VDI

Gefährdung durch legionellenhaltige Aerosole aus Sicht des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes

In der Richtlinie VDI 4250 Blatt 2 wird der Umgang mit legionellenhaltigen Aerosolen beschrieben. Es werden neue Nachweismethoden und ein neues Konzept zur Beurteilung des Potenzials einer Infektionsgefährdung durch Anlagen vorgestellt.

Was sind Legionellen und wie gefährlich sind sie?

Legionellen sind natürlich vorkommende, im Wasser lebende Bakterien, die in technische Wassersysteme gelangen können, wie z. B. Rückkühlwerke, aber auch Fahrzeugwaschanlagen, zahntechnische Einrichtungen und Springbrunnen. Insbesondere unter warmen Bedingungen können sich die Bakterien stark vermehren und über verschiedene Mechanismen in die Außenluft gelangen. Die Einatmung nur weniger legionellenhaltiger Aerosole reicht theoretisch aus, um Influenza-ähnliche Erkrankungen (sog. Pontiac-Fiber) oder schwere Lungenentzündungen mit möglicher Todesfolge zu verursachen (Legionärskrankheit). Vor allem ältere Menschen, Menschen, die Rauchen oder ein geschwächtes Immunsystem haben, sind gefährdet.


Bild: clipdealer

Bild: clipdealer
Das Robert-Koch-Institut schätzt die Zahl der Erkrankungen in Deutschland auf etwa 6.000 bis 10.000 Fälle pro Jahr, andere Hochrechnungen gehen sogar von 15.000 bis 30.000 Erkrankten aus. Die Sterblichkeit wird dabei auf bis zu 10 % geschätzt, das wären ca. 3.000 Todesfälle pro Jahr. Das entspricht ungefähr der jährlichen Anzahl an Verkehrstoten in Deutschland!

Weltweit sind zahlreiche Ausbrüche auf Infektionen mit Legionellen aus Verdunstungskühlanlagen zurückzuführen. Auch bei Legionellen-Ausbrüchen in Deutschland wurden Verdunstungskühlanlagen als Infektionsquellen nachgewiesen.

Reaktion der Politik

Am 19. August 2017 ist die 42. Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider (42. BImSchV) in Kraft getreten. Sie beinhaltet zahlreiche Pflichten und Vorgaben für Anlagenbetreiber. Mikrobiologische Untersuchungen von Prozesswässern zur Ermittlung der hygienisch-mikrobiologischen Beschaffenheit und der Legionellenkonzentration sind zentraler Baustein der Verordnung.

In der Verordnung ist die mikrobiologische Referenzmethode zum Nachweis von Legionellen in Wasseranalysen die Kultivierungsmethode. Kulturelle Nachweisverfahren haben in diesem Zusammenhang jedoch einige Nachteile, wie z. B. lange Wartezeiten zwischen Probenahme und Probenergebnis, andere Mikroorganismen, die das Analyseergebnis verfälschen können oder lebende, aber nicht kultivierbare Bakterien können nicht nachgewiesen werden. Dann reflektieren Kultivierungsmethoden nicht mehr die tatsächlich vorliegende Anzahl lebender Bakterien.

Was ist neu in der VDI 4250 Blatt 2?

In der neuen VDI 4250 Blatt 2 werden kulturunabhängige Methoden als freiwillige Ergänzung zu der Kultivierungsmethode vorgestellt, die schnelle und wertvolle Informationen für interne Kontrollen von Anlagen liefern können, z. B. zur Überprüfung der Wirksamkeit ergriffener Maßnahmen oder zur Eingrenzung einer Legionellenquelle. Auch Kriterien für eine Auswahl geeigneter kulturunabhängiger Methoden sowie für die Qualifizierung des zu untersuchenden Labors werden beschrieben

In der anlagenbezogenen Gefährdungsbeurteilung (GBU), die in der 42. BImSchV gefordert wird, sind die Potenziale einer Anlage zur Vermehrung von Legionellen im Nutzwasser und zu ihrem Austrag als legionellenhaltige Aerosole zu ermitteln und geeignete betriebliche Maßnahmen zu ihrer Minimierung zu bestimmen. Hinweise dazu werden z. B. in der Richtlinie VDI 2047 Blatt 2 gegeben. Die neue VDI 4250 Blatt 2 gibt zusätzliche Hinweise zur Beurteilung der Gefährdung durch Anlagen, die legionellenhaltige Bioaerosole emittieren können. Dies gilt auch für Anlagen, die außerhalb des Regelungsbereichs der 42. BImSchV liegen.

Ausgewählte Inhalte der neuen Richtlinie VDI 4250 Blatt 2 werden bei der „9. VDI-Konferenz „Legionellen aus Rückkühlwerken“ am 12. und 13. März 2025 in Mannheim präsentiert.

Die Richtlinie VDI 4250 Blatt 2 „Bioaerosole und biologische Agenzien - Beurteilung der Gefährdung durch legionellenhaltige Aerosole aus Sicht des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes und der Prävention“ ist im März 2025 erschienen und für 247,80 EUR bei DIN Media (www.dinmedia.de) erhältlich.

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 05/2015

Legionellen in Rückkühlwerken

Neue Regelungen durch die VDI 2047

Verdunstungskühlanlagen werden seit langem zur Abführung von Wärmelasten, z.B. aus Produktions- und Fertigungsprozessen, Klimaanlagen von Bürogebäuden und Krankenhäusern etc. eingesetzt. Hierbei...

mehr
Ausgabe Großkälte/2015

Hygienegerechter Betrieb von Verdunstungskühlanlagen

VDI 2047 Blatt 2 Rückkühlwerke

Durch den Fall Ulm ist eine neue Verordnung für Kühltürme (derzeit noch im Eckpunktepapier) in der Erstellung, die voraussichtlich noch 2015 als BImSchG erscheinen soll. Durch diese neue Verordnung...

mehr