Integralsysteme im Supermarkt
Kühlen, klimatisieren und heizen mit CO2 ohne Zwischenkreislauf
Im Zuge fortlaufender Effizienzsteigerung und CO2-Emissionsreduktion werden vermehrt sogenannte Integralsysteme mit Direktverdampfung eingesetzt, die neben der Kälte zusätzlich noch Heiz- und Klimalasten abdecken. Dies verhindert einerseits den Einsatz von fossilen Heizvarianten, andererseits können alle Lasten mit nur einer Anlage abgedeckt werden. Durch den Einsatz von CO2 als Kältemittel ist zusätzlich ein tiefes GWP gewährleistet und dank der direkten Wärme- und Kälteverteilung ohne Sekundärmedium kann die Anlage effizient betrieben werden.
Der technische Fortschritt führt zur fortlaufenden Optimierung thermischer Systeme, wie Kältemaschinen und Wärmepumpen. Der Optimierung eines einzelnen Wärme- oder Kälteerzeugers sind jedoch gewisse Grenzen gesetzt und der Optimierungsaufwand steigt im Verhältnis zum Effizienzgewinn überproportional. Eine Möglichkeit, thermische Systeme weiter zu optimieren, besteht in der Kombination verschiedener Systeme. So können Synergien genutzt und die Systemeffizienz gesteigert werden.
Für Heizzwecke kommen im Gewerbebereich vermehrt Wärmepumpen zum Einsatz, um den Einsatz fossiler Energieträger und somit CO2-Emissionen zu reduzieren. Bei einer vorhandenen Kälteanlage sind alle benötigten Komponenten einer Wärmepumpe, wie Verdichter und Außeneinheit bereits vorhanden. Somit ist es naheliegend, die Kälteanlage zusätzlich als Wärmepumpe zu nutzen. Dadurch können sämtliche thermische Lasten von ein und derselben Anlage übernommen werden. Als weitere Kosten- und Energiebedarfsreduktion kann dabei auf ein Sekundärmedium wie Wasser verzichtet werden, indem die thermischen Lasten im Gebäude direkt auf die Luft übertragen werden.
Der präsentierte Anlagentyp eignet sich insbesondere für kleine Supermärkte mit begrenzter Füllmenge und überschaubaren Leitungslängen. Nach diesem Konzept wurden seit 2017 bereits über 30 Anlagen im Kleinladenbereich geplant und realisiert.
Drei Aufgaben mit einer Anlage
Beim untersuchten Objekt handelt es sich um eine typische Anlage eines Supermarktes im Kleinladenformat. Solche Anlagen zeichnen sich dadurch aus, dass sie drei Aufgaben in einem erfüllen. Sie decken neben der Plus- und Minuskühlung zusätzlich noch die Klima- und die Heizlast ab. Die Nennleistung der Anlage teilt sich folgendermaßen auf: 6 kW Minuskühlleistung, 28 kW Pluskühlleistung, 14 kW Klimaleistung und 15 kW Heizleistung.
Die Kälteleistung entspricht knapp 20 Laufmeter an Kühlmöbel. Die Anlage befindet sich in der Region Bern auf 550 m ü. M. und gehört zu einem führenden Detailhändler der Schweiz. Die beheizte und klimatisierte Verkaufsfläche des Marktes beträgt 300 m2.
Abbildung 1 zeigt vereinfacht die Funktionsweise des Systems. Wärme und Kälte werden simultan an unterschiedlichen Orten abgegeben.
Die Basis der Anlage bildet eine CO2-Kälteanlage, welche die Kühlung für die Lebensmittel sicherstellt. Mit der dazukommenden Raumklimatisierung entsteht eine gewisse Abwärmeleistung. Diese Leistung wird entweder über den Gaskühler abgeführt oder nach Bedarf im Gebäude abgegeben. Dabei kann an unterschiedlichen Stellen gleichzeitig klimatisiert und geheizt werden. Dies kann notwendig sein, wenn lokal hohe Wärmelasten, wie beispielsweise durch eine Frischbackstation entstehen, welche unter Umständen auch im Winter abgeführt werden müssen, obwohl an einer anderen Stelle ein Heizbedarf besteht. Übersteigt im Winter der Wärmebedarf des Gebäudes die Abwärmeleistung der Kälteanlage, dann wird der Gaskühler als „Außenverdampfer“ eingesetzt, wodurch darin Kältemittel analog einer Außeneinheit einer Wärmepumpe verdampft wird. Dadurch entsteht zusätzliche Abwärmeleistung für den Heizbetrieb. Diese Betriebszustände zeigen auf, worin die Hauptanwendung der Anlage besteht: die Verteilung und der Ausgleich von Wärme- und Kältelasten in Echtzeit.
