Industriekühlung im Wandel
Interview mit Jared Hendricks, Geschäftsführer von Hyfra
Der Sektor Industriekühlung durchläuft derzeit einen Wandel. Steigende Energiekosten, neue Vorschriften und wachsende Kundenerwartungen setzen Hersteller und Endanwender unter Druck, ihre Produkte und Serviceleistungen zu modernisieren. Jared Hendricks, Geschäftsführer des zu Lennox International gehörenden Bereichs Hyfra Prozesskühlung, erklärt im KKA-Interview, was Anwender bedenken sollten, wenn sie Prioritäten setzen, und wo für Hersteller Verbesserungspotenzial besteht.
KKA: Herr Hendricks, Modernisierung scheint im Bereich der industriellen Prozesskühlung ein wesentliches Thema zu sein. Viele Anwender ersetzen ihre bestehenden Prozesskühlanlagen durch neuere Maschinen. Was ist aus Ihrer Sicht für diese Entwicklung verantwortlich?
Hendricks: Die vorrangigen Faktoren für diesen Wandel in unserer Branche sind steigende Energiekosten sowie die zunehmende Verknappung der bestehenden Kältemittel infolge von EU-Vorschriften und der Quoten für fluorierte Treibhausgase (auch F-Gase genannt). Allein die Energiekosten zwingen viele Anwender, sich nach effizienteren Lösungen umzusehen, selbst wenn sich ihre bestehenden Systeme im jahrelangen Einsatz bewährt haben. Ein Kunde kaufte beispielsweise vor Kurzem ein neues Kühlsystem, um drei Hyfra-Kühler zu ersetzen, die er 1987 von uns bezogen hatte. Dieses 30 Jahre alte System lief zwar nach wie vor gut, aber der Kunde brauchte mehr Platz und Funktionen. Unsere neuesten Produkte boten die gleiche Kühlleistung bei 75 % weniger Standfläche und Volumen. Außerdem ist das neue System energieeffizienter, benötigt weniger Kältemittel und verfügt über modernere Steuerungsfunktionen.
In anderen Fällen geht es den Endanwendern darum, mit Blick auf Industrie 4.0 auf intelligentere und vernetzte Anlagen umzustellen. Was das bedeutet, kann von Kunde zu Kunde unterschiedlich sein. Einige wollen, dass unsere Anlagen in ihre Systeme integrierbar sind und mit ihnen kommunizieren. Andere wiederum wünschen sich erweiterte Überwachungsfunktionen. Durch die Zusammenarbeit mit unseren Kunden sind wir in der Lage, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln und damit ihren vielfältigen Bedürfnissen gerecht zu werden.
KKA: Abgesehen von diesen Punkten, inwieweit erhöht sich durch die Verknappung von Kältemitteln der Modernisierungsdruck?
Hendricks: Seit der Einführung eines Quotensystems für Kältemittel mit hohem Treibhauspotenzial (GWP = Global Warming Potential) sind die Preise für solche Kältemittel ins Astronomische gestiegen. Darüber hinaus wird der Betrieb vieler bestehender Anlagen, die mit Kältemitteln mit hohem GWP-Wert arbeiten (z. B. R404A oder R507A), zunehmend weniger praktikabel und unrentabler. Wir glauben, dass die Verknappung und die Preise von Kältemitteln in Verbindung mit den zusätzlichen Funktionen neuer Systeme die Endanwender dazu bewegen werden, vorzeitig aufzurüsten.
KKA: Was kann eine neue Prozesskühlanlage im Hinblick auf das F-Gas-Problem bieten?
Hendricks: Bei Hyfra haben wir uns intensiv mit dem F-Gas-Aspekt befasst und sind überzeugt, dass sich sowohl die Knappheit als auch der Preisdruck in den nächsten Jahren weiter verschärfen werden. Deshalb haben wir uns in Sachen Kältemittel zu einer dreigleisigen Strategie entschieden.
Kurzfristig haben wir eine zuverlässige Versorgung mit den bisher verwendeten Kältemitteln gesichert, damit wir unsere Kunden auch weiterhin unterstützen können. Das ist der Vorteil, zu einem größeren Mutterkonzern wie Lennox zu gehören.
Zudem verfügen wir bereits heute über Technologien, die die Kältemittelmengen in unseren Systemen reduzieren. Wir haben als erstes Unternehmen der Branche die Microchannel-Technologie eingeführt. In Verbindung mit unserem hochentwickelten System senkt sie den Kältemittelverbrauch um 70 %.
Als langfristige Lösung entwickeln wir derzeit unsere nächste Generation von Kühlanlagen, die mit neuen Kältemitteln mit extrem niedrigen GWP-Werten arbeiten werden.
Die neuen Vorschriften stellen zwar auf kurze Sicht eine Herausforderung dar, tatsächlich jedoch sehen wir sie als Chance, innovativ zu sein und neue Ansätze zu erforschen.
KKA: Was sonst sollten Anwender berücksichtigen, die ihre Prozesskühlung modernisieren möchten?
