Abgesicherte Adsorption

Hybride Kühlung mit Kompressionskälte

Die Zukunft der Kühlung liegt bei alternativen Technologien – so die Meinung vieler Experten. Ein Beispiel dafür ist die Adsorptionskälte. Deren Kopplung mit einer Kompressionskälteanlage hebt bisherige Einschränkungen thermischer Kühlung auf und steht dem Markt erstmals in einem neuen Hybridgerät zu Verfügung, dem das Fraunhofer ISE jüngst eine hohe Effizienz bestätigte.

Damit es zu keinen Verwechslungen kommt – es geht um das „D“! D wie Adsorption, das vom „B“ der Absorption zu unterscheiden ist (siehe auch Infokasten). Adsorptionskälteanlagen arbeiten ausschließlich mit dem natürlichen Kältemittel Wasser. Das macht sie zukunftssicher, weil für den Arbeitsstoff dauerhaft keine Anwendungsverbote bekannt oder zu erwarten sind. Weiterhin ist Wasser weltweit verfügbar und kostengünstig. Darüber hinaus steht die Antriebsenergie Abwärme in vielen Fällen als „Abfall“-Produkt kostenlos zu Verfügung.Bei der Adsorption wird im Vakuum verdampfendes Wasser von einem Feststoff wie in einem Schwamm aufgenommen. „Es sind physikalische Kräfte, die die Wassermoleküle an hochporöses Silicagel binden. Ein noch wirksamerer Prozess ist mit Zeolith erzielbar, welches aber im Gegensatz zum Silicagel gezüchtet werden muss. Das verteuert das Adsorbens und damit das Antriebsaggregat. Andererseits ist eine sehr kompakte Bauweise bei gleicher Kälteleistung möglich, was den höheren Invest teilweise wieder aufhebt.“ Walter Mittelbach hat das Adsorptionsverhalten von Stoffen genau studiert. Der CEO der SorTech AG ist selbst Physiker und beschäftigte sich schon vor der SorTech-Firmenausgründung beim Fraunhofer ISE in Freiburg i.Br. ausführlich mit Sorptionsanlagen. Inzwischen haben einige hundert seiner überwiegend mit Silicagel ausgestatteten Maschinen den Praxistest bestanden und ihre Effizienz unter Beweis gestellt. Beispiele dafür sind das Leibniz-Rechenzentrum in Garching, das Unternehmen Florida  Eis in Berlin, die Braunschweiger Druckerei oeding oder der Spezialist für spanende Bearbeitung ERKO CNC in Leinefelde-Worbis OT Beuren (Thüringen).

Wie bei diesen Referenzen arbeiten Adsorptionskälteanlagen immer dann besonders wirtschaftlich, wenn zur Kühlung kostengünstige oder frei verfügbare Abwärme zu Verfügung steht. Günstig sind dabei Kaltwassertemperaturen zwischen 15 und 21 °C (bis minimal 8 °C ist möglich). Mit dieser Konfiguration können Rechenzentren, Gebäude oder auch gewerbliche und industrielle Prozesse über einen langen Zeitraum mit ausreichend Kühlleistung versorgt werden.

Gut geht noch besser

Wie vieles Gute hat aber auch die thermische Kühlung die eine oder andere Schwäche. Denn wenn keine Abwärme eines BHKWs, aus Fernwärme, solar erzeugt, aus Produktionsprozessen oder auch von Drucklufterzeugungsanlagen zu Verfügung steht, wird der Kühlprozess unterbrochen. „Ich erinnere mich an einen Kunden, der uns anrief, weil es auf einmal nicht mehr kalt wurde. Wie sich dann herausstellte, hatte nicht die Adsorptionsmaschine, sondern das gekoppelte Blockheizkraftwerk eine Störung. Der Fehler lag also nicht bei unserer Anlage. Nur, wen kümmert das in diesem Moment?“ Ein anderes Beispiel von Walter Mittelbach verdeutlicht ebenfalls, wie abhängig ein Adsorptionsgerät von der Anlagenperipherie ist. „Durch mangelhafte Wartung sank die Leistung des Nassrückkühlers in einem System. Als Folge daraus funktionierte die Abfuhr entzogener Wärme im Kaltwasserkreis nicht mehr ordentlich. Natürlich hatte dieses Fremdverschulden wiederum Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Adsorptionskälteanlage. Darum empfehlen wir bei einer Kundenberatung auch bevorzugt mit Trockenkühlern und einem Wasser-Glykolgemisch in frostgefährdeten Bereichen zu arbeiten. Diese sind weniger störanfällig und unterliegen außerdem keinen Hygieneanforderungen wie der VDI 2047.“

Solche Erfahrungen führten bei SorTech schließlich zu folgender Überlegung: Entweder kann eine Adsorptionskälteanlage immer nur dann zuverlässig und stabil betrieben werden, wenn stets alle Rahmenbedingungen dauerhaft gegeben sind – oder aber man sorgt selbst für ein eigenes Back-Up-System.

Sicher hybrid Kühlen

Aus dieser Überlegung heraus kam es schließlich zu einer Kooperation mit Riedel Kältetechnik, einem Geschäftsbereich der Glen Dimplex Deutschland GmbH in Kulmbach. Der Spezialist für gewerbliche, industrielle und medizinische Prozesskühlung sah für seine elektrisch angetriebenen Kälteanlagen eine sinnvolle Kombination mit der Adsorptionstechnologie. „Unsere Kunden haben im täglichen Betrieb ihrer Kälteanlagen oder aus anderen Prozessen (Produktion, Drucklufterzeugung, …) gleichzeitig oft sehr viel Abwärme, die ungenutzt ist“. Alexander Schneider ist Mitarbeiter für Vertrieb und Projektierung bei Riedel Kältetechnik und kennt seine Klientel bestens. „Gerade der Gleichzeitigkeitsfaktor ist aus Kundensicht ein entscheidender Vorteil, um Abwärme zu nutzen und damit Kosten für die Kälteerzeugung zu sparen. Andererseits sind Ausfall- oder Stillstandszeiten der Produktion oder gewerblicher Kühlanlagen inakzeptabel, ja könnten zu immensen Warenschäden oder Regressforderungen führen. So entstand die Idee, Kompression und Adsorption zu koppeln, um das Beste aus zwei Welten zu kombinieren.“

Das Beste aus zwei Welten

Heute ist diese Herausforderung gelöst und heißt „HybridChiller“. Das System verbindet die Vorteile zweier Kälteerzeugungswelten: die Effizienz der Adsorption und die Präzision der Kompressionskälte. Wie beide Aggregate in einem Gerät zusammenspielen, erklärt Steffen Kühnert, der sich bei SorTech um die technische Leitung kümmert. „Haben wir konstante Abwärmetemperaturen von optimal 85 °C, möglichst niedrige Umgebungstemperaturen für den Trockenrückkühler und konstante Anforderungen an Kühlenergie, kann der Adsorptionsprozess alleine und stabil arbeiten. Ist aber keine Abwärme verfügbar, der Puffer entladen, oder bedürfen große Lastschwankungen schneller Korrekturen der Kaltwassertemperatur, dann schaltet das Kompressionskälteaggregat kontinuierlich zu oder übernimmt auch die Kälteerzeugung komplett.“ Dahinter steckt ein ausgeklügelter Algorithmus. Dieser regelt auf die bestmögliche Arbeitszahl entsprechend des Kältebedarfs. Anwender und Betreiber bekommen davon nichts mit. Der Betrieb profitiert von der Möglichkeit des mono- oder bivalenten Betriebs, bis hin zur freien Kühlung direkt über den Trockenrückkühler. Am Ende spart eine jederzeit optimierte Jahresarbeitszahl der hybriden Anwendung bei den Betriebskosten. Ein weiteres Plus: Durch die Nutzung von Abwärme können zusätzliche CO2-Minderungspotentiale ausgewiesen werden – für viele gewerbliche oder industrielle Anwendungen ein großes Imageplus.

Einblick in den Prozess

Der „HybridChiller“ hat eine maximale Kälteleistung von 45 kW (30 kW Kompression + 15 kW Adsorption). Der Auslegungsfall pro Chiller sollte 30 kW aber nicht überschreiten. Arbeitet alleine die Adsorption (monovalent), sind 15 kW erreichbar, wobei die Effizienz im Teillastbereich besonders hoch ist. Ein Sachverhalt, der beispielsweise für die IT-Kühlung prädestiniert ist. Im monovalenten Kompressionskältemodus sind die zuvor genannten 30 kW Kälteleistung erreichbar. Höher darf der Kältebedarf pro Aggregat höchstens in Ausnahmefällen gehen. Da der maximale Auslegungsfall aber nur an wenigen Tagen im Jahr eintritt oder überschritten wird, ist Teillast die Regel. Darauf ist wiederum der Adsorptionsprozess optimiert, weshalb die Leistung auch nur 50 % der Kompressionskälte ausmacht.

Der hybride Einsatz beider Technologien ist für viele Anwendungen und den Verlauf des tatsächlichen Kältebedarfs über ein Jahr gesehen eine sinnvolle Kombination. Ja schon alleine während eines heißen Frühsommertages können beim Kältebedarf beispielsweise im Dreischichtbetrieb eines industriellen Prozesses alle Kombinationen durchlaufen werden:

Von der freien Kühlung nachts,

dem monovalenten Adsorptionsbetrieb in den Morgen- und Abendstunden,

der bivalenten Anwendung beider Systeme in der Übergangszeit,

bis hin zum reinen Kompressionskältebetrieb während den wärmsten Stunden des Tages.

Maßgebend für die effiziente Kälteerzeugung und das Schaltspiel der Regelung ist der zu jedem Zeitpunkt geringste Energieverbrauch – es sei denn, der Adsorption steht unplanmäßig keine Abwärme zu Verfügung. Dann kann jederzeit die Kompressionskälteanlage einspringen, eine redundante Absicherung ist immer gegeben.

Lohnender Invest

„Wir haben inzwischen viele Anfragen, wobei vor allem die Investition eine große Rolle spielt“. Felix Ruthenberg ist bei SorTech für das Produktmanagement zuständig. „Natürlich kann der HybridChiller nicht preisgleich einer reinen Kompressionskälteanlage angeboten werden. Wenn aber Standort, Abwärmequelle, Laufzeit sowie Anwendungsfall – und damit die maßgeblichen Rahmenbedingungen – bekannt sind, ist eine Amortisationsanalyse möglich. Ein einfaches Tool dafür steht auf Anfrage kostenfrei zu Verfügung. Bei zusätzlicher Berücksichtigung aktuell anerkannter Fördermöglichkeiten für die Adsorption über BAFA, KfW oder Landesprogramme können die Investitionen in drei bis vier Jahren amortisiert werden. Im Betrieb sind Energiekosteneinsparungen bis zu 80 % keine Seltenheit, die sich sofort einstellen.“ Diesen Juli hat das Fraunhofer ISE, Freiburg, den HybridChiller unter realen Bedingungen vermessen. Ein wichtiges Ziel war dabei die Ermittlung der Effizienzkennwerte nach Eurovent. Dabei stellte sich nach Fraunhofer ISE ein ESEER von 19,6[1] für das System mit dem „HybridChiller“[2] und Rückkühlwerk ein. Für die passenden Anwendungen bedeutet das unmittelbar enorme Energiekosteneinsparungen.

Neben der Investitionsförderung gibt es auch bereits für eine vorausgehende sachkundige Beratung Fördergelder bis zu 1000 €. Genaue Details zu allen Möglichkeiten, wie auch zu Amortisationsermittlungen, und den gemessenen ESEER-Werten des Fraunhofer ISE sind von Seiten der beiden Anbieter des „HybridChillers“ verfügbar.
Egal also, ob Planer, Anlagenbauer, Investor oder Betreiber, für jeden gibt es gute Gründe, sich mit dem „D“’ zu beschäftigen. D, wie Adsorption, idealerweise im Zusammenspiel mit dem „K“ wie Kompression.↓

[1] In Anlehnung an die Eurovent-Richtlinie RS 6/C/003-2015 unter Berücksichtigung der Eurovent- Betriebsanweisung OM-3-2015 wurden für jeden vermessenen Teillastpunkt die EER-Werte berechnet.[2] Kälteleistung bezogen auf die gemessene elektrische Leistungsaufnahme des Gesamtsystems, vermindert durch die nach EN 14511-3:2013 berechneten Pumpenleistung, die für die Überwindung der externen Druckverluste benötigt wäre. Betriebspunkte für die Adsorptionstechnik, 85 °C Heißwassereintrittstemperaturen und 19 °C Kaltwassereintrittstemperatur.


Adsorption mit „d“

Wenn sich Wassermoleküle aus Wasserdampf an einen Feststoff anlagern, spricht man von Adsorption. Wasser ist dann das „Adsorbat“, das auf einem „‚Adsorbens“ durch schwache „van-der-Waals-Kräfte“ physikalisch gebunden ist. Wird dagegen gasförmiges Wasser in einem Fluid – zum Beispiel in einer Salzlösung – aufgenommen, geht es um die Absorption.
Für die Adsorption braucht man eine möglichst große Feststoff-Oberfläche, auf der viele Moleküle Platz finden. Silikagel und Zeolithe haben sich dafür als besonders effizient erwiesen. Aber zuerst muss genug Wasserdampf vorhanden sein. Der bildet sich durch Verdampfung über flüssigem Wasser. Bei diesem Phasenübergang von flüssig zu gasförmig wird der Flüssigkeit wie beim Schwitzen Wärme entzogen. Das ist der Kühlprozess. Damit das gasförmige Wasser nun ungebremst zum Adsorbens gelangt, findet der Prozess ohne Luft, also fast im Vakuum statt. Das Verdampfen und Anlagern kühlt so das flüssige Wasser, bis auf dem Adsorbens kein Platz mehr für weitere Wassermoleküle ist.


Damit dieser Vorgang rückgängig gemacht werden kann, wird dem Adsorbat wieder Wärme zugeführt. Die Temperaturen liegen mit 50 bis 95 °C bei der Adsorption deutlich tiefer, als bei der Absorption. Jetzt setzt der Desorptionsprozess ein, bei dem die Energie der Abwärme eines BHKW, Solarspeichers, einer Drucklufterzeugungsanlage oder einer anderen Quelle den angelagerten Wassermolekülen zurückgegeben und diese ausgetrieben werden. Der freigewordene Wasserdampf verflüssigt, bis die Desorption abgeschlossen ist. Genau an dieser Stelle nutzt der Prozess die CO2-Minderungspotentiale von Abwärme, die ansonsten nutzlos verpuffen. In der Adsorptionskälteanlage befinden sich zwei solcher Vakuummodule – abwechselnd eins für die Ad-, das andere für die zeitgleiche Desorption. Indem zwischen beiden Vorgängen ständig hin und her geschaltet wird, kann in Summe ein kontinuierlicher Kühlprozess aufrechterhalten werden.
Jedoch ist das ganze System träger als die elektrisch getriebene Kälteerzeugung. Das ist schon bei der Projektauswahl sowie bei der Planung von Speicherlösungen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die sichere Verfügbarkeit von Abwärme. Unschlagbar ist hingegen die Effizienz der Adsorption (im Vergleich zur  Elektroenergie verbrauchenden Kompressionskälte) im Falle oft vorhandener kostenloser Abwärme: Hier kann im Maximalfall bis zu 90 % Strom eingespart werden.



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