Klimahaus Bremerhaven 8° Ost

Pumpen für jede Klimazone

Im Juni 2009 öffnete die Wissens- und Erlebniswelt „Klimahaus Bremerhaven 8° Ost“ im Zentrum der „Havenwelten“ ihre Pforten für die Besucher. Hier werden, aufgeteilt auf vier Ausstellungsbereiche, Daten, Fakten und Phänomene rund um das weltweite Klimageschehen und den Klimawandel präsentiert. Vor diesem auch ökologisch ambitionierten Hintergrund wurden schon bei der Errichtung des Gebäudes und bei seinem haustechnischen Konzept strenge Maßstäbe hinsichtlich der Nachhaltigkeit und der CO2-Emissionen angesetzt.

Von April 2006 bis Juni 2009 wurde für insgesamt 70 Mio. € das „Klimahaus Bremerhaven 8° Ost“ errichtet. Seine Bruttogeschossfläche beträgt 18 800 m², davon sind 11 500 m² Ausstellungsfläche. Außergewöhnlich ist vor allem die architektonische Gestaltung. Den Entwurf zum Gebäude lieferte das Büro Klumpp Architekten Stadtplaner, während die Ausführungsplanung die agn Niederberghaus & Partner GmbH übernahm. Die architektonische Planung sah einen ellipsenförmig ausgeführten Baukörper vor, der je nach Perspektive des Betrachters an einen Schiffsrumpf, eine Wolke oder einen Tropfen erinnert. Die Innenkonstruktion aus Beton ist von einer Außenhülle aus Glas umgeben. Die Fassade umfasst 10 000 m² und besteht aus über 4700 einzeln angefertigten Glasscheiben.


Weltenbummel im Zeitraffer | Das Klimahaus erklärt Phänomene rund um das Wetter, das Klima und den Klimawandel für den Laien verständlich in vier Ausstellungsbereichen. Dass dies wissenschaftlich fundiert, spannend und interaktiv erfolgen kann, beweist der allein 4800 m² umfassende Bereich „Reise“. Hier werden die Bedingungen der Klimazonen entlang des 8. östlichen Längengrades durch intelligente Klimatisierung, Beregnung oder Vereisung ­sowie durch typische Gerüche und Geräusche für alle Sinne erfahrbar gemacht. Los geht es von Bremerhaven zu den schwindenden Gletschern der Schweiz. Danach erschließt sich den Besuchern eine Wiese auf der italienischen Insel Sardinien aus der Insektenperspektive. Anschließend kommt man in die trockene Hitze des Niger und die feuchte Schwüle Kameruns. Dann folgt mit der Antarktis ein wahrer Kälteschock. Von dort gelangt man in die exotisch-grünen Schluchten West Samoas und durch eine faszinierende Aquarienlandschaft mit einem Saumriff aus lebenden Korallen und exotischen Fischen bis nach Alaska. Nach einem Abstecher zur Hallig Langeneß ist die Erde mit der Rückkehr nach Bremerhaven dann komplett umrundet. Die Reise, auf der auch die Bewohner der dargestellten Regionen zu Wort kommen, zeigt den großen Einfluss des Klimas auf die zunehmend fragilen Lebensbedingungen von Mensch und Tier im globalen Ökosystem und sensibilisiert die Besucher für gezielten Umwelt- und Klimaschutz.

Vertiefend können die Besucher im Bereich „Elemente“ über 100 Experimente zu physikalischen und meteorologischen Gesetzmäßigkeiten durchführen. Die „Perspektiven“ setzen sie detektivisch auf die Spur des Klimawandels, seiner Konsequenzen und möglicher Lösungsansätze. Der Bereich „Chancen“ weist einen Weg zu einem klima­bewussteren Leben und gibt Anregungen für eigenes initiatives Handeln. Ein Wetterstudio sowie eine umfangreiche Mediathek runden das Angebot ab.

Ganzheitliches Energiekonzept | Konsequenterweise stellten die Projekt­entwickler, die Petri & Tiemann GmbH, von Anfang an höchste Ansprüche an ein nachhaltiges und möglichst CO2-neutrales Energiekonzept. Für die Planer der Transsolar Energietechnik GmbH war dies eine große Herausforderung, denn gleichzeitig musste für bis zu 5000 Besucher täglich während ­ihres mehrstündigen Aufenthalts die ge­forderten Raumklimabedingungen mit einer guten Frischluftqualität gewährleistet sein.

