bei der Bewertung von Bauprodukten verfügbar zu machen und heranzuziehen.

 

Praktisches Beispiel

Ein praktisches Beispiel ist die Zulassung von Wohnungslüftungsgeräten durch das DIBt. Hierbei werden einzelne Stoffe im Luftweg des Gerätes einer gesundheitlichen Bewertung unterzogen, die leider für die Hersteller vollkommen intransparent und wenig nachvollziehbar oder gar im Entwicklungsprozess des Produktes planbar ist. Die Folge sind langwierige stoffliche Bewertungen, die sich über mehrere Jahre ziehen können. Hier ist dringend eine engere Ankopplung für Stoffe notwendig, für die ausreichende Sicherheitsdatenblätter nach REACH-Richtlinie vorliegen.

 

Quellen:
(1) REACH-Info Erste Schritte unter der EU-Verordnung REACH (2) Applying REACH to HVAC Equipment, EPEE-Information
(3) Auswirkungen europäischer Bestimmungen für Gesundheits- und Umweltschutz auf Bauprodukte und Bauwerke, Forschungsprogramm ZukunftBau, Ökopol Institut Hamburg
 
Weiterführende Internetlinks:
www.reach-helpdesk.de
www.reach-info.de
www.echa.europa.eu
www.baua.de
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