Tiefgreifende Sanierung einer Ammoniak-Kälteanlage

Besondere technische Herausforderungen bei beengtem Platzangebot

Die Amberger Kühltechnik GmbH (AKÜ) hat die in die Jahre gekommene Kältetechnik zur Eisbereitung in der Eishalle Amberg tiefgreifend saniert und erneuert. Für die Saison 2024/25 trainieren die Eisläufer in Amberg nun auf einer Eisfläche, die von einer runderneuerten Ammoniak-Kälteanlage gekühlt wird. Der Startschuss für die Eisproduktion fiel rechtzeitig zu Beginn der Eishockey-Saison Mitte September. Doch zunächst ein Blick zurück.

Die „Wild Lions“, die Eishockeymannschaft des ERSC Amberg e.V., beginnt traditionell Mitte September mit den Vorbereitungen für die Spielsaison. Trainings und Testspiele stehen auf dem Programm. Dafür mietet sich der Eishockey-Verein jedes Jahr in der lokalen Eishalle ein. Ab Mitte Oktober finden dann in der Bayern-Liga die ersten Spiele statt.

Allerdings hatte sich das Alter der bisherigen Kältetechnik zur Eisproduktion bemerkbar gemacht. Die Ammoniak-Kälteanlage mit zwei stehenden Stal-Astra-Schraubenverdichtern verfügte bereits über neu gewickelte Motoren, aber dennoch war nach dreißig Jahren Betrieb dringend ein generelles Update erforderlich. Jeder Technik-Ausfall hätte eine Eishalle ohne Eis bedeutet.

Schnelle Entscheidung und enge Zeitplanung

Nachdem der Hallen-Betreiber dieses Szenario vorgelegt hatte, entschied der Amberger Stadtrat im Frühjahr 2024 innerhalb kürzester Zeit, eine Sanierung der Anlage in den Haushalt aufzunehmen. Ein Winter ohne Eis? Undenkbar. Der Vergabeprozess nahm einige Zeit in Anspruch, aber letztlich konnte sich die lokal ansässige Amberger Kühltechnik GmbH (AKÜ) mit ihrem Angebot durchsetzen. Im März 2024 fiel der Startschuss zur Erneuerung. Verzögerte Genehmigungsverfahren führten jedoch zu einem tatsächlichen Baubeginn erst Anfang Mai. Nun drängte die Zeit.

Heimvorteil und technische ­Herausforderungen

Die AKÜ, als ortsansässiges Unternehmen, konnte gleich mehrfach ihren Heimvorteil ausspielen. Einerseits hatte das Unternehmen die bereits bestehende Ammoniak-Anlage vor über 30 Jahren gebaut und ein damals am Bau beteiligter Mitarbeiter war auch diesmal als Leiter der Projektabwicklung mit von der Partie. Andererseits ermöglichte die örtliche Nähe und die hohe Fertigungstiefe der AKÜ schnelle Anpassungen und bauliche Sonderlösungen. Aufgrund des knappen Zeitplans wurde die Projektleitung auf zwei Personen aufgeteilt, die sich um Steuerung und Hardware kümmerten.

Eine besondere Herausforderung bei der Erneuerung waren die baulichen Gegebenheiten. Martin Schmidt, Projektleiter für die Hardware, berichtet: „Der Maschinenraum mit etwa fünf mal fünf Metern ist sehr beengt. Wir mussten deshalb von konventionellen, offenen Verdichtern absehen. Wegen der notwendigen unterschiedlichen Betriebsmodi (Eisproduktion und Eiserhaltung) muss ein Leistungsbereich von 156,7 kW bis 661,2 kW abgedeckt werden, weswegen auch zwei Maschinen zum Einsatz kommen.“

Umfangreiche Sanierungsarbeiten

Bei der Sanierung wurden fast alle bisherigen Komponenten ausgebaut und ersetzt. Nur der Ammoniak-Sammelbehälter mit 4,5 t Fassungsvermögen (das vorhandene NH3 wurde komplett wiederverwendet), der Wärmeübertrager und die Verrohrung unter der Eisfläche wurden belassen.

Schmidt erläutert die neue Lösung: „Eine leistungsgleiche Maschine war für die Räumlichkeiten zu groß und wir mussten einige Sonderanordnungen vorbereiten“. Die bisherigen offenen Verdichter wurden durch halbhermetische (R717-taugliche) Verdichter von SRM ersetzt. Einerseits war das Schaffen von Platz bei gleichzeitiger Stabilität und Vibrationsarmut gefragt, andererseits musste das Tragegestell in die Höhe gesetzt werden, damit die Ölkühlung darunter platziert werden konnte und beide Verdichter über dem Ausgang der primären Ölabscheidestufe liegen.