Sie entwickelten ein integrales und gewerkeübergreifendes Gesamtkonzept aus Gebäude- und Klimatechnik, das darauf abzielt, alle Gebäudeteile möglichst einfach und effizient für die Klimatisierung zu erschließen. Zuerst wurde die Gebäudenutzung eingehend analysiert, um anschließend den Energiebedarf durch geeignete Klimatisierungskonzepte zu begrenzen. Im Vergleich zu den Ausgangswerten konnte beispielsweise für die Ausstellungsbereiche „Elemente“, „Perspektiven“ und „Chancen“ sowie das Foyer der Kältebedarf um 50 % reduziert werden. Dadurch können diese Gebäudebereiche vollkommen ohne mechanische Kälteerzeugung betrieben werden. Stattdessen wird das natürliche Kühlpotential des Standorts genutzt. Bei passenden Außenbedingungen werden die zur Entrauchung notwendigen Lüftungsklappen in der Außenhaut geöffnet, so dass Frischluft direkt über die Fassade in das Gebäudeinnere strömen kann. Im Winter hingegen werden die solaren Gewinne der Glasfassade genutzt, um die einströmende Frischluft vorzuwärmen und eine Wärmerückgewinnung entzieht der Abluft die noch nutzbare Wärme. Im Sommer wird die Dachverglasung durch einen innenliegenden Sonnenschutz vor zu großer Erwärmung geschützt. In das Glasdach der Plaza wurde eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 37 kW integriert. Sie produziert nicht nur umweltfreundlichen Strom, sondern reduziert gleichzeitig die Sonneneinstrahlung in diesem Bereich auf weniger als 20 %. Die weitere Stromversorgung des Objekts wird über den Bezug von regenerativem Ökostrom sichergestellt.


Ausgezeichnetes Haustechnikkonzept | Durch die Nutzung regenerativer Energien und das perfekte Zusammenspiel aller haustechnischen Komponenten verursacht der Betrieb des Klimahauses praktisch keine CO2-Emissionen. Das wurde bereits zwei Monate nach der Eröffnung durch das Nationalkomitee der UN-Dekade gewürdigt, die dem Klimahaus den Titel des Dekadeprojekts „Bildung für nachhaltige Entwicklung (2005-2014)“ verlieh. Diese Auszeichnung honoriert das Konzept der Nachhaltigkeit, das im Klimahaus sowohl in der Ausstellung als auch in der Gebäudetechnik umgesetzt wurde. Zusätzlich wurde dem Klimahaus im September der Clean Tech Media Award, eine Art deutscher Umwelt-Oscar verliehen.

Ganzjähriger „Kühlfall“ | Trotz aller erzielten Energieeinsparungen erwies sich das Klimahaus ganzjährig als „Kühlfall“. Aufgrund seiner Nutzung benötigt das Gebäude permanent Kühlenergie und übertrifft damit sogar den Heizwärmebedarf. Das zeigt sich besonders deutlich im Ausstellungsbereich „Reise“, wo Temperaturen von -6 °C bis +35 °C gefordert sind. Deshalb entschied man sich, für die Kühlung des Gebäudes – wo möglich – natürliche Ressourcen und Umweltenergien einzusetzen. Bei allen hier eingesetzten Techniken sorgen insgesamt 27 Pumpen des Dortmunder Pumpenspezialisten Wilo SE (www.wilo.de) für eine zuverlässige Verteilung des jeweiligen Kühlmediums.