Hendricks: Das Thema Industrie 4.0, oder die vernetzte Fabrik, gehört für viele unserer Kunden zu den obersten Prioritäten. Uns ist klar, dass unsere Kunden nicht als Erstes an ihren Prozesskühler denken. In gewisser Hinsicht wollen wir sogar, dass unsere Systeme gegenüber den Kernprozessen unserer Kunden unsichtbar im Hintergrund laufen.
Allerdings kann die Leistung der Prozesskühlanlage absolut entscheidend für die Qualität des Endresultats sein. Eine akkurate und präzise Kühlung gewährleistet die Qualität des Laserschnitts, garantiert den Schutz einer kritischen Ressource, erhält Sicherheit und Qualität destillierter Getränke und vieles mehr. Aus diesem Grund sind immer mehr unserer Kunden an unseren intelligenten Steuerungsoptionen interessiert. Diese Lösungen bieten nahtlose Schnittstellen zwischen unserem System und den Anlagen der Kunden, Betriebsdatenerfassung, Fernüberwachung sowie Diagnosefunktionen.
KKA: Und nun zum Thema Energieeffizienz.
Was sollten die Kunden hier tun?
Hendricks: Die Anwender verlangen von uns als Hersteller heute hocheffiziente Systeme. Das ist seit Jahren fester Bestandteil unserer neuen Produktentwicklungsstrategie.
Teillastfähige Komponenten werden zur sinnvollen Antwort auf den Anstieg der Energiepreise. Bei unserer „FleXX“-Technologie beispielsweise erfasst ein SPS-System kontinuierlich die aktuelle thermische Belastung, passt den Betriebspunkt des Verdichters mit variabler Drehzahl sowie des Ventilators an und justiert das elektronische Expansionsventil entsprechend der benötigten Kühlleistung.
Auch hier sind intelligente Steuerungen der Schlüssel. Durch teillastkompatible Komponenten wie Verdichter, Ventilatoren, Pumpen und Expansionsventile ermöglichen sie höhere Wirkungsgrade. Auch wenn diese Lösungen sehr komplexe Algorithmen umfassen, so sind sie tatsächlich installationsfreundlicher und flexibler in der Anwendung als herkömmliche Systeme.
KKA: Könnten Sie uns bitte ein Beispiel nennen?
Hendricks: Sehr gerne. Ein Kunde hat in seinem Werk mehrere Induktionsheizungsanlagen, die jedoch nicht immer gleichzeitig laufen, sodass die thermische Belastung nicht gleichmäßig ist. Die älteren Kühlsysteme – davon gab es drei – ließen sich nur entweder ein- oder ausschalten. Das heißt, wenn der Kühlbedarf etwas über dem lag, was zwei Anlagen abdecken konnten, mussten alle drei bei voller Leistung laufen. Im Endeffekt ist das natürlich Energieverschwendung.
Mit unserer neuesten Technologie werden nun alle Induktionssysteme von einer einzigen Anlage gekühlt, die sich automatisch auf den jeweiligen Kühlbedarf einstellt. Der Anwender profitiert von einer Senkung des Energieverbrauchs, einer geringeren Standfläche und weniger Lärmbelastung.
KKA: Erfüllen Anwender mit teillastkompatiblen Prozesskühlsystemen automatisch auch die Auflagen der Ökodesign-Richtlinie (EU-Verordnung 2016/2281), die zur Reduzierung der CO2-Emissionen strikte Anforderungen an die Energieeffizienz moderner Industriekühlanlagen stellt?
Hendricks: Die aktuellen Ökodesign-Vorschriften sind recht komplex. Alle Hersteller müssen sich intensiv mit ihnen befassen, um ihre Bedeutung für ihre Produkte zu verstehen. Teillastsysteme oder variable Systeme können definitiv einen großen Beitrag zur Einhaltung der Ökodesign-Vorgaben in der Produktion leisten.
Die meisten Hyfra-Produkte sind nicht direkt von den neuen Richtlinien betroffen, da ihre Auslasstemperatur über dem definierten Bereich liegt. Wo die Anwenderspezifikationen jedoch Anpassungen verlangen, entwickeln wir in Zusammenarbeit mit dem Kunden maßgeschneiderte Lösungen.
KKA: Sie sagen, die aktuellen Ökodesign-Vorschriften sind recht komplex. Was sollten Anwender und Hersteller tun?
Hendricks: Wie bereits erwähnt, müssen alle Hersteller die Verordnung genau lesen, um zu verstehen, wie die neuen Ökodesign-Bestimmungen ihre Produkte betreffen. Hinzufügen möchte ich noch, dass es wichtig ist, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die sich mit der Richtlinie auseinandergesetzt haben und sie erfüllen.
Darin liegt für Hyfra ein weiterer Vorteil der Zugehörigkeit zu Lennox International. Wir haben uns intensiv mit der Vorschrift befasst und sind von unserem Ansatz überzeugt. Darüber hinaus verfügen wir über das technische Know-how und die Erprobungskapazitäten, um die Einhaltung der Bestimmungen zu gewährleisten.
Im Moment bereiten wir unsere Produkte schon für die nächste Stufe der Ökodesign-Verordnung vor, die 2021 in Kraft treten wird.
KKA: Wir haben viel über die Modernisierung und Weiterentwicklung von Produkten gesprochen. Sehen Sie in der Branche auch bei anderen Aspekten Veränderungen?
Hendricks: Absolut. Hyfra entwickelt und fertigt alle seine Produkte in Deutschland nach höchsten Qualitätsstandards und verkauft und vertreibt sie dann weltweit. Unsere Kunden hatten schon immer sehr hohe Erwartungen an unsere Produkte. Nun sind sie im Hinblick auf den Service noch anspruchsvoller geworden. Das liegt zum Teil an den bereits erwähnten Veränderungen bei den Produktmerkmalen. Die Produkte unserer Kunden sind komplexer geworden, und die Kunden verlangen von uns ein tiefgreifendes Verständnis ihrer Anwendung, damit wir maßgeschneiderte Lösungen für sie entwickeln können. Außerdem vertrauen sie darauf, dass wir das komplexe regulatorische Umfeld verstehen und beachten.
Zudem ist ihnen daran gelegen, die Abläufe nach dem Verkauf zu vereinfachen. So u. a. durch Unterstützung beim Projektmanagement, bei der Installation und bei der Inbetriebnahme. Da unsere Produkte weltweit installiert werden, erwarten die Kunden von uns Hotline-Support rund um die Uhr sowie bei Bedarf Wartungs- und Produkt-Support vor Ort. Ich denke, der Trend wird zunehmend weggehen von kleinen, lokalen Herstellern, die keine weltweite Unterstützung bieten können. In den nächsten Jahren wird die Serviceunterstützung sowohl für unser Geschäft als auch für die Branche insgesamt ein Bereich für weitere Verbesserungen und Investitionen sein, da die Erwartungen der Kunden weiter steigen.
KKA: Sehen Sie im Hinblick auf die Modernisierung der Branche noch in anderer Hinsicht Verbesserungsmöglichkeiten?
Hendricks: Meines Erachtens wird es in unserer Branche durch die Veränderung der regulatorischen Landschaft und die wachsenden Kundenerwartungen auch künftig Verwerfungen geben. Bei Hyfra verbringen wir viel Zeit mit der Erörterung unserer digitalen Strategie. Hier hat sich für uns viel verändert. Früher haben wir über Produkte und Serviceleistungen gesprochen und die digitale Strategie den Technologieunternehmen überlassen. Wenn wir eine Softwarelösung brauchten, prüften und kauften wir sie, ohne den großen Zusammenhang zu betrachten. Diese Zeiten sind vorbei!
Wir haben erkannt, dass wir eine digitale Strategie brauchen, mit der wir alle unsere digitalen Initiativen aufeinander abstimmen können. Wir gehen dabei einerseits auf die interne Notwendigkeit ein, Dinge besser, schneller und intelligenter zu tun, andererseits aber auch auf das externe Erfordernis, das Kundenerlebnis aufzuwerten und auf die Bedürfnisse unserer Stakeholder.
Es gibt bereits einige interessante Veränderungen wie eine neue Website, ein modernes Customer Relationship Management-System, ein neues Kundenportal und eine E-Commerce-Plattform. Darüber hinaus haben wir unsere Präsenz in den sozialen Medien neu ausgerichtet.
Eines unserer vorrangigen Ziele besteht in der Aufwertung des Kundenerlebnisses. Das neue Kundenportal „myHYFRA“ bietet Kunden die Möglichkeit, Ersatzteile online zu kaufen und den Bestellstatus zu verfolgen. Wir werden dieses Portal kontinuierlich um neue und leistungsstarke Funktionen erweitern.
Nach unserer Überzeugung brauchen Unternehmen eine intelligente und robuste digitale Strategie, wenn sie im 21. Jahrhundert effektiv gegenüber dem Wettbewerb bestehen wollen. Wir freuen uns schon darauf, hierzu im Jahr 2019 einige interessante Aspekte bekanntzugeben.
KKA: Vielen Dank für das Interview!
Hyfra Industriekühlanlagen GmbH
Das Unternehmen aus Krunkel/Westerwald wurde 1981 gegründet und ist auf Systeme für die industrielle Prozesskühlung spezialisiert. 1997 wurde das Unternehmen als eigenständige Marke in Lennox International, Inc. eingegliedert. Im Zentrum der Geschäftstätigkeit von Hyfra stehen Prozesskühllösungen für die Werkzeugmaschinen-, Filtrations- und Laserindustrie. Die Produkte des Unternehmens reichen von kleinen „Plug-and-play“-Tischkühlgeräten bis hin zu großen, kundenspezifisch angepassten Industrieanlagen. Weitere Informationen finden Sie auf www.hyfra.com.