Gefährden Sie sich und andere nicht!

Illegale Kältemittel-Einfuhren dürfen keine Abnehmer finden

Seit dem letzten Jahr ist die Kälte-/Klima-Branche mit illegalen Einfuhren von Kältemitteln konfrontiert. Diese können nicht nur das reibungslose Funktionieren von Anlagen gefährden und damit wirtschaftlichen Schaden anrichten, sondern auch zu Personenschäden führen. Über diese gefährliche Entwicklung diskutieren die Experten von Coolektiv: Hans-Jürgen Kemler, Branchenmanager Kälte/Klima, Westfalen Gruppe, Wolfgang Zaremski, Präsident Asercom, und Laurent Zielezinski, Regional Sales Manager, Chemours Fluorochemicals EMEA, im Interview mit der KKA.

KKA: Herr Kemler, welche Entwicklung zeigt sich seit den letzten ein bis zwei Jahren am deutschen Markt in Bezug auf das Inverkehrbringen von illegalen Kältemitteln?

Kemler: Im Jahr 2017 konnten kaum illegale Importe verzeichnet werden. Dies hat sich 2018 stark geändert, vor allem ab Mai 2018 und mit weiter zunehmender Tendenz in den Folgemonaten. Es lässt sich feststellen, dass dieses Problem in der zweiten Jahreshälfte 2018 noch einmal zugenommen hat. Auch zum jetzigen Zeitpunkt gibt es weiterhin Hinweise auf einen illegalen Handel mit Kältemitteln.

Betroffen sind in erster Linie Produkte wie R-134a, R-410A und R404A: Hierbei ergeben sich wegen des großen Bedarfs und der relevanten GWP-Werte hohe CO2-Äquivalente, welche auf illegale Weise in den Markt importiert werden. In diesem Zusammenhang sind die angebotenen Einweggebinde aufgrund ihres Verbotes seit dem 04.07.2007 noch unter einem besonderen Aspekt zu betrachten.

Eine Vielzahl der Angebote betrifft den Internethandel. Diese Fälle sind, auch aufgrund der Intervention von Verbänden, glücklicherweise mittlerweile auf dem Rückzug.

Wenn wir uns vor Augen führen, dass alle Länder innerhalb der EU von den illegalen Importen betroffen sind, können wir uns die Dimension dieses Problems ungefähr vorstellen.

KKA: Herr Zaremski, welche Gefahren birgt es für Betreiber, wenn nichtzertifizierte Produkte in Bestandsanlagen eingefüllt werden?

Zaremski: Ich würde in diesen Fällen erst in zweiter Reihe den Betreiber als gefährdet betrachten. Hier ist in erster Linie das Servicepersonal der ausführenden Firma gefährdet. Und zwar aus folgenden Gründen:

Entspricht das nachgefüllte Kältemittel nicht der ursprünglichen Spezifikation, kann im Servicefall niemand sicher die Anlagenparameter beurteilen. Hierdurch kann es zu falschen Fehleranalysen kommen, die im Zweifel die Reparaturkosten hochtreiben. Ein zweiter, nicht zu unterschätzender Faktor ist die potenzielle Unfallgefahr. Ist die Kältemittelmischung nicht bekannt, können Personenschäden bei Arbeiten am Kältekreislauf nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden. Das latente Unfallrisiko ist selbst bei fachgerechter Arbeitsweise unserer hochqualifizierten Anlagenbauer permanent vorhanden. Personenschäden sind nicht auszuschließen.

Für den Betreiber steht natürlich in erster Linie der fehler- und störungsfreie Betrieb der Anlage im Fokus.

KKA: Aber kann dieser störungsfreie Betrieb aus Sicht des Kälteanlagenbauers gewährleistet werden, wenn im Extremfall irgendetwas nachgefüllt wurde?

Zaremski: Ich denke nicht, da bei der Verwendung illegaler Ware keine Qualitätskontrolle durch den Kälte-Klima-Fachbetrieb erfolgen kann. Entspricht das Kältemittel nicht der Spezifikation, sind Langzeitschäden an den Verdichtern nicht auszuschließen. Ebenso können die eingesetzten Öle und Dichtmaterialien geschädigt werden, mit allen daraus resultierenden Folgeschäden. In Extremfällen übersteigt der wirtschaftliche Schaden bei einem Betriebsstillstand die eingesparten Ausgaben für ein qualitätsgeprüftes Kältemittel um ein Vielfaches.

KKA: Herr Zaremski, mit welchen Konsequenzen müssen Kälteanlagenbauer rechnen, wenn sie illegale Kältemittel kaufen und einsetzen?

Zaremski: Hier sollten wir rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen unterscheiden. Liegt nachweislich der Einkaufspreis um ein Vielfaches unter dem marktüblichen Preis, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Fälschung oder ein minderwertiges Produkt angeboten wird. Eine Qualitätsprüfung ist daher anzuraten. Erfolgt diese Überprüfung nicht und kommt es in der Folge zu einem Schadensereignis, haftet der Anlagenbauer gegenüber seinem Kunden gegebenenfalls auch für Folgeschäden.

Ebenso ist nicht auszuschließen, dass die Komponentenhersteller eine Gewährleistung ebenfalls ablehnen werden. Dieser Fall wird spätestens dann eintreten, wenn epidemische Ausfälle festzustellen sind. Wobei ich bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen möchte, dass die Verdichter-Hersteller grundsätzlich alle zurückgesandten Verdichter einer Fehleranalyse unterziehen.