Ein Bereich ist die Betonkernaktivierung, mit der die Speicherfähigkeit der massiven Geschossdecken zur Regulierung der Raumtemperatur genutzt wird. Durch ein Rohrsystem in den Decken, die sich während des Tages aufheizen, zirkuliert nachts kaltes Wasser, das dem Beton die Wärme entzieht und damit sowohl eine niedrigere Raumtemperatur als auch einen besseren thermischen Komfort ermöglicht. Das Kaltwasser wird, solange es die Außentemperaturen zulassen, mittels freier Kühlung über einen Kühlturm auf dem Dach des Klimahauses erzeugt. Im Primärkreis zwischen Kühlturm und Wärmeübertrager sorgt eine „Wilo-VeroLine-IPL 65/145-5,5/2“ für die Zirkulation der Kühlsole. Dabei handelt es sich um eine einstufige Trockenläufer-Kreiselpumpe in kompakter Inline-Bauform. Sie wurde für einen Volumenstrom von 53,91 m³/h bei einer Förderhöhe von 17,3 mWS ausgelegt.

Hinter dem Wärmeübertrager folgt eine Verteilung mit vier Klimakaltwasserkreisläufen. Einer von ihnen dient der Betonkernaktivierung und wird von einer „Wilo-CronoLine-IL 32/150-2,2/2“-Niederdruck-Kreiselpumpe versorgt. An die drei weiteren Kreisläufe sind als Verbraucher Umluftkühlgeräte, Kühldecken oder die Fußbodenkühlung im Foyer angeschlossen. Hier wurden elektronisch geregelte Trockenläuferpumpen der Baureihe „Wilo-VeroLine-IP-E“ und eine „Wilo-VeroTwin-DP-E“-Doppelpumpe eingebaut. Die Pumpen dieser Baureihe passen durch einen integrierten Frequenzumformer ihre Drehzahl intelligent den wechselnden Betriebsbedingungen an. Dadurch läuft die Pumpe stets mit der Drehzahl, die dem tatsächlich benötigten Förderbedarf entspricht. Meist reicht der deutlich wirtschaftlichere Teillastbetrieb völlig aus, es sind Energieeinsparungen bis zu 50 % im Vergleich zu ungeregelten Pumpen möglich.


Kühlung durch Geothermie | Alter­nativ können diese drei Kühlkreisläufe mittels zwischengeschaltetem Wärmeübertrager auch über oberflächennahe Geothermie gespeist werden. Sie wird im Klimahaus vor allem dann genutzt, wenn keine freiliegenden Betondecken vorhanden sind und stattdessen Kühldecken eingesetzt werden. Diese besitzen kein Speichervermögen und müssen auch während des Tages mit Kälte aus dem Erdreich unterhalb des Klimahauses versorgt werden. Die Nutzung der Geothermie ist möglich, weil das Tragwerk des Gebäudes mit 770 Betonpfählen 20 Meter tief im Boden verankert ist. 464 dieser Pfähle sind als Energiepfähle ausgeführt, in denen ein Wärmeträgermedium zirkuliert. Das Energiepfahlfeld leistet eine Spitzenkühlleistung von 270 kW, so dass damit neben den schon beschriebenen Kreisläufen auch die Kühldecken in den Bereichen „Elemente“ und „Perspektiven“ betrieben werden können.

Im Rücklauf von den Verbrauchern zum Energiepfahlfeld wurde eine drehzahlkonstante „Wilo-CronoBloc-BL 65/140-7,5/2“-Blockpumpe eingebaut, die die Sole (Wasser mit 30 % Ethylenglykol-Anteil) umwälzt. Dabei leistet sie einen Volumenstrom von 82,8 m³/h bei einer Förderhöhe von 20,6 mWS. Die geregelten und ungeregelten Inline- und Blockpumpen von Wilo sind optimal auf die Betriebsbedingungen im Klima-Kälte-Bereich abgestimmt. So sind sie beispielsweise aufgrund einer serienmäßigen Kataphoresebeschichtung und einer zusätzlichen Lackierung doppelt vor Korrosion geschützt. Außerdem sind die Motorgehäuse serienmäßig mit Kondensatablaufbohrungen ausgestattet, über die auftretendes Kondensat gezielt abgeführt wird. Daraus ergibt sich ein wirkungsvoller Schutz des Motors. Unter dem Strich verlängert sich dadurch die Standzeit der Pumpe, zugleich verringern sich die Wartungskosten.

