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Randbedingungen beachten

Die unterzeichnenden Branchenverbände des Kälteanlagenbauerhandwerks befürworten ausdrücklich alle Bemühungen, den weltweiten Treibhausgasausstoß nachhaltig zu reduzieren. Das Kälteanlagenbauerhandwerk trägt durch effiziente Lösungen und durch die Bereitstellung erneuerbarer Energien wesentlich zu den Zielen des globalen Klimaschutzes bei. Gleichwohl müssen ungewollte volkswirtschaftliche und klimapolitische Kollateralschäden vermieden werden. Ein Ausfall von Einrichtungen der Grundversorgung oder kritischen Infrastrukturen darf ebenso wenig in Kauf genommen werden wie das Ausweichen der Kunden auf klimaschädliche Alternativen.

Die F-Gase-Verordnung stellt nicht zuletzt auch einen Eingriff in das Marktgefüge zuungunsten der Kältemittelnachfrager und deren Kunden dar und ist für das Kälteanlagenbauerhandwerk mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Auf die bereits eingetretenen und die zu erwartenden Auswirkungen hat sich die Branche nach bestem Wissen vorbereitet. So wurden umfangreiche Schulungs- und Entwicklungsmaßnahmen unternommen, um den Phase-Down umzusetzen. Diese Bemühungen finden jedoch Ihre Grenzen in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Anlagenbetreiber, technischen Einschränkungen bei Bestandsanlagen und teilweise schwierigen Rahmenbedingungen, die mit den inzwischen fast unumgänglich gewordenen brennbaren Kältemitteln einhergehen. Letzteres betrifft insbesondere die geltenden Normen und Gebäuderegeln, die deren Einsatz derzeit noch einschränken oder gänzlich verhindern.

Die unterzeichnenden Branchenverbände des Kälteanlagenbauerhandwerks beschränken sich in dieser Stellungnahme auf die für sie wichtigen Kernthemen wie folgt:

Ziele des Vorschlages

Technisch ist es für das Kälteanlagenbauerhandwerk kein Problem, Kälteanlagen, Klimaanlagen oder Wärmepumpen mit giftigen oder brennbaren Kältemitteln zu bauen. …

Um den politischen Willen zu realisieren, verstärkt Kältemittel mit sehr niedrigem GWP-Wert einzusetzen, ist es dringend erforderlich, bundesweit einheitliche Regelungen zu erlassen, die sicherstellen, dass die installierten Anlagen mit natürlichen Kältemitteln auch betrieben werden dürfen. Es muss vermieden werden, dass lokale Kodizes den Betrieb aushebeln können. Sonst laufen wir Gefahr, dass Anlagen installiert werden, für die z. B. der Brandschutzsachverständige in letzter Instanz die Inbetriebnahme verweigert. Als Folgen einer solchen Entwicklung sehen wir massive Einschränkungen in die Investitionstätigkeit und den damit verbunden Wegfall von Arbeitsplätzen am Innovationsstandort Deutschland.

Ein weiteres politisches Ziel, verstärkt Wärmepumpen für die Beheizung von Gebäuden zu nutzen, bedingt ebenfalls, dass die Aufstellung und der Betrieb von Anlagen mit brennbaren Kältemitteln in Gebäuden rechtlich sauber und bundesweit einheitlich geregelt werden. …

Dichtheit mobiler Klimaanlagen

Nach wie vor ist es für uns unverständlich, dass es keinerlei Vorschriften für den Betrieb von anderen mobilen Klimaanlagen als die in PKW und leichten Nutzfahrzeugen gibt. Das vielfältige Gebiet vom klimatisierten Bus bis hin zu land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen, Kränen usw. unterliegt beispielsweise keiner Pflicht, eine Dichtheitsprüfung durchzuführen oder Kältemittel mit einem niedrigen GWP zu verwenden. Auch die Sachkunde für diesen Bereich ist nicht hinreichend geregelt. …

Ausbildung in Deutschland

Im Gegensatz zu den F-Gasen sind die Kältemittel mit einem niedrigen GWP-Wert (Kohlenwasserstoffe, CO2 und Ammoniak) gefährlicher für die unmittelbare Arbeitsumgebung der Personen. Ein fehlerhafter Umgang mit diesen Kältemitteln hat häufig gravierende Folgen (siehe Unfall in Dissen im Sommer 2017). …

In der dualen Berufsausbildung zum/zur Mechatroniker/in für Kältetechnik werden seit 2018 spezielle Inhalte zum Umgang mit Kohlenstoffdioxid und Kohlenwasserstoffen vermittelt. Auch in der Fort- und Weiterbildung wird der Umgang mit den Kältemitteln Ammoniak, CO2 und Kohlenwasserstoffen unterrichtet bzw. geschult.  …

Aus den Schulungserfahrungen der letzten Jahre ist es aus unserer Sicht erforderlich, dass sich diese Maßnahmen sehr stark praxisorientiert ausrichten und fundiertes Wissen vermitteln. In Kurzmaßnahmen ist dies naturgemäß nicht möglich. Die Schulungsstätten benötigen eine umfangreiche zusätzliche Ausstattung für eine fundierte praktische Ausbildung.

… Die Bildungseinrichtungen des Kälteanlagenbauerhandwerks verfügen mit ihrem Fachpersonal und mit der vorhandenen Ausstattung über die Kompetenz, Schulungsmaßnahmen für natürliche Kältemittel in der erforderlichen Qualität durchführen zu können. Aus diesem Grund müssen die Aus- und Weiterbildung und die Schaffung einheitlicher Standards bei den Bildungseinrichtungen des Kälteanlagenbauerhandwerks verbleiben. …

Phase-Down

… Die letzte F-Gase-Verordnung hatte einen Planungshorizont von 15 Jahren vorgegeben. Mit der jetzt angestoßenen Beschleunigung des Ausstiegs wird stark in die … wirtschaftlichen Randbedingungen eingegriffen. Vor dem Hintergrund von Entwicklungszeiten, wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen sowie Kältemittelverfügbarkeit für die Sicherstellung von Produktions- und Herstellungsprozessen in Wirtschaft und Industrie sehen wir die vorgeschlagene massive Reduzierung ab 2027 (also bereits in viereinhalb Jahren) als Gefährdungspotenzial für das Funktionieren ganzer Wirtschaftsbereiche.

… Würde der geplante Vorschlag umgesetzt und ab 2027 nur noch 10% und ab 2030 nur noch 5,1% der Kältemittelmenge (bezogen auf 2015) zur Verfügung stehen, besteht eine große Gefahr für den Weiterbetrieb bestehender Anlagen unter anderem in der kritischen Infrastruktur (Serverräume, Krankenhäuser, Pharma- und Chemieindustrie, Versorgungssicherheit der Bevölkerung).

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