Ein weiterer Punkt ist natürlich die mögliche Beeinträchtigung der Energieeffizienz der Kälte- oder Klimaanlagen durch die Verwendung eines nicht spezifizierten Kältemittels. Insbesondere in industriellen Anwendungen wird großer Wert auf die hohe Anlagen-Energieeffizienz gelegt. Hierzu sei Contracting als Stichwort genannt. Bei der Nichteinhaltung von Einsparversprechen drohen empfindliche Vertragsstrafen. Ich persönlich würde bei derartigen Projekten alle eingesetzten Komponenten einer Qualitätskontrolle unterziehen, einschließlich der Kältemittel.

KKA: Herr Zielezinski, welche Anwendungsvorteile beziehungsweise rechtlichen Sicherheiten bringen legal eingeführte im Vergleich zu illegal eingeführten Kältemitteln mit sich?

Zielezinski: Legal eingeführte Kältemittel sind konform mit den in der EU gültigen oder obligatorischen Regularien wie Einführzölle, REACH- und F-Gas-Verordnung. Diese dienen unserer allgemeinen Sicherheit und dem Umweltschutz. Dadurch wird gewährleistet, dass die Qualität des Kältemittels den zertifizierten Eigenschaften hinsichtlich Produkt- und Sicherheitsstandards entspricht. Unter dem Motto: „Was draufsteht, ist auch drin!“

Illegales Inverkehrbringen von Kältemitteln ist kein Kavaliersdelikt und kann laut deutschem Strafrecht mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug und bis zu 50.000 Euro Bußgeld bestraft werden.

Insbesondere beim Thema Sicherheit kann bei illegal eingeführten Kältemitteln nicht ausgeschlossen werden, dass gefährliche Substanzen – toxisch oder brennbar – in die Zylinder eingefüllt worden sind.

Durch das Verwenden von illegal eingeführten Kältemitteln ist die Gewährleistung möglicherweise nicht mehr gegeben. Hinzu kommt, dass die Wiederverwendung von zurückgewonnenem Kältemittel, insbesondere die Sortenreinheit, beim Einsatz von illegalem Kältemittel fragwürdig ist.

KKA: Herr Zielezinski, was heißt es für die Erreichung der F-Gas-Verordnung, wenn die illegale Einfuhr nicht gestoppt wird?

Zielezinski: Die illegalen Importe haben im Jahr 2018 dazu geführt, dass die durch die EU-Kommission maximal gesetzte Referenzmenge von 101 Mio. tCO2e (= Max-Quoten) in beträchtlichem Maß überschritten wurde.

Dies läuft nicht nur der Kernzielsetzung der F-Gas-Verordnung zuwider, die Umwelt durch die Verringerung der Emissionen fluorierter Treibhausgase zu schützen, sondern stellt politisch gesehen eine große Gefahr dar, zumal es auch um die Glaubwürdigkeit aller Institutionen und Unternehmen geht, die bei der Umsetzung der F-Gas-Verordnung involviert sind.

Zu beachten ist auch der nächste Reduktionsschritt zum 1. Januar 2021. Unternehmen, die früh damit begonnen haben, in neue Technologien zu investieren, werden durch diese Situation enorm benachteiligt.

Die scheinbar unbegrenzte Kältemittelverfügbarkeit führt zu falschem Sicherheitsgefühl. Die notwendigen Installationen von neuen Low-GWP-Technologien, die zur Erfüllung der nächsten F-Gas-Quotenreduzierung ab 1. Januar 2021 nötig sind, werden verschoben beziehungsweise nicht wie geplant in den Markt gebracht.

Sollte die illegale Einfuhr nicht zeitnah gestoppt werden, ist damit zu rechnen, dass – ähnlich wie 2015 und 2016 – ein Teil der durch die F-Gas-Verordnung festgelegten, legalen Quote ungenutzt bleibt. Dieses Szenario hätte, wie bereits zwischen 2017 und 2018 wahrgenommen, eine mögliche erneute Kältemittelverknappung zur Folge.

KKA: Herr Kemler, was ist zu tun, wenn einem Marktteilnehmer illegale Kältemittel angeboten werden? Welche Anlaufstellen gibt es?

Kemler: Wichtig ist, dass, sobald sich Hinweise auf das illegale Inverkehrbringen ergeben, umgehend Schritte zur Vermeidung eingeleitet werden. Wenn Sie den dringenden Verdacht haben, dass es sich um ein Kältemittel aus zweifelhaften Quellen handelt, das entweder nicht den Spezifikationen entspricht oder ohne Erfassung durch das Quotensystem gemäß F-Gas-Verordnung importiert wurde, wenden Sie sich bitte an die zentrale Anlaufstelle des Handwerks, den Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen e.V.

ZVKKW

Kaiser-Friedrich-Straße 7

53113 Bonn

Telefon (02 28) 24 33 88-29

Fax (02 28) 24 33 88-20

E-Mail:

Gerne können Sie sich mit Ihren Anliegen und Fragen auch direkt an wenden.

KKA: Besten Dank für das Gespräch! Wir als KKA hoffen, so zur Aufklärung und zur Vermeidung dieser sehr gefährlichen Entwicklung beigetragen zu haben.

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