Kälteerzeugung mit Fernwärme | Ganz ohne mechanische Kälteerzeugung kommt das Klimahaus jedoch nicht aus, da bestimmte Bereiche der Ausstellung dauerhaft gekühlt werden müssen. Ein Teil der Kälte wird mit Fernwärme aus dem Bremerhavener Müllheizkraftwerk erzeugt, das auch den Wärmebedarf des Klimahauses abdeckt. Für die Kälteerzeugung kommen thermo-chemische Prozesse zum Einsatz. Eine Absorptionskältemaschine auf Lithium-Bromid-Basis erzeugt damit aus einer Heizleistung von 84 kW eine Kälteleistung von 65 kW. Sie dient der Klimakälteversorgung und speist gemeinsam mit zwei Schraubenverdichtern einen Pufferspeicher mit 3000 l Fassungsvermögen. Auch hier gewährleisten „Wilo-CronoBloc-BL“-Pumpen unterschiedlicher Leistung und Größe eine zuverlässige Versorgung des Speichers. Von dort gelangt das Kaltwasser mit einer Vorlauftemperatur von 8 °C und einer Rücklauftemperatur von 14 °C zu den Verbrauchern. Dazu zählen die Kälte- bzw. Wärmeversorgung der großen Aquarien sowie RLT-Anlagen für die Aquarientechnik, das Restaurant und Bereiche der Ausstellung. In diesem Kreislauf sind zwei elektronisch geregelte „Wilo-VeroLine-IP-E“-Trockenläuferpumpen als Doppelpumpe angeordnet.


„Eisige“ Bedingungen der Antarktis | Geradezu „eisige“ Bedingungen müssen ganzjährig im Bereich der Ausstellung zum Thema „Antarktis“ herrschen. Denn in der Realität beträgt die inländische Jahresdurchschnittstemperatur der Antarktis -55 °C. Das soll dem Besucher annäherungsweise vermittelt werden, wenn er diese Klimazone betritt.

Hier sind Boden und Wände mit echtem Eis bedeckt, die Temperatur liegt bei -6 °C. Deshalb wurde für diesen Bereich eine Eiskälteversorgung installiert, in der eine Kaltsole mit einem Ethylenglykol-Anteil von 30 % mit einer Vorlauftemperatur von -12 °C und einer Rücklauftemperatur von -8 °C zirkuliert. Die Kälteerzeugung übernimmt ein Schraubenverdichter mit einer Kälteleistung von 80 kW, der einen 2000 l fassenden Pufferspeicher speist.

Da eine Störung oder ein Ausfall unmittelbares „Tauwetter“ in der Antarktis zur Folge hätten, sind alle wesentlichen Komponenten redundant angeordnet. Dazu zählen neben dem Umluftkühler und der Kältemaschine auch die Umwälzpumpen im Verbraucherstrang. Hier wurden zwei identische „Wilo-CronoBloc-BL“-Pumpen installiert, die die Umluftkühler und die RLT-Anlage des Bereichs „Antarktis“ sowie die Kühlung der Eisexponate versorgen. Während des Betriebs fungiert eine der Pumpen als Hauptpumpe, während die zweite als Reservepumpe zur Verfügung steht, die sich nur dann zuschaltet, wenn die jeweils andere Pumpe gestört sein sollte.

So wird im Falle einer Pumpenstörung das Einfrieren des betroffenen Anlagenteils sicher verhindert.
Die Rückkühlung der Kältemaschinen erfolgt über Rückkühlwerke, die sich auf dem Dach des Klimahauses befinden. Die Förderung des Kühlwassers übernehmen drei „Wilo-CronoBloc-BL 50/140-7,5/2 S1“. Jede dieser Pumpen leistet einen Volumenstrom von 75 m³/h bei einer Förderhöhe von 23,1 mWS. Sie sind parallel geschaltet und können je nach Kühlwasserbedarf zu- oder abgeschaltet werden.


Fazit | Das Klimahaus belegt eindrucksvoll, dass aktiver Klimaschutz keine leere Worthülse ist. Das gilt nicht nur für die eindrucksvolle Ausstellung, sondern auch und gerade für die hier eingesetzte Haustechnik. Durch ein vorausschauendes Planungskonzept, die Nutzung regenerativer Energien und einer am tatsächlichen Bedarf orientierten Kälte- und Klimatechnik konnten erhebliche Einsparpotentiale bei den CO2-Emissionen erschlossen werden.

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