Logik in der Politik
Wir könnten uns an dieser Stelle auch über Demokratie, parlamentarische Willensbildung und die ordentliche Vorbereitung von Gesetzen unterhalten, aber wir sind eine technische Fachzeitschrift und überlassen derlei Dinge lieber dem Bundesverfassungsgericht. Letzteres hat Anfang Juli den Schweinsgalopp, mit dem die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) durch den Bundestag gepeitscht werden sollte, deutlich ausgebremst: Mindestens 14 Tage vor der Abstimmung müssen den Abgeordneten „die wesentlichen Textpassagen“ eines Gesetzes vorliegen, sagen die Verfassungsrichter.
Nun hat man doch etwas Zeit, sich mit diesen „wesentlichen Textpassagen“ noch einmal zu beschäftigen. Dort ist nämlich neben dem in der Branche bereits heiß diskutierten Paragraf 71p, der eine Verordnungsermächtigung zum Einsatz natürlicher Kältemittel in elektrischen Wärmepumpen und in Wärmepumpen-Hybridheizungen vorsieht, also eine Art Freifahrtschein für die Bundesregierung, mit dem sie jederzeit und ohne weitere Abstimmung im Bundestag jedwelche andere Kältemittel in Wärmepumpen verbieten kann, etwas ganz Wichtiges NICHT enthalten: Das Thema Wärmerückgewinnung in Lüftungsanlagen!
Dem aktuellen Gesetzentwurf nach wird Abwärme nur dann als erneuerbare Energie betrachtet, wenn sie über eine Wärmepumpe nutzbar gemacht wird. Treibt man diesen Gedanken nun auf die Spitze, müsste man die Wärmerückgewinnung zugunsten einer Wärmepumpe weglassen – sofern man unbedingt „erneuerbare Energie“ nutzen möchte – und statt eines relativ simplen Wärmeübertragers einen deutlich höheren apparativen Aufwand betreiben, bevor man die Abwärme über eine Wärmepumpe wieder als erneuerbare Energie ins Gebäude holen darf. Letztlich wird das auch niemand mit halbwegs technischem Verstand so machen. Wahrscheinlich darf die direkte Abwärme aus dem Gebäude aus weltanschaulichen Gründen deshalb keine erneuerbare Energie sein, weil sie möglicherweise fossil erzeugt wurde. Viele Grüße übrigens an die guten Bürger aus Schilda.
In NRW ist man da übrigens ein Stückchen weiter: Dort gibt’s nämlich einen Zuschuss für Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Wohl eher ein Zufallstreffer, wenn man die Qualitäten und Kompetenzen unserer sogenannten Volksvertreter mal auf sich wirken lässt. In Schwaben – und sicher gibt es in anderen Regionen ein Äquivalent dazu – sagt man: „Herr schmeiß Hirn ra!“ Bleibt zu hoffen, dass die Damen und Herren unserer Regierung dann nicht in Deckung gehen.
Ihr KKA-Chefredakteur
Matthias Schmitt