Nachwuchswerbung in Südeuropa

Interview mit Bundesinnungsmeister Heribert Baumeister

Die Innung für Kälte-Klima-Technik Dortmund und der Bundesinnungsverband des Deutschen Kälteanlagenbauerhandwerks (BIV) haben die Genehmigung der Agentur für Arbeit erhalten, am MobiProEU-Programm teilzunehmen. Mit diesem Programm wird arbeitslosen und chancenlosen Jugendlichen aus Italien, Spanien und Griechenland die Möglichkeit einer Berufsausbildung in Deutschland eröffnet. Über die Hintergründe sprach die KKA-Redaktion mit Bundesinnungsmeister Heribert Baumeister.

KKA: Sehr geehrter Herr Baumeister, bevor wir auf das MobiProEU-Programm zu sprechen kommen – wie sieht es denn derzeit generell in der deutschen Kältebranche aus, was die Ausbildungssituation betrifft?

Baumeister: Generell können wir feststellen, dass unsere Nachwuchskampagne www.der-coolste-job-der-welt.de Wirkung zeigt und wir steigende Ausbildungszahlen und eine höhere Bekanntheit unseres interessanten und zukunftssicheren Berufes verzeichnen können. Dies ist natürlich auch auf die vielfältigen Aktivitäten der einzelnen Innungen und der Fachbetriebe zurückzuführen, die das Werbematerial nutzen. Dafür an dieser Stelle einmal ein ganz herzlicher Dank. Dieser Trend läuft anders als in anderen Gewerken, die mit weiteren Rückgängen leben müssen. Allerdings ist die gesamte Situation nach wie vor angespannt und es fehlen Bewerber für die Ausbildungsplätze.

KKA: Wie sind Sie auf das MobiProEU-Programm aufmerksam geworden und welche Gespräche und Planungen waren im Vorfeld erforderlich, um daran teilnehmen zu können? Sind noch andere Branchen beteiligt?

Baumeister: Es gibt seit mehr als zehn Jahren eine Zusammenarbeit der GBB (Gesellschaft für Beruf und Bildung e.V.) mit der Kreishandwerkerschaft Dortmund. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurden bereits die Verbindung mit dem CAR (China Association Refrigeration) und die Projekte zur Ausbildung am Nanjing College in China abgewickelt. Als dieses Projekt offiziell vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgeschrieben wurde, haben wir uns gemeinsam beworben. Nach Vorlage aller Antragsunterlagen, Termin- und Budgetpläne sowie den Absichtserklärungen beteiligter Fachbetriebe erhielten wir dann den Zuschlag. Mit im Boot ist auch die große Gebäudereiniger-Innung aus Dortmund, die ebenfalls eine Anzahl von Azubis aufnehmen möchte, da sie ähnliche Probleme beim Besetzen von Ausbildungsplätzen haben wie wir.

KKA: Wie, von wem und nach welchen Kriterien werden die möglichen Kandidaten in Südeuropa ausgewählt?

Baumeister: Die GBB ist ein erfahrener Träger der Aus- und Weiterbildung. Ein Mitarbeiter ist persönlich nach Italien gefahren und hat dort vor Ort in jeweils mehrstündigen Gesprächen aus 60 Bewerbern unter verschiedensten Gesichtspunkten (Herkunft, Schulausbildung, Berufserfahrung, soziales Umfeld, Alter, Motivation, Kommunikationsfähigkeit, Stabilität, etc.) die Teilnehmer für das Projekt in Deutschland ausgewählt. Dieser Mitarbeiter äußerte sich anschließend sehr positiv über die Bewerber hinsichtlich ihrer Motivation zur Ausbildung und ihre Bereitschaft, nach Deutschland zu kommen. Viele Bewerber sehen ihre Zukunft in Deutschland und können sich einen Aufenthalt auch nach der Ausbildung bei uns vorstellen.

KKA: Und wie finden Sie in Deutschland die Fachbetriebe? Haben Sie schon positives Feedback erhalten?

Baumeister: Das war viel einfacher, als ich gedacht habe; es reichte eine kurze Umfrage an die Fachbetriebe der Innungen Dortmund und Südwestfalen, um die Zusagen zu erhalten. Ich glaube, dass bei vielen bereits positive Erfahrungen mit ausländischen Bewerbern bestehen und sie daher gern bereit waren, hier zu unterstützen.

KKA: Sprachkurs, Flug und Unterkunft – das Ganze kostet ja auch einiges. Wer trägt hierfür die Kosten?

Baumeister: Im Rahmen des Programms werden diese Kosten komplett vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales übernommen. Die Betriebe zahlen lediglich die Ausbildungsvergütung, wie für jeden anderen Auszubildenden auch. Die Bewerber bekommen zusätzlich noch zur Ausbildungsvergütung einen Aufschlag aus dem Programm, um ihr Leben in Deutschland selbständig finanzieren zu können.

KKA: Sind die Jugendlichen dann in Deutschland ganz auf sich allein gestellt oder werden sie außer von den Ansprechpartnern im Ausbildungsbetrieb noch irgendwie betreut?

Baumeister: Wir sind uns bewusst, dass hier auch eine soziale Verantwortung gegenüber den Teilnehmern aus Italien besteht. Hier ist vorgesorgt: Die Teilnehmer werden von der GBB über die gesamte Ausbildung betreut; d.h. der Mitarbeiter der GBB ist für die Teilnehmer täglich erreichbar. Dazu gibt es wöchentliche Treffen zwischen Teilnehmern und Betreuer. Der Betreuer ist auch Ansprechpartner für die Betriebe und Berufsschulen. Es werden außerdem vielerlei Aktivitäten außerhalb der Ausbildung von der GBB angeboten, so dass sie auch mit ihrer Gruppe (zwölf Teilnehmer) des Öfteren zusammen gemeinsam etwas unternehmen. Hinzu kommt ein Sprachkurs, der einmal wöchentlich stattfindet, während der gesamten Dauer von 18 Monaten, nachdem sie vorab im Heimatland schon einen viermonatigen Sprachkurs absolviert haben. Weiterhin gibt es Förderkurse, Förderunterricht für die Teilnehmer sowie zusätzliche individuelle Nachhilfe, wenn das nötig ist.

KKA: Zunächst sollen ja nur 15 bis 20 Jugendliche die Chance erhalten, am MobiProEU-Programm teilzunehmen. Ist dies nur der Testballon für größere Aktivitäten?

Baumeister: Auf jeden Fall. Wir planen bei einem guten Verlauf des Projekts uns auch im nächsten Jahr wieder bei einer Aktion dieser Art zu beteiligen. Selbst wenn nicht alle Auszubildenden nach einer hoffentlich positiv abgeschlossenen Ausbildung in Deutschland bleiben und zurück nach Italien gehen, werden diese dort sicher bessere Zukunftschancen als derzeit haben. Ich baue aber darauf, dass möglichst viele hier bleiben und ein Leben mit ihrer Familie in Deutschland verbringen. Die zukünftige Teilnehmer-Zahl wird sich dann nach dem aktuellen Bedarf und den Möglichkeiten richten. Dann streben wir auch eine bundesweite Aktion an.

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