Nach dem Rückbau der alten Komponenten musste für die Einbringung der neuen Bauteile die Zugangstreppe komplett entfernt werden. Über ein eigens installiertes Seilzugsystem wurden die bis zu 400 kg schweren Schaltschränke und Maschinenbauteile in den ca. 1,5 Meter unter Bodenniveau liegenden Maschinenraum eingebracht und dort montiert.

Technische Details der neuen ­Anlage

Die neue Anlage ist für Normalkühlung bis -13 °C Verdampfung im überfluteten Pumpenbetrieb ausgelegt und erreicht bei der der Eisbereitung seine Einsatzgrenze von bis -18 °C Verdampfung. Ein Ölabscheider trennt das Öl vom Heißgas und sammelt es. Der Ölkühler kühlt das Öl vom Ölabscheider, wobei es von etwa 65 °C auf 49 °C abgekühlt wird, um die Verdichter zu schmieren und zu kühlen. Zwei Pumpen fördern VE-Wasser durch den Ölkühler. Dieses Wasser wird von etwa 23 °C auf 35 °C erwärmt und anschließend über einen Plattenwärmeübertrager mit Wasser aus dem örtlichen Flüsschen, der Vils (12 °C), wieder abgekühlt.

Die neue Anlage wird die Eisfläche für Schlittschuhlauf, Eishockey und Eiskunstlauf kühlen. 21 Kilometer Rohrleitungen unter der 30 mal 60 Meter großen Fläche bringen den Boden zur erstmaligen Eisproduktion zunächst auf -18 °C und später für den Dauerbetrieb – je nachdem, ob Eishockey oder Eiskunstlauf auf dem Programm steht – dauerhaft auf -8 °C (Eishockey) oder auf -5 °C (Eiskunstlauf). Diese Einstellung verantwortet der Eismeister je nach Eislaufbetrieb über die neue Steuer- und Regeltechnik. Die Anlage wird zudem permanent fernüberwacht.

Sicherheit und Effizienz im Fokus

Elektrisch mussten, um den neuesten TÜV-Anforderungen zu genügen, von einer ortsansässigen Elektrofirma 3,2 Kilometer neue Kabel verlegt werden, um eine allpolige Abschaltung des Maschinenraums bei Gasalarm zu gewährleisten. Die laut der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) notwendigen Anpassungen hinsichtlich der Sicherheit mussten umgesetzt und auf den aktuellen Stand gebracht werden. Unter anderem wurde der Boden des Maschinenraums abgedichtet, umfangreiche Gas-Sensorik und Alarmboxen sowie explosionsgeschützte Ventilatoren montiert. Eine Spezialfirma überprüfte zudem mittels Ultraschall die gesamte Verrohrung unter der Stadionfläche, um mögliche Leckagen zu erkennen. Zusätzlich – da mit dem Wasser des örtlichen Flüsschens Vils gekühlt wird – mussten Sicherheitsmaßnahmen nach dem Wasserhaushaltsgesetz realisiert werden.

Nach der Sanierung ist die Energieeffizienz der neuen Anlage um 15 % gestiegen. Zudem: Während die frühere Anlage etwa vier bis fünf Tage brauchte, um die Stadionfläche auf Kerntemperatur abzukühlen, um dann mit der Eisbereitung zu beginnen, schafft die jetzige Anlage die gesamte fertige Eisfläche, also Abkühlung auf Kerntemperatur inklusive der Eisbereitung in diesem Zeitraum.

Rechtzeitiger Start in die neue Saison

Die neue Technik konnte Mitte September plangemäß in Betrieb genommen werden. Die Wild Lions konnten damit zeitgerecht in die neue Saison starten, und seit Mitte Oktober ist der öffentliche Betrieb möglich. Welches Fazit zieht Projektleiter Martin Schmidt nach erfolgreichem Abschluss des Projektes? „Um im Bild zu bleiben, für den rechtzeitigen Start in die Saison haben wir schon ein paar Pirouetten gedreht“, lacht er. „Einige Wochenenden haben dran glauben müssen. Aber jetzt kann der Eismeister mit einer topmodernen Anlage seine Arbeit machen – und das wohl für die nächsten dreißig Jahre.“

Technische Daten

Anzahl und Modell der installierten Geräte

2 x SRS 14MR (Halbhermetische NH3-Verdichter)

1 x HS Cooler KS12 (Ölkühler)

1 x Ölabscheider Bitzer OAC14011A

2 x TP 25-90/2 Pumpen für Ölkühlung

2 x HRP 8050-25 NH3-Pumpe

 

Gesamtkühl-/Heizleistung

661 kW – Kühlleistung

Leistung zum Eismachen 661,2 kW

Leistung im laufenden Betrieb 156,7 kW

 

Installierte Kältemaschine

Halbhermetische Verdichter

 

Art der Kühlung

NK bis -13 °C Verdampfung (Einsatzgrenze bei Eisbereitung bei -18 °C Verdampfung)

Pumpenbetrieb

Überfluteter Betrieb

x

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