Heizen nach Bedarf
Der Heizbedarf der Anlage wird im Normalfall über Lufterhitzer bewerkstelligt. Allfälliger Heizbedarf wird primär mit der unvermeidbar anfallenden Abwärme der Kälteanlage abgedeckt. Wenn der Wärmebedarf ansteigt, wird der Hochdruck der Anlage automatisch durch die höhere Temperatur der Wärmeabgabe erhöht. (Dies in der Annahme, dass die Außenluft zu diesem Zeitpunkt eine geringere Temperatur aufweist als das zu erwärmende Medium, wie beispielsweise die Raumluft). Dieser Effekt ist damit zu erklären, dass die Heizstellen parallel zum Gaskühler eingebunden sind und somit das Kältemittel nach den Heizstellen nicht mehr über den Gaskühler geführt wird. Wenn der Gaskühler komplett umgangen wird, dann findet dieser gleitende Hochdruck bei 70 bar ein Maximum, da das CO2 an den Heizstellen auf ca. 27 °C abgekühlt werden kann. Dieser Effekt ist im Diagramm 1 erkennbar.
Sobald ein Zustand erreicht ist, an dem selbst die auf 70 bar Hochdruck betriebene Kälteanlage die Heizlast nicht mehr abdecken kann, wird der Außenverdampfer zugeschaltet. Dieser muss naheliegender Weise bei einer Verdampfungstemperatur unterhalb der Außentemperatur betrieben werden. Das so zusätzlich entstehende, gasförmige Kältemittel wird von den im Winter nicht verwendeten Klimaverdichtern komprimiert.
Durch die direkte Durchströmung des Lufterhitzers mit CO2 werden Wärmeübertragungsverluste auf ein Minimum reduziert. Der Verzicht auf ein Sekundärmedium macht zudem einen Speicher überflüssig, wodurch Speicherverluste vermieden und der Platzbedarf reduziert wird. Außerdem wird aufgrund des fehlenden Sekundärmediums keine Pumpenenergie benötigt. Der hohe Druck des CO2 erfordert hingegen hochdruckbeständige Wärmetauscher.
Im Diagramm 2 ist deutlich erkennbar, dass der Außenverdampfer wie erwartet bei niedrigen Außentemperaturen zum Einsatz kommt. Die Einsatzgrenze liegt dabei zwischen 4 °C und 0 °C. Über 4 °C kommt der Außenverdampfer praktisch nicht zum Einsatz und unter 0 °C läuft er mit wenigen Ausnahmen permanent.
Effizienter Klimabetrieb
Für die Klimatisierung werden dieselben Wärmetauscher wie für die Lufterhitzung verwendet. Dazu wird je nach Bedarf Kältemittel verdampft, welches von den Klimaverdichtern abgeführt wird. Durch die Direktverdampfung des Kältemittels werden analog zum Heizbetrieb Wärmeübertragungsverluste auf ein Minimum reduziert, sodass die Verdampfungstemperatur bei +10 °C eingestellt werden kann. Im Diagramm 3 ist dies vereinfacht dargestellt.
Die Regelung ist maßgebend
Der eigentliche Vorteil der Anlage entsteht durch nutzbare Synergien. Dies bedingt jedoch, dass die einzelnen Betriebszustände sehr gut aufeinander abgestimmt sind. Die Optimierung hängt somit wesentlich von der Regelungstechnik ab. Dabei hat sich gezeigt, dass aufseiten der Heizleistung eine hohe Trägheit des Systems anzustreben ist. Im Gegensatz zur Kälte, wo die Kälteleistung jederzeit gewährleistet werden muss, lässt die Heizleistung viel mehr zeitliche Verschiebung zu. Das Gebäude als große thermische Masse dämpft den Spitzen-Heizbedarf deutlich.
Dieser Umstand muss sich in der Regelung der Anlage widerspiegeln. Betriebszustände wie der Betrieb des Außenverdampfers sollten nur sehr zögerlich eingesetzt werden und nur dann, wenn mindestens über mehrere Stunden ein Wärmedefizit besteht. Die dadurch einsetzende Trägheit des Systems führt zu deutlich reduzierten Lastwechseln und verhindert unnötiges Anfahren der Verdichter, was sich günstig auf den Strombedarf der Anlage auswirkt. Grundsätzlich besteht die Hauptschwierigkeit bei der Auslegung im sorgfältigen Austarieren der verschiedenen Lasten. Es muss darauf geachtet werden, dass sowohl die Teillast aller auftretenden Lasten als auch die Maximallast gewährleistet werden kann. Dies ist insbesondere daher eine Herausforderung, dass gewisse Verdichter für mehrere Aufgaben eingesetzt werden.
Vor- und Nachteile
Wie jedes System hat das präsentierte Anlagenprinzip Vor- und Nachteile. Dabei sind die Vor- und Nachteile insbesondere je nach Anlagengröße unterschiedlich zu gewichten. In der Tabelle unten sind die die wichtigsten Punkte zusammengestellt.
Anhand der geschilderten Vor- und Nachteile ergeben sich Anwendungsbereiche, für welche das System je nachdem besser oder weniger gut geeignet ist. Durch die hohe Füllmenge bei größeren Anlagen und die kostenintensiven Lufterhitzer und Luftkühler kommt das System insbesondere bei kleineren bis mittelgroßen Anlagen zum Einsatz. Bei großen Anlagen überwiegen die Vorteile eines Sekundärmediums für die Wärme- und Kälteverteilung, dies dank der günstigeren Komponenten und aufgrund der deutlichen Reduktion der Notwendigkeit einer Kältemittelüberwachung.