Ein Jahr neue AwSV
Was bedeutet sie in der Praxis für die Kältebranche?
Lange brauchte der Gesetzgeber für die Ablösung der VAwS (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) durch die neue Rechtsverordnung AwSV: insgesamt mehr als sieben Jahre. Seit dem 01. August 2017 sind dadurch klare Regeln geschaffen worden, erstmals bundesweit einheitlich. Doch die Inhalte der AwSV sind noch nicht in allen Köpfen angekommen.
Warum erlässt der Gesetzgeber Vorschriften zum Schutz des Wassers?
Auf der Erde gibt es ca. 1,4 Mrd. km³ Wasser. Hiervon ist jedoch nur ca. 1,7 % Grundwasser und die Wasserknappheit trifft heute bereits über 4 Mrd. Menschen. Nicht zuletzt hat uns der trockene Sommer 2018 vor Augen geführt, dass Wasser auch bei uns in Europa zu einem knappen Gut werden kann. Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und daher muss es geschützt werden. Die seit 2017 gültige Rechtsverordnung AwSV regelt den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen auch für Kälte- und Klimaanlagen.
Doch was bedeutet das für uns in der Praxis?
Zunächst einmal gilt generell das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). In §62 Absatz 1 steht der sogenannte „Besorgnisgrundsatz“. Hier ist mit der strengsten juristischen Ausdrucksweise geregelt, dass Gewässerverunreinigungen nicht zu besorgen sind. Übersetzt heißt „nicht zu besorgen“ verboten. In §62 Absatz 4 ist die Möglichkeit geschaffen worden, weitere Regeln zu erlassen und hier kommt die AwSV ins Spiel.
Gliederung der AwSV
Die Anlagenverordnung ist klar in fünf Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel (§1-§2) geht es um den Anwendungsbereich sowie Begriffsbestimmungen, Kapitel 2 (§3-§12) regelt die Einstufung von Stoffen und Gemischen in die Wassergefährdungsklassen (WGK), wodurch die Verwaltungsvorschrift wassergefährdender Stoffe (VwVwS) abgelöst wurde. Im dritten Kapitel (§13-§51) sind die technischen und organisatorischen Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen beschrieben. Das vierte Kapitel (§52-§64) beinhaltet die Regelungen zu Sachverständigenorganisationen, Sachverständigen, Überwachungsgemeinschaften, Fachprüfern und Fachbetrieben (§62-§64). Die Ordnungswidrigkeiten und Schlussvorschriften stehen in Kapitel 5 (§65-§73).
Kapitel 1 der AwSV
Die AwSV definiert im ersten Kapitel den Anwendungsbereich für oberirdische, selbständige und ortsfeste Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen außerhalb von Schutzgebieten. Hierunter fallen auch die Kältemaschinen und Rückkühler, welche als Verwendungsanlagen (HBV-Anlagen) mit wassergefährdenden Stoffen arbeiten. Die Verordnung gilt für alle Anlagen ab einem Volumen wassergefährdender Stoffe ≤ 0,22 m³ bei flüssigen Stoffen oder ≤ 0,2 t bei gasförmigen und festen Stoffen.
WICHTIG: Für alle Anlagen mit einem Volumen kleiner als 0,22 m³ oder 0,2 t bei gasförmigen und festen Stoffen gilt der Besorgnisgrundsatz nach WHG §62 (1).
Kapitel 2 der AwSV
Nach dem WHG §62 (3) sind wassergefährdende Stoffe feste, flüssige und gasförmige Stoffe, die dazu geeignet sind eine nachteilige Beeinflussung der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. Die AwSV §3 unterteilt diese Stoffe in:
nicht wassergefährdende Stoffe
wassergefährdende Stoffe in Wassergefährdungsklassen (WGK)
WGK 1: schwach wassergefährdend
WGK 2: deutlich wassergefährdend
WGK 3: stark wassergefährdend
allgemein wassergefährdende Stoffe
In der Kälte kommen i.d.R. Wasserglykolgemische (WGK 1 oder 2) und Öle (WGK 3) zum Einsatz. Öle werden, sobald die Maschinen laufen, in WGK 3 eingestuft (gebrauchte Schmierstoffe), auch wenn sie ursprünglich in WGK 1 oder WGK 2 eingestuft waren. Ein einfacher Weg die Einstufung der verwendeten Stoffe herauszufinden, ist die Suche auf der Rigolettoseite des Umweltbundesamtes im Internet (https://webrigoletto.uba.de).
WICHTIG: Der Betreiber ist nach §4 AwSV verpflichtet, bei Gemischen eine Selbsteinstufung vorzunehmen und zu dokumentieren.
Kapitel 3 der AwSV
In den technischen Anforderungen in §15 AwSV ist beschrieben, dass nach §62 (2) WHG entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik und Normen die Anlagen zu verbauen sind. Behördliche Anordnungen können über diese Anforderungen hinausgehen (§16 AwSV).
Die Grundsatzanforderungen in §17 AwSV fordern erstmals, dass bereits die Planung der Anlagen so zu erfolgen hat, dass wassergefährdende Stoffe nicht austreten können und im Schadensfall wassergefährdende Stoffe aufgefangen werden. Dies gilt auch für Spritzverluste! Weiterhin legt der §17 AwSV fest, dass die aufgefangenen Stoffe als Abfall entsorgt werden müssen. Die Grundsatzanforderungen sind von allen Anlagen, unabhängig von ihrer Größe und Wassergefährdung einzuhalten, sofern in weiteren Paragraphen nichts Anderes festgelegt ist.
Anlagen müssen ausgetretene wassergefährdende Stoffe auf geeignete Weise zurückhalten und sind mit Rückhalteeinrichtungen auszurüsten. Diese flüssigkeitsundurchlässigen Rückhalteeinrichtungen müssen bei Leckagen die wassergefährdenden Stoffe bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvorkehrungen auffangen.
Einzige Ausnahme: Bei WGK 1 bis 1.000 l Inhalt kann auf eine Rückhaltung verzichtet werden, wenn die Aufstellflächen betriebstechnischen Anforderungen genügen und eine Leckerkennung durch infrastrukturelle Maßnahmen gesichert ist. Weiterhin muss die Aufstellfläche flüssigkeitsundurchlässig sein (§18 AwSV). Zudem muss Niederschlagswasser von Flächen, auf denen Anlagen mit Glykol im Freien aufgestellt sind, in einen Mischwasserkanal entsorgt werden (§19 AwSV). Abläufe sind zulässig, wenn sichergestellt ist, dass mit dem Niederschlagswasser keine wassergefährdenden Stoffe austreten können. Nicht überdachte Anlagen müssen zudem ein Rückhaltevolumen für Niederschlagswasser bereitstellen.
Die Anforderungen an die Rohrleitungen in § 21 AwSV besagen, dass oberirdische Rohrleitungen zum Befördern wassergefährdender Stoffe mit Rückhalteeinrichtungen zu versehen sind, welche bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvorkehrungen die Leckagen aufnehmen. Ausnahmen gibt es aber auch hier. Dies gilt nicht, wenn durch Maßnahmen technischer oder organisatorischer Art das gleiche Sicherheitsniveau erreicht wird. Ebenfalls kann von einer Rückhaltung in Rohrleitungen bei Stoffen der WGK 1 abgesehen werden, wenn die Standorte aus hydrogeologischer Sicht keines besonderen Schutzes bedürfen. Diese Maßnahmen technischer oder organisatorischer Art erfordern trotzdem eine Überwachung, welche die gängigen Auffangsysteme am Markt bieten. Unterirdische Rohrleitungen müssen doppelwandig ausgeführt werden. Ausnahme: Erdwärme und Kälteleitungen mit Ammoniak.
Die „Gefährdungsstufe“ einer Anlage bestimmt sich über das maßgebliche Volumen an wassergefährdenden Stoffen, und deren Wassergefährdungsklasse (WGK). Bei mehreren WGK ist die höchste Klasse maßgebend, sofern ihr Anteil > 3 % am Gesamtlagervolumen liegt (§39 AwSV). Der Betreiber hat die Einstufung in die WGK vorzunehmen und die Anlage zu dokumentieren. Hierzu gibt es die oben stehende Tabelle, nach der die Einstufung vorzunehmen ist.
Diese Einordnung in die Gefährdungsstufen ist ausschlaggebend für die Fachbetriebspflichten, die in §45 AwSV aufgeführt sind. Unterirdische Anlagen, oberirdische Anlagen der Gefährdungsstufen C und D sowie oberirdische Anlagen in Wasserschutzgebieten mit der Gefährdungsstufe B dürfen nur von Fachbetrieben von innen gereinigt, instandgesetzt und stillgelegt werden.
Entgegen der alten Einstufung in der abgelösten VAwS geht es hier nicht um die Rückhaltemaßnahmen, sondern um die Fachbetriebspflicht.
Fazit
Die neue AwSV gilt zwar erst ab 220 l Anlageninhalt wassergefährdender Stoffe, aber für alle Anlagen mit weniger Inhalt gilt das Wasserhaushaltsgesetz mit §62. Also ist in der Regel immer ein Rückhaltesystem beim Verwenden von wassergefährdenden Stoffen notwendig. Stand der Technik hierfür sind Öl- und Glykolprotektoren, wie es sie seit Jahren am Markt gibt. Die Protektoren fangen entsprechend der rechtlichen Regelungen wassergefährdende Stoffe sicher auf. Weitere Informationen finden Sie unter: www.ölprotektor.de.