Was ist mein Handwerksunternehmen wert?

Das Dilemma mit der Nachfolgeregelung (Teil 2)

Im zweiten Teil der dreiteiligen Artikelserie wird den Fragestellungen auf den Grund gegangen, was ein Handwerksunternehmen wert ist und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Wichtig bei der Wertermittlung ist vor allem eine objektive Herangehensweise ohne zu viele Emotionen.

Ein sehr wichtiger Aspekt bei der Unternehmensübergabe im Zuge der Nachfolgeregelung ist die Frage nach dem Wert des Unternehmens. Oft wird dieser Begriff deckungsgleich mit dem Preis für ein Unternehmen bzw. möglichen Verkaufserlös verwendet. Das sorgt oft für Missverständnisse. Die Begrifflichkeit „Wert“ alleine ist bereits abstrakt. Es gibt den Wert des Lebenswerkes und den Wert von zukünftigen Erträgen. Wert wird etwas zugemessen – aber Wert wird auch generiert.

Grundsätzlich werden bei der Wertermittlung für ein Unternehmen die unterschiedlichsten Faktoren herangezogen. Dazu gehören die weichen Faktoren, wie die Abhängigkeit des Unternehmens vom derzeitigen Inhaber, und die harten Faktoren, wie betriebswirtschaftliche Kennzahlen (Umsatz, Rentabilität, EBIT, etc.).  Vorweg sei gesagt: Ohne detaillierten Blick von Fachleuten in die Zahlen und die Strukturen eines Unternehmens lässt sich keine absolut fundierte Aussage über einen Unternehmenswert treffen. Möchte man dennoch ein erstes „Gefühl“ davon bekommen, in welcher Größenordnung man sich bewegt, ist eine Annährung gut machbar.

Der Perspektivwechsel

Für den Start ist es essentiell, einen möglichst objektiven Blick auf das Unternehmen zu bekommen. Dabei bietet sich gerade von der emotional geprägten Inhaberseite der Perspektivwechsel mit der Fragestellung an: „Was ist aus der Sicht eines potentiellen Nachfolgers das wirklich Interessante an meinem Unternehmen – was lohnt sich weiterzuführen?“

Aus der Perspektive einer Einzelperson als möglicher Nachfolger (typischerweise ein Mitarbeiter oder ein externer Interessierter) sind z.B. wichtige Faktoren ein fester Kundenstamm, ein guter Name und eine damit einhergehende gesicherte Auftragslage. Zudem hat die vorhandene Infrastruktur mit Buchführung, IT und Fuhrpark eine große Bedeutung und wird gerne 1-zu-1 übernommen. Steht eine andere Unternehmung als Nachfolger in den Startlöchern, ist die Ausgangslage bei der Wertermittlung eine andere. Hier erhalten der aktuelle und vergangene Unternehmensertrag sowie die qualifizierten Mitarbeiter die größte Aufmerksamkeit. Die Unternehmensinfrastruktur und die Räumlichkeiten werden dabei üblicherweise vernachlässigt, da diese künftig vom Übernehmer gestellt, gesteuert bzw. angemietet werden.

Was passiert, wenn der Inhaber morgen nicht mehr zur Arbeit geht?

Ein Faktor, der von allen potentiellen Nachfolgern gleichermaßen bei der Wertermittlung herangezogen wird, ist die Abhängigkeit des Unternehmens von dem jetzigen Inhaber.

Bricht das komplette Chaos aus und können Aufträge schlichtweg nicht mehr erfüllt werden, wenn der Chef mal nicht da ist? Oder kann der auch mal zwei Wochen in den Urlaub fahren, ohne dass sein Handy ständig klingelt?

Ist der Inhaber der Flaschenhals für alle Vorgänge und der alleinige Kompetenzträger im Unternehmen, stellt das eine sehr große Hürde in der Nachfolgeregelung dar und drückt extrem auf den Wert des Unternehmens. Für eine Einzelperson als Nachfolger können die Fußstapfen zu groß und das auf den jetzigen Inhaber zugeschnittene Unternehmen nur schwer steuerbar sein. Übernimmt eine andere Unternehmung den Betrieb und möchte diesen Standort eigenständig weiterlaufen lassen, steht nach der Übernahme voraussichtlich die schwierige Geschäftsführersuche an. Fehlt dann noch die Zeit des jetzigen Inhabers den Nachfolger bzw. neuen Geschäftsführer entsprechend einzuarbeiten, gehen alle Beteiligten ein zusätzliches wertminderndes Risiko ein.

Mit Zahlen jonglieren

Um nun auch etwas in Zahlen in der Hand zu haben, bietet sich das Multiplikationsverfahren für eine Do-It-Yourself-Wertermittlung an.

Hier wird der Gewinn vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Tipp: den Durchschnittswert der letzten drei bis fünf Jahre nehmen) mit einem Branchenmultiplikator multipliziert. Der Branchenmultiplikator für Handwerks- und Bauunternehmen ist variabel und liegt derzeit zwischen minimal 3,9 und maximal 5,9 (Quelle: www.dub.de/kmu-multiples/). Für Unternehmen aus dem Kälte- und Klimahandwerk empfiehlt sich mit einem Multiplikator mit dem Wert 5,5 zu arbeiten. Liegt z.B.  der Durchschnittsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen der letzten Jahre bei 150.000 Euro kann der Unternehmenswert auf 825.000 Euro angenähert werden. Gar nicht mal schlecht.

Der Unternehmenswert ist nicht der Verkaufserlös

Die Krux ist: Der ermittelte Unternehmenswert ist das wichtige Fundament für Übernahmegespräche, aber dennoch unabhängig von einem fest planbaren Verkaufserlös – egal ob selbst oder vom Finanzprofi ermittelt. Ein Grund dafür ist u.a., dass die Informationen, die für die Wertermittlung herangezogen werden, in der Vergangenheit liegen und keine Erfolgsgarantie für die Zukunft darstellen. Zudem bewegen wir uns auch im Nachfolgegeschäft auf einem transparenten Markt, wo das Angebot und die Nachfrage den Preis bestimmen. Befindlichkeiten und Nostalgie haben da keinen Platz. Doch immer wieder fühlen sich Unternehmer auf den berühmten Schlips getreten, wenn das erste Übernahmeangebot auf dem Tisch liegt. Die Gemüter kochen schnell hoch, wenn der Gegenüber nicht in der Lage zu sein scheint, den wahren Wert des Unternehmens anerkennen zu können. Am Ende ist der tatsächliche Wert eines Unternehmens der, für den ein potentieller Nachfolger bereit ist den Betrieb zu übernehmen und der Inhaber bereit ist ihn abzugeben. So einfach kann es manchmal sein.

Praxistipps für die Ermittlung des Unternehmenswertes

Es ist nicht das alltägliche Geschäft eines Firmeninhabers, sich über den Wert seines Unternehmens den Kopf zu zerbrechen. Um daher bei diesem Thema nicht ins Schwimmen zu geraten und für die anstehende Nachfolgeregelung gut aufgestellt zu sein, helfen drei einfache Vorgehensweisen:

1. Der Unternehmenswert wird vom eigenen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ermittelt. Auch wenn das Ergebnis der eigenen Meinung nach gar nicht angehen kann – es ist objektiv, basiert auf messbaren Faktoren und hält somit auch in Verkaufsverhandlungen stand.

2. Um mit potentiellen Nachfolgern an einen Tisch zu kommen, die den Wert eines Lebenswerkes zu schätzen wissen und das Unternehmensmodell verstehen, können Steuerberater und Anwälte dann sehr selten weiterhelfen. Da empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit Experten wie von der Ewald W. Schneider GmbH. Für das bestmögliche Ergebnis bei der Nachfolgeregelung ist es essentiell einen starken Partner an der Seite zu haben, der das zu übergebene Geschäft sowie die Branche wie die eigene Westentasche kennt.

3. Besteht eine große Inhaberabhängigkeit im Unternehmen, sollten schnellstmöglich Strukturen geschaffen werden, die es erlauben Verantwortung und Kompetenzen auf mehrere Schultern zu verteilen. Beispielsweise wird ein Stellvertreter vom Unternehmer bestimmt bzw. aufgebaut oder eine neue Führungsebene zwischen dem Chef und den Mitarbeitern „eingezogen“. Das kann im ersten Moment Mehrkosten bedeuten – langfristig erhöht das aber den Wert des Unternehmens und die damit verbundenen Chancen auf eine sehr erfolgreiche Nachfolgeregelung